Erstellt am: 17. 3. 2015 - 15:21 Uhr

The daily Blumenau. Tuesday Edition, 17-03-15.

Gute und schlechte Nachrichten vor dem Länderspiel gegen Liechtenstein.

#fußballjournal15

Nach Frankreich geht es über die Auswärtsfahrt nach Vaduz

Die gute Nachricht zuerst: Marcel Kollers Gedankengänge sind mittlerweile sehr leicht nachzuvollziehen. Und Kontinuität, Ruhe und Geduld sind anständige Tugenden, vor allem dann, wenn man darauf ein kleines Erfolgshaus aufgebaut hat, das nicht - wie unter seinen Vorgängern - bei jedem Windhauch einstürzt.

Jetzt die schlechte Nachricht: Marcel Kollers Gedankengänge sind mittlerweile sehr leicht nachzuvollziehen. Wohl nicht nur für mich, sondern auch für alle anderen, diverse Liechtensteiner etwa. Oder Österreicher, die beim LFV für das dortige Fußballteam tätig sind: Rene Pauritsch, Dietmar Kupnik, Heinz Fuchsbichler, Hans-Peter Pircher und Gerald Kassegger.

Diese Herren haben, da möchte ich wetten, in ihrem Koller-Kader-Toto anlässlich der heutigen Kaderbekanntgabe-PK auch 22 Richtige. Denn wer wegen der Abwesenheit der verletzten Okotie und Leitgeb (und des schonungsbedürftigen, zur U21 versetzten Lazaro) nachrücken würde, lag auf der Hand. Auch die Debüt-Nominierung von Marco Djuricin, der nicht deshalb drankommt, weil er nimmer bei Sturm, sondern jetzt bei Salzburg spielt, sondern weil er seinen Status als deutlich beste einheimische Liga-Sturmspitze halten konnte. Oder, um Kollers Begründungs-Worte für die sehr einfachen Gemüter zu zitieren: weil ihm da jetzt ja auch sein erstes Tor gelungen wäre.

Nur die Nummer 23 überrascht dann doch. Nicht die Person: Andreas Ulmer verdient deutlich mehr als die nur 3 Länderspiele in seiner CV. Allerdings ist der Linzer Salzburger aktuell eigentlich noch verletzt. Und ihn als offensiven Außenbahnspieler zu nominieren (Linksverteidiger sind wie gehabt Fuchs und Suttner), ist angesichts der Gegnerschaft (Liechtenstein, Bosnien) dann doch ein wenig gewagt.

Also doch wieder eine gute Nachricht? Koller der Taktikfuchs, der alle mit Ulmer (oder, noch schlauer, vielleicht sogar Fuchs) als neue Waffe auf der linken Seite überraschen wird?
Möglich.
Ich schätze aber, dass es darum geht, die Abruflisten-Sitzer Weimann und Ivanschitz (beide auch offensive Seitenspieler) ums Verrecken nicht in den 23er-Kader zu lassen um damit etwas zu demonstrieren, teamintern.

Einschub: Nachtrag vom 22.3.: Ulmer sagt, wie auch schon zuvor Lazaro verletzungsbedingt ab (welche Überraschung, konnte man schon am Dienstag absehen...), nachnominiert wird Weimann. Einschub Ende.

Wenn ich Qualitäten sehe, die für dieses Level wichtig sind, dann bekommt ein Spieler mein Vertrauen, sagt Koller heute einmal in einem anderen Zusammenhang (nach der obligaten Janko-Frage) - weshalb dann auch wieder Emanuel Pogatetz als Innenverteidiger-Backup auf Abruf bereitsteht; ohne dass jemand ein Spiel von ihm (in den USA) gesehen hat.

Auch da ist wieder die gute Nachricht gleichzeitig die schlechte.

Die gute Nachricht dazu ist aber: es ist wurscht.

Wurscht, weil im Auswärtsspiel gegen Liechtenstein nicht diese Details im Hintergrund, sondern die Formkurve der Leistungsträger auf dem Platz den Ausschlag geben wird. Und weil Alaba, Junuzovic und Fuchs, aber auch Wimmer (jetzt angeblich fix bei Tottenham), Prödl, Dragovic, Baumgartlinger, Kavlak und der erwähnte Janko aktuell in der Hausse-Zone schweben. Weil die Salzburger Spieler leicht mitgerissen werden können. Und weil die Schwachpunkte (die rechte Seite, die des Tabellenletzten in Deutschland und der Tormann) somit übertüncht werden können.

