Erstellt am: 19. 3. 2015 - 00:14 Uhr
Die Musik der Stille
"Some places had names. Some places changed, or they were shy about their names. Some places had no names at all, and that was always sad. It was one thing to be private. But to have no name at all? How horrible. How lonely."
Klett-Cotta/Tropen/Hobbit Presse
In Auris Welt haben alle Dinge einen Namen, eine Bestimmung und eine Persönlichkeit. Auri ist eine junge Frau, die in den Gewölben unterhalb der Universität für hohe Magie lebt – im sogenannten "Unterding". Wie sie dort hingekommen ist, warum sie beschlossen hat, sich dorthin zurückzuziehen, ihre Geschichte – nichts davon wird näher ausgeführt.
Auri ist ein Rätsel, ein Naturkind, spirituell mit allen Dingen um sie herum verbunden, beinahe ein Manic Pixie Dreamgirl. Ihre Gefühle sind eins mit ihrem Handeln; sie spürt, wenn Dinge nicht richtig sind und erfühlt, was sie tun muss, um sie wieder heil zu machen. Manchmal bedeutet das einfach, einen Gegenstand leicht auf einem Regal zu verrücken, bis er sich wieder wohlfühlt. Manchmal verlangt es aber auch Opfer von ihr, so sieht sie sich etwa einmal gezwungen, ihre einzige Decke in ein Weinregal zu legen, weil sie plötzlich nirgends anders mehr richtig hingehört.
Auri ist eigentlich nur eine Nebenfigur in Patrick Rothfuss' Epos "The Kingkiller Chronicles" ("Die Königsmörder-Chronik"). Band 1, "The Name of the Wind", katapultierte den damals unbekannten Autor 2007 in den Fantasy-Olymp, direkt neben Größen wie Neil Gaiman, Joanne K. Rowling und George R.R.Martin. Im Gegensatz zur Fließband-Fantasy eines Christopher Paolini haben diese AutorInnen eins gemeinsam: sie können schreiben. Und sie verlassen sich nicht auf die ewig gleichen Fantasyklischees – ein Bub aus einfachen Verhältnissen, eine Prophezeiung, die aus ihm den Retter der Welt macht, ein grundböser Gegenspieler, dazu etwas Magie und ein paar Drachen zum Drüberstreuen –, sondern legen Wert auf Zwischentöne, authentische Charaktere, Originalität im Worldbuilding - und vor allem vernachlässigen sie die Sprache nicht. Seine Sprache ist eines der Dinge, für die Patrick Rothfuss zu Recht immer wieder gelobt wird: poetisch, aber nicht verschwurbelt, voller Details und immer wieder geerdet durch Wortwitz und filmreife Szenen.
Der Autor lässt seiner Novelle "The Slow Regard of Silent Things" eine Warnung vorangehen: wer hofft, darin mehr über Kvothe zu erfahren, die Hauptfigur der Kingkiller Chronicles, wird enttäuscht werden. Wer dagegen bereit ist, in Auris seltsame Welt einzutreten, darf sich auf einen quasi-psychedelischen Trip freuen.
"She knew the true shape of the world. All else was shadow and the sound of distant drums."
Jamie Rothfuss
Das Vindragona Fantasy-Festival bietet drei Tage lang vielfältiges Programm: So liest u.a. auch Jonathan Stroud ("Bartimäus").
Kabarettist und Perry-Rhodan-Autor Leo Lukas hält eine Einführung in die Welt von Perry Rhodan und auf einer Open Stage kann man seinen eigenen Text vorstellen.
Patrick Rothfuss selbst sieht aus, als wäre er hauptberuflich Zauberer in der Unsichtbaren Universität des seligen Terry Pratchett: etwas rundlich, mit lockigem, ergrauendem Haupthaar und einem beeindruckenden Bart. Seine Fans, die ihn liebevoll Pat nennen, hält er mittels seines Blogs auf dem Laufenden – über seine literarischen Projekte, über Conventions und Lesungen, aber auch über sein Familienleben mit Frau und zwei Kleinkindern. Rothfuss ist darüber hinaus sozial engagiert und hat die Plattform Worldbuilders gegründet, die Entwicklungshilfeprojekte unterstützt.
Patrick Rothfuss liest am 20. März im Rahmen des Vindragona Fantasy-Festivals erstmals in Wien. Auf der Leipziger Buchmesse bildeten sich vor dem Signiertisch lange Schlangen, und auch für beide Lesungen in der Buchhandlung Kuppitsch in Wien – die Veranstalter haben aufgrund des großen Andrangs noch einen zweiten Termin am Nachmittag auf die Beine gestellt – gibt es keine Karten mehr.