Erstellt am: 13. 3. 2015 - 09:48 Uhr
Ich hasse Josef Hader
So manche Ansicht teilt man nur mit einer kleinen Minderheit. Inzest zu befürworten oder Umweltschutz zu verteufeln ist vielleicht nicht das beste Rezept für einen Smash-Hit in den Standpunkt-Charts. Doch selbst bei sehr abstrusen Ansichten finden sich verlässlich ein paar Narren, die ähnliches meinen.
Bei der Lektüre von Internetforen stellt es einem regelmäßig die Frisur auf. Ein Wahnsinn, welchen Topfen sich Posterboys und -girls zuweilen aus den Griffeln saugen! Selbst die barockste Phantasie bringt keine so abseitigen Meinungen hervor, wie sie manche anstandslos in die Tastatur klopfen.
Dabei hätte ich doch so gerne eine eigene Meinung! Nicht die gute alte “eigene Meinung” aus dem Deutschunterricht, sondern so eine richtig eigene, die ich mit niemand anderem teile, an der ich die Exklusivrechte besitze.
Das ist gar nicht so leicht. Einfacher ist es, eine revolutionäre Entenfleisch-Etikettierungs-Methode zu erfinden, einen neuen Snake-Rekord aufzustellen oder erstmalig mit gehörlosen Nudisten eine Polonaise über die Großglockner Hochalpenstraße zu tanzen.
Als Erster und Einziger eine Meinung zu vertreten, ist ungleich schwierig. Natürlich könnte ich nun die Meinung vertreten, dass mir der in meinem Taschenkalender skizzierte Schmuddel-Limerick ganz exquisit gelungen ist. Diese Überzeugung teile ich halt mit niemandem, weil niemand außer mir den Limerick kennt, den es obendrein gar nicht gibt.
Ich spreche von Meinungen zu einer allgemein zugänglichen Materie wie Walfang, Wahlen, Wallstreet oder Valium.
Not as simple as that!
Doch nach jahrzehntelangem Brainstormen habe ich nun endlich eine eigene Meinung:
ICH HASSE JOSEF HADER!
www.lukasbeck.com
Ich hasse ihn natürlich nicht wirklich. Warum sollte ich. Aber ich wäre wohl weltweit der erste Mensch, der Josef Hader nicht verehrt, schätzt oder zumindest respektiert.
Es gibt keinen einzigen offensichtlichen Grund, den gepriesenen Komiker und Schauspieler nicht zu mögen. Quer durch alle Milieus und Generationen ist man sich einig, dass Hader ein Meister seiner Zünfte und als öffentliche Person gewinnend und klug ist.
Allzu breiter, stiller Konsens brüllt förmlich nach einer lauten Opposition. Nicht so beim verehrten Kabarettisten.
Bezeichnend, dass Google für die Wortfolgen Hader ist scheiße, Josef Hader ist scheiße und Ich hasse Josef Hader gar keine und für Ich hasse Hader nur zwei Ergebnisse findet, die allerdings von Lovern stammen, die bei der Orthorgraphie von "Hater" nicht ganz sattelfest sind.
Udo Leitner
Alle lieben Josef Hader und ich schaffe es auch beim besten Willen nicht, ihn zu verachten.
Das Problem ist: Wenn ich nun viel Zeit'n'Energie in die fieberhafte Suche nach einem Hader'schen Makel stecken, ihn besessen observieren und bis in die letzten Mehrzweckhalle verfolgen würde, bestünde die Gefahr, am Ende fündig zu werden.
Wenn ich also herausfände, dass Hader in seiner Freizeit gerne vorsätzlich Flüsse vergiftet, Welpen häutet, heiratsschwindelt, dem Wettbetrug frönt oder Denkmäler schändet, hätte ich zwar guten Grund, ihn zu verachten, stünde aber vor einem Dilemma: Würde ich meine dann berechtigt schlechte Meinung äußern, müsste ich natürlich die Begründung schuldig bleiben, denn anderenfalls würde das dunkle Geheimnis rasch die Runde machen und die Hader-Hater wären schnell in der Mehrzahl. Exklusiv-Meinung: futsch.
Und was wäre das überhaupt für eine Art, eifernd nach jemandes charakterlichem Schönheitsfehler zu suchen, nur weil man unbedingt einen Grund finden will, ihn nicht zu mögen, und das wiederum nur, weil das niemand tut? Gar keine Art wäre das, Herrschaftszeiten!
Also werde ich Josef Hader weiterhin verehren, denn nichts anderes gebührt ihm, und bitte darum, den Titel dieses Aufsatzes als gegenstandlos zu betrachten. Leider ist es aus technischen Gründen nicht möglich, diesen jetzt noch zu ändern.
Ojegerl ojegerl!
Aber so klicken wenigstens mehr Leute drauf.
Hihi.