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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

11. 3. 2015 - 18:24

Floating in Space

Der weichste Soul, der kosmischste Funk, das große Gleiten: "EarTHEE", das zweite Album des amerikanischen HipHop-Duos THEESatisfaction.

FM4 Musik

Songs mit Superlativen, preisträchtige Alben, Interviews mit Bands und Produzenten auf

Das Mothership gleitet durchs Universum, die Erde ist in Sichtweite. Die Pilotinnen Catherine Harris-White und Stasia Irons beamen sich nur ab und an hinunter auf den kaputten Planeten, um nach dem Rechten zu sehen. Und, immer wieder, um mit den Widrigkeiten, dem Dreck, dem Rassismus, der Ungerechtigkeit und dem Leben konfrontiert zu werden. Bisweilen scheinen es nur ihre Astralkörper zu sein.

Die beiden in Seattle beheimateten Sängerinnen, Rapperinnen, Musikerinnen Harris und Irons haben das zweite Album ihres Projekts THEESatisfaction als feinstoffliches, weichst fließendes, kosmisches Gas angelegt. Geschmeidig, lasziv und zurückgelehnt ist die Musik, die hier zu erfahren ist, dabei durchsetzt von Politik, Sozialkommentar, Körperlichkeit und Privatbegehren.

Bislang sind THEESