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Trishes

Beats, Breaks und Tribe Vibes - oder auch: HipHop, Soul und staubige Vinyl-Schätze.

24. 3. 2015 - 16:05

Hungrige Raps

Der ehemalige Koch Action Bronson aus Queens macht HipHop-Songs für eskapistische Foodies und Menschen, die es noch werden wollen - und er ist dank des neuen Albums "Mr. Wonderful" unser Artist Of The Week!

Eine sehr steile Karriere in relativ kurzer Zeit hat Action Bronson da hingelegt: Zwischen dem ersten öffentlich dokumentierten Freestyle, den zahlreichen, immer populärer werdenden Mixtapes, zur ersten offiziellen EP und schließlich dem bis zum heute erschienenen Majorlabel-Debüt Mr. Wonderful vergingen keine sechs Jahre. Aber Bronsolino ist eben auch ein echtes Phänomen, ein Vollblut-Entertainer und der perfekte Rap-Charakter fürs Internet-Zeitalter. Er kann seine larger-than-life Persönlichkeit aus den Texten ohne Verluste ins echte Leben übersetzen - und er hat eine große Vorliebe für gutes Essen, die auch gerne medial zweitverwertet.

Action Bronson

Bevor er Rapper wurde, war Ariyan Arslani nämlich als Koch tätig, und er steht und stand weiterhin gerne am Herd, nicht zuletzt auch für die Kameras. Was in seinen Anfangstagen als wackelig gefilmte Kochshow Action in the Kitchen anfing, ist mittlerweile ein Hochglanz-Reality-Format namens Fuck, That's Delicious, in dem Action Bronson feine Restaurants und Essensbuden rund um die Welt ausprobiert. Auch in seinen Texten spielen Leckereien oft eine große Rolle, gemeinsam mit verrückten Abenteuern aller Art und diversen Frauengeschichten. Eindeutig in letztere Kategorie gehört Baby Blue, in dem Action Bronson und Chance The Rapper über eine süßliche Klavierballade von Mark Ronson ihren Exen allerlei Schimpfworte und böse Flüche nachwerfen - inklusive einem Video, in dem Szenen aus dem grandiosen Eddie Murphy-Film Coming To America alias Der Prinz aus Zamunda nachgestellt werden.

Von Anfang an wurde Action Bronson vorgeworfen, er klinge exakt wie Ghostface Killah vom Wu-Tang Clan. Und tatsächlich gibt es große Ähnlichkeiten, was die Stimme, den Flow und teilweise auch die Wahl der Instrumentals betrifft. Denn wie Pretty Toney berappt Mr. Bronson gerne einfache Loops obskurer alter Musikstücke. Aber erstens nimmt sich Action Bronson deutlich weniger ernst, zweitens würde Ghostface wohl nie über einen Beat des Drake-Produzenten Noah "40" Shebib rappen, drittens ist der Wu-Tang-Held ja nicht gerade der schlechteste Referenzpunkt und viertens haben die beiden Rapper auch schon einen gemeinsamen Song aufgenommen - es scheint da also kein großes Problem zu geben, und für Rap-Fans ist Action Bronson auf jeden Fall ein Gewinn.

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Action Bronson

Auf Mr. Wonderful verlässt der New Yorker mit albanischen Wurzeln zeitweise das bislang von ihm gewohnte klangliche Terrain und versucht sich gar als Black Keys'eske Blues-Röhre. Sonst gibt es aber auch viele Abenteuer-, Essens- und Herzensgeschichten zu hören, in Kombination mit Beats von Alchemist, Party Supplies, Oh No und Statik Selectah also bestes Rap-Entertainment. Profundere Erkenntnisse und Reflexionen wie etwa bei Kendrick braucht man sich von der Platte nicht erwarten - aber das ist ja auch völlig legitim. Mr. Wonderful hat fast etwas von leicht verdaulicher, aber eben auch sehr unterhaltsamer Strandlektüre - auch wenn es dafür noch etwas früh ist.