Erstellt am: 13. 3. 2015 - 21:59 Uhr
The daily Blumenau. Friday Edition, 13-03-15.
#journalismus
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Dass das mit Spannung erwartete Steuerpaket nicht heute 18 Uhr auf der Pressekonferenz der Regierungsspitze, sondern schon morgens in den Kanzlermedien (also der durch geschickte Inseratenpolitik mitfinanzierten Gratisblätter) präsentiert wurde, war so zu erwarten. Auch die entsprechenden Jubelperser-Posen ebendort. Und selbstverständlich fand und findet sich die analytische Auseinandersetzung mit diesem womöglich einzigen größeren Wurf der Regierung Faymann II auch schon seit heute nicht nur bei uns, sondern auch sonst quer durch die hiesigen Medien.
Dass im öffentlichen Diskurs und im Umfeld des dem Ereignis entgegengebrachten inhaltlichen Desinteresses nicht so sehr die tatsächliche (und dringend nötige) Tarifanpassung für alle Lohnsteuerzahler dominiert (die sehr vielen doch vierstellige Euro-Beträge im Jahr bringt), sondern die Gegenfinanzierung (also die sehr selektiven Steuererhöhungen oder etwa die nicht erfolgte Millionärs-/Erbschaftssteuer), das wird unter ungeschickte Kommunikationspolitik der Regierung verbucht.
So weit, so normal.
Wäre da nicht der live übertragene Anfang der Nachfrage-Sektion der Pressekonferenz gewesen. Gut, im Bewusstsein einer TV-Präsenz wird sich schon gerne aufgeplustert - das wirklich störend/absurde war aber die lehrerhafte Verhör-Tonalität einzelner Nachfragen. Ob man denn die Durchführung dieses oder jenes Vorhabens garantieren könne, ob man denn diese oder jene Absichtserklärungen auch vorrechnen könne. Fragen wie man sie nicht einmal Maturanten bei der Mathe-Prüfung stellt, Fragen voller unreflektierer Unterstellungen und selbstgefälliger Annahmen.
Mir ist schon klar: weder diese Regierung noch ihre Vorgängerinnen haben viel dazu beigetragen, dass die wechselseitige Wertschätzung von Politik und Medien in einem der Demokratie nicht abträglichen Rahmen bleibt. Trotzdem ist es - vor allem angesichts der dringend notwendigen Change-Prozesse im Medien-Bereich und der zunehmenden autokratischen Tendenzen - vorrangig Aufgabe der Medien von einer in den letzten Jahren eingenommenen Position zunehmender Destruktivität wieder runterzukommen.
Wie das aussehen könnte, zeigt dieser Beitrag im Medienmagazin Zapp der ein dänisches Modell präsentiert, aber auch die Überlegungen deutscher Nachrichten-Hersteller ausleuchtet.
Die Destruktivitäts-Spirale hat sich nämlich bereits so weit gedreht, dass einzelne Politiker ihre Botschaften dem aktuellen Mediendenken bereits so angepasst haben, dass sie die Lust am Zerstören, daran immer just die Position einzunehmen, die das Unmögliche fordert und die meisten populistischen Likes nach sich zieht, weit vor allem Inhaltlichen platziert haben. Letztlich züchten sich destruktive Medien die destruktive Politik ihres Landes also auch selber.
Und das nicht nur in innenpolitischen Bereich: dieser schöne Test hier etwa spielt mit dreistdummen Vorurteilen, die wir Normalkonsumenten haben (haben müssen), weil die Medienberichterstattung europaweit so ist wie sie ist: destruktiv und rein reaktiv, auf Vorurteilen aufbauend, nicht an Analyse und dem Erklären von Zusammenhängen interessiert.
Ich wette, dass unsereiner, wenn wir in drei Wochen einen Test über die Steuerreform machen müssten, ähnlich daneben liegen würden. Weil außer den im Vorfeld gesäten Streit-Zweifeln, den nur scheinbar wichtigen Hintergrund-Geschichten, welche Cliquen sich jetzt politisch durchgesetzt haben und der platten Propaganda der regierungsnahen Medien nicht viel überbleiben wird. Die Info-Boxen in den Qualitätsmedien schauen wir ja nicht wirklich an.
Das als Fanal stehen zu lassen, die schlechte Kommunikationsleistung der Steuerreformierer auszustellen und selber deutlich zu wenig zur konstruktiven Verständlichmachung einer zwar komplexen, aber durchaus kommunizierbaren Aktion beizutragen ist nichts, worauf die Medien-Branche stolz sein kann. Im Gegenteil. Mit diesem wiederholten Auflaufenlassen der ungeliebten Koalition forciert sie bloß deren Schwächung ohne aufzuzeigen wie es besser gehen oder gar wer es denn besser machen könnte. Auch weil man beides nicht könnte. Und genau das ist der zentrale Wesenszug von Destruktivität: die bewusste Auslassung des Kontextes.
Ein konstruktiver Nachrichtenansatz hätte genau das hingegen als zentrales backbone. Journalismus mit Rückgrat also. Bedeutet Mehrarbeit, ja. Bedeutet auch ein Ende des sehr bequemen Nur-Gejammers. Nachdem sich aber irgendwann, wenn die Destruktivitäts-Spirale eng genug wird, das Publikum sowieso nur noch jenen, die am Plattesten jammern, zuwenden wird, und das wiederum das Ende der halbwegs seriösen Medien bedeutet, ist die Hinwendung zur Konstruktivität für die letztlich die einzige Überlebenschance.