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Conny Lee

Prokrastinative Hinterstübchen des Alltags

20. 3. 2015 - 14:14

Comics in vielen Facetten und Locations

Das NextComic Festival in Linz feiert internationale und österreichische Comics mit Ecken, Kanten und Anspruch

Logo der Nextcomic-Messe. Comicfiguren springen aus dem Cover einer Zeitschrift heraus

Nextcomic - Michael Hacker

Seit 2009 feiert und präsentiert das NextComic Festival die österreichische Szene von Comic-Artists und lädt internationale Künstler nach Linz ein. Dabei bemühen sich die Organisatoren jedes Jahr, die vielen Ebenen und Spielarten des Mediums für die Besucher erfahrbar zu machen. Auch artverwandte Genres wie Illustration, Characterdesign, Streetart, Animation oder auch Bildende Künste sind am NextComic vertreten. Und noch viel mehr. Wie die Hand voll Organisatoren das jedes Jahr auf die Beine stellt ist ohne leidenschaftlicher Liebe zum Thema nicht zu erklären. Verteilt über 16 Locations in ganz Linz gibt es Ausstellungen, Workshops, Vorträge, dann natürlich die Nightline mit DJs an vier Abenden des Festivals. Ich muss zwölf mal scrollen bis ich am Ende des Programms angekommen bin.

Neben dem OK - Offenes Kulturhaus - und dem Ursulinenhof, zählt heuer auch die Stadtwerkstatt zu den Locations die vom NextComic bespielt werden. Dort gibt es die Doppelausstellung von Max Müller (auch bekannt als Sänger der Berliner Band Mutter) und Michael Hacker, der vor Kurzem sein neues Comic „Steroid Max“ herausgebracht hat und Arbeiten daraus präsentiert. Michael Hacker hat auch das Plakatsujet des diesjährigen Festivals illustriert, inspiriert von der Linzer Grottenbahn, mit der zu fahren man als „Zwergerl schneuzen“ bezeichnet, so wurde mir von Ortskundigen erklärt.

Flying Förtress, NextComic15

Conny Lee

Die Arbeit von Flying Förtress an der Glasfront des Ursulinenhofs

Street Art

Die Glasfront des Ursulinenhofs hat vor zwei Jahren Skero gestaltet und letztes Jahr Nychos, der als Graffiti Artist mittlerweile international sehr gefragt ist. Heuer kann dieses Street Art Projekt somit bereits als Tradition bezeichnet werden, die vom deutschen Graffiti-Urgestein Flying Förtress fortgeführt wird. Sein Markenzeichen sind die Teddytroops - kleine fröhliche Bärenfiguren mit Armeehelmen. Die Arbeit auf der Glasfront ist temporär und soll nach zirka einem Monat wieder entfernt werden, was gleichzeitig extrem schade ist aber auch der Natur von Street Art entspricht. Allerdings war für Nychos‘ Arbeit letztes Jahr auch vorgesehen, dass sie nach einem Monat wieder entfernt wird, doch schlussendlich hat man sie fast bis zum Ende des Jahres erhalten, weil sie so gut angekommen ist.

Bianca Bagnarelli, NextComic

Conny Lee

Bianca Bagnarellis Wandbild in ihrer Ausstellung, Studiogalerie der Kunstsammlung, im OK

Eine der eingeladenen internationalen Künstlerinnen dieses Jahr ist die italienische Cartoonistin Bianca Bagnarelli, die als Artist in Residence seit Februar in Linz gearbeitet hat. Aus diesem Aufenthalt, so erzählt sie im Interview, wird wahrscheinlich bald ihr nächstes Comic entstehen. In Bologna ist sie selbst Ko-Organisatorin eines internationalen Comic Festivals, des BilBOLbul. Im Vergleich sei das BilBOLbul zwar etwas größer, verfolge aber dieselbe Linie wie das NextComic, so Bagnarelli. Auf die Frage, wie sie die italienische Comicszene beschreiben würde kritisiert sie, dass diese nicht besonders progressiv sei. Es würde zu wenig experimentiert, sondern alle hielten sich recht streng an Genre-Grenzen.

Vielfältige Zugänge

Das kann man den Künstlern am NextComic Festival nicht vorwerfen. Das studio ASYNCHROME beispielsweise beschäftigt sich mit Architektur und versucht mit unterschiedlichen Mitteln – Fotografie, Installation, Animation – Architektur-Utopien zu erforschen. Astrid Esslinger wiederum arbeitet sich an Logos und Strichcodes ab, indem sie Cut-Outs aus Karton anfertigt.

Aber nicht nur die gesamte Linzer Altstadt dient als Spielfläche für das NextComic Festival, auch das Röda in Steyr ist mit von der Partie. Dort endet am 27. März das Festival und gleichzeitig startet dort die Multimedia-Ausstellung des slowenischen Kollektivs Stripburger, das sich an sozialistischer Grafik-Ästhetik orientiert.

Das NextComic Festival forscht in alle Richtungen, in die das Medium Comic streben kann. Doch trotz dieser vielen Zugänge, der vielen Locations und der extrem unterschiedlichen Artists, ist doch eine klare Linie erkennbar, der das Festival folgt: das Comic als Medium ernstzunehmen und diese Wahrnehmung einer so breiten Öffentlichkeit wie möglich weiterzugeben.