Zudem sollte Kollers Analyse der Liechtensteiner Tugenden nicht nur deshalb, weil er als Schweizer enge mentalitätsmäßige Bezüge dazu hat, ausreichend nachvollziehbar sein - auch für sicherlich überheblich antretende ÖFB-Jungstars. In Vaduz erwartet sie ein engmaschiges 4-5-1, eine geduldig-beharrliche Defensive, ein Team, das sich nicht aus der Ruhe/dem Konzept bringen lässt und das jeden Fehler des Gegners ausnützt und seine Chancen in Konter/per Standards hochprozentig nützt. Zuletzt war ein Auswärtssieg in Moldawien und ein Heimremis gegen Montenegro drin. Und so ein Unentschieden könnte dem ÖFB-Team sehr, sehr weh tun. Zum einen, weil diese (dann in der Rechnung fehlenden) Punkte anderswo (und zwar auswärts bei den Großen) geholt werden müssen, zum anderen, weil das Euphorie-Level sofort in einen Kater münden könnte.
Nicht so sehr beim von Koller mental stabilisieren Team, sondern beim Umfeld, vor allem den von Koller mit Worten für einfache Gemüter bedienten Mainstream-Medien der schlichteren Denkungsart.

Liechtenstein ist personell nicht mehr so schick besetzt wie noch vor ein paar Jahren, als die zwei, drei Besten (Jehle, Frick...) in Italien oder sonstwo bei den Großen mitspielten. Die Stars sind Polverino (Ried), Wieser (Ex-Ried, jetzt Aarau), der junge Tormann Büchel von Bournemouth und Stürmer Salanovic aus Istra. Ihre Stärke kommt ausschließlich über die Teamleistung.

Auch so eine gute Nachricht, die gleichzeitig wieder eine schlechte ist.

Apropos Kevin Wimmer und Tottenham...

Das ist, wenn sich's als wahr herausstellen sollte, eine verdammt gute Nachricht. Und bestätigt Österreich als aktuell gutes Reservoir von jungen Defensivspielern der Jahrgänge 91 - 93: Dragovic wird hochgehandelt, Hinteregger ist eine heisse Aktie, Alaba ein künftiger Weltstar und jetzt ist Wimmer reif für die Insel.
Schlechte Nachricht für die Bundesliga: wieder einmal macht einer Karriere, der mit Unter 20 ins Ausland ging und nicht über die oberste Spielklasse, die sich dafür ein Exklusivrecht anmaßt, aufgebaut wurde. Wie auch mit geht-auch-mit-reinem-Alibi-Scouting, dem Stolz vieler Liga-Vereine, auch der selbsternannten Großklubs jenseits von Salzburg.

Eher nur gute Nachrichten kommen vom ÖFB-Nachwuchs

Dort wird gerade vorbereitet, getestet und gesichtet, dass es eine Art hat.
Die U21 (Jahrgang 94) testet für ihre EM-Quali.
Die U20 (95) spielt sich für die WM im Juli zusammen.
Die U19 (96) bestreitet in einem Vierer-Turnier (gegen Italien, Kroatien und Schottland) Ende März die letzte Quali-Hürde für ihre EM. Die dann im Juli stattfinden würde.

Diese Teams (und auch das A-Team) kommen sich einigemale ins Gehege. Bei Sabitzer (94) und Tino Lazaro (96) etwa. Und bei den vielen 96ern von Hermann Stadler, die Andreas Heraf gerne für seine U20-WM haben würde - weil der 95er-Jahrgang der allerstärkste nicht ist. Philipp Lienhart und Sascha Horwath etwa. Oder der Salzburger Konrad Laimer, überhaupt erst ein 97er, der wie David Gugganig oder Dominik Prokop auch schon altersklassenhöher spielt. Wie Stefan Peric, ein 97er, der schon seit gefühlt immer bei den 96ern dabei war.

Klingt nach viel Durcheinander. Und unter normalen Umständen und im Wissen darum, wie das früher im ÖFB gelaufen ist, mit Partikular-Interessen, per Machtspiele der einzelnen Trainer, müsste man jetzt große Angst haben.
Aktuell spricht der ÖFB das Thema aber so offen an, dass sich das Gefühl einstellt, sie haben die Sache im Griff. Und werden sich sinnhaft einigen. Vorrang für die U20, sollte sich die U19 qualifizieren, dann auch Unterstützung dorthin - und bis in den Sommer hält sich die U21 mit Hochziehereien zurück. So habe ich das verstanden.

Inwieweit Tino Lazaro, der ja überall (U20-WM, U19-EM, auch U21) mitspielen könnte, da sinnvoll eingesetzt wird, ist womöglich nur die Spitze des Eisbergs - man wird daran aber ablesen können, wie klug der ÖFB seinen Nachwuchs koordiniert.