Erstellt am: 16. 3. 2015 - 14:10 Uhr
The daily Blumenau. Monday Edition, 16-03-15.
#fußballjournal15
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Warum österreichische Trainer zurecht entrechtet sind
Der Vorteil am Wohnzimmer-Gekicke mit dem mit eigenwilligen Flugfähigkeiten gesegneten, fürs Wasserplantschen gedachten, aufblasbaren Ball ist der, dass man österreichische Fußball-TV-Diskussionen verfolgen kann, die sonst wegen der Redundanz und oftmals auch denkarmen Dreistigkeit des dort oft nur Angedeuteten im Vollaufmerksamkeits-Modus nicht durchzustehen sind.
Gestern Abend war zudem der von mir sehr geschätzte Alfred Tatar Gast in einer solchen Talk-Runde; und er ließ dabei einige Sätze in die Luft steigen, die auf den ersten Blick überzeugend wirkten. Einer dieser Sätze lautete etwa so: all due respect to Roger Schmidt, aber ein österreichischer Trainer hätte das Düdelingen-Debakel nicht überlebt.
Das stimmt wahrscheinlich.
Das macht aber nichts.
Denn - anders als es uns Tatar (und die nebensitzenden Abnicker mit weit geringeren Kapazitäten) erklären will - es passiert aus gutem Grund.
Den ein anderer Gast, Ex-Teamspieler Franz Schiemer wenige Minuten später (quasi unabsichtlich) schön ausführte: als der Neuankömmling Schmidt den Spielern seine Konzepte nähergebracht hatte, fühlte sich das so an: (Zitat) "Wir haben unter Roger Schmidt eine andere Sportart gelernt."
Weil Schmidts Sportdirektor Ralf Rangnick diese andere Sportart auch kannte und in Salzburg installieren wollte, hat er Düdelingen überlebt. Und weil noch immer kein österreichischer Trainer in dieser anderen Sportart bewandert ist, hätte er - zurecht - keine Chance bekommen.
Mittlerweile gibt es mit den Österreichern in Deutschland (Stöger, Hasenhüttl, Kogler...) den Salzburger Lehrbuben (Hütter, Glasner...) und ein paar Autodidakten (Canadi...) einige, die sich da herantasten - wirklich europareif ist aber noch keiner. Weshalb auch zurecht ein Schweizer das ÖFB-Team führt.
Das hat nichts mit der ökonomischen Potenz von Vereinen oder des Verbands zu tun, sondern viel mit der Ausbildung und vor allem mit der Philosophie dahinter. Solange der österreichische Trainerstand mit Unterstützung aller Player und Seilschaften quasi exklusiv für verdiente Ex-Spieler reserviert ist, werden weiterhin blinde Hühner Körner picken. Um dann zwangsläufig von jenen, die diese andere Sportart spielen wollen (um in Europa dabei zu sein), durch Coaches ersetzt werden, die das Wesen dieser anderen Sportart kapiert haben.
Es ist also keine Frage des Passes, sondern eine der Einstellung. Und solange sich Trainer und Sportdirektoren hierzulande mit Händen und Füßen dagegen verwehren, ihre engen Gatter zu überspringen, werden sie sich zurecht zurückgesetzt fühlen.
Auf dem Weg in die Champions-League, auf nach Europa
Und wieder ein bisserl Datenjournalismus, was die österreichischen Legionäre betrifft...
Apropos Europareife: in der beginnenden Frühjahrssaison spielen - vor allem nach dem Salzburger Aus - nur noch ganz wenige Österreicher international.
Noch interessanter ist es, einen Blick auf jene Spieler zu werfen, die gerade mithelfen, dass ihre Mannschaften nächste Saison einen internationalen Startplatz erreichen; und den womöglich auch in der Teilnahme an eine der beiden großen Leagues umzumünzen.
Vornedran ist, wie in jedem Ranking, David Alaba, die zusehens versatil eingesetzte Allzweckwaffe des FC Bayern. Die Nummer 27 ist dick im Rennen um den Titel 2015 und quasi fix in der CL 15/16.
Mit der Nummer 33 ist Ivica Lucic fünfter Tormann. Ylli Sallahi ist nach seinem Wechsel zum KSC von der Bayern-Liste gestrichen.
Nach seinen jüngsten Auftritten gegen Real Madrid steht einer Vertragsverlängerung von Team-Kapitän Christian Fuchs (Nr. 23) bei Schalke 04 wohl wenig im Weg. Und im Rennen um die Champions League 15/6 sind die Königsblauen noch dabei. Nicht im CL-Kader waren Mika Gspurning, der beim B-Team im Tor aushalf und der lange verletzte Daniel Geissler. Dafür hat sich Jungstar Leroy Sane (19) ins Team gespielt. Der Sohn von Samy Sane ist nicht wie sein ein Jahr älterer Bruder Kim (der noch bei Schalke II spielt) in Innsbruck, sondern schon in Deutschland geboren.
Real Madrid könnte, positive Entwicklung vorausgesetzt, den jungen Philipp Lienhart 15/16 bereits in den CL-Kader nominieren - mit den Großen trainieren durfte er schon. Ähnliches könnte Rennie Smith, dem Engländer mit der Ösi-Oma, bei Arsenal passieren. Und wenn Man City den jungen Sinan Bytyqi, der nach furiosem Beginn bei seinem Leihverein Cambuur jetzt lange ausfällt, im Sommer wieder retourholt, dann ist ihm der Kaderplatz, den er vor seinem Wechsel ja schon hatte (Nr. 75) wohl fix. Das wäre auch für Marcel Büchel, den von Juventus an Bologna verliehenen Mittelfeldstrategen möglich - die Spielpraxis spräche dafür.
Auf Meisterkurs befinden sich Aleksander Dragovic (6) mit Dinamo Kiev in der Ukraine und auch Veli Kavlak (8) mit Besiktas Istanbul - beide sind aktuell noch in der EL engagiert. Dort schon draußen: der PSV Eindhoven, der aber auch in Richtung Titel und CL-Fixplatz steuert (mit Marcel Ritzmaier, Nr 24) und Borussia Mönchengladbach, aktuell dritter in Deutschland (auch das wäre ein Fixplatz) mit Martin Stranzl (39), der vielleicht noch ein Jahr dranhängt (Trainersohn Marcel Canadi ist im Nachwuchsbereich noch weit weg von einer Kaderchance). Vor Gladbach rangiert Wolfsburg, wo Dino Medjedovic aus der 2. Mannschaft aber eher keine Kaderchancen hat.
Und auch zwei Trainer mit Österreich-Vergangenheit steuern in Richtung Champions League: Roger Schmidt mit Leverkusen und Stanislav Cherchesov mit Dinamo Moskau.
Neu dabei wäre der dänische Tabellenführer, der FC Midtjylland, wo Martin Pusic (Nr 10), der hierzulande gern unterschätzte Austro-Kroate, der nach der U20 keine Chance mehr bekam, in der Torschützenliste mit vorne ist. Was für einige gleich Anlass bietet, ihn fürs Nationalteam zu fordern. Noch Chancen hat Crvena Zvezda, der Rote Stern aus Belgrad, wo der Sasa Lazic aber nur im Nachwuchs spielt.
Auf Euro-League-Kurs sind folgende Austro-Kandidaten: Alexander Manninger mit dem sensationellen FC Augsburg, Emir Dilaver mit Ferencsvaros Budapest und Sandro Gotal (und vielleicht David Domej) mit Hajduk Split und Tormann Hidejat Hankic mit Mlada Boleslav. Und dann wäre da noch der neuerdings im kroatischen Großkader auftauchende Ex-Austrianer Marin Leovac bei Rijeka.
Schwer wird es für das große Inter aus Mailand, wo nicht nur der Linzer Mateo Kovacic spielt, sondern auch Lukas Spendlhofer (aktuell bei Sturm) unter Vertrag steht und nach der Leihe womöglich zurückberufen wird.
Und dann wären noch die Österreicher bei den alemannischen Nachbarn: der FC St. Gallen schnuppert ja an Europa heran - Austro-Pole Daniel Sikorski schiesst dort Tore, im B-Team sind mit Hefele, Grabher und Kühne noch drei Österreicher. Und der FC Vaduz mit Manuel Sutter (und Mario Sara) könnte der Liechtensteiner EL-Teilnehmer sein.
Keine (oder wenig) Chance auf Europa haben die Profis bei Werder Bremen, Stuttgart oder Mainz, Arnautovic bei Stoke oder Weimann bei Aston Villa, Ivanschitz bei Levante, Langer in Valerenga, die Kasachen Simkovic/Topcagic, die vielen Zweitligisten allerorten und natürlich auch Marc Janko in Australien.
Gut stehen die Aktien für Hinteregger, Ulmer, Ilsanker, Leitgeb, Lazaro, Sabitzer und Djuricin sowie Nachrücker wie Laimer, Gugganig, Joppich, Wiesinger, Rasner oder Brandner. Und egal, wer die anderen (diesmal vier) Vereine sind, die sich in der Quali für Europa messen dürfen: wenn das momentane Level nicht deutlich gesteigert wird, ist jede Gruppenphase reine Illusion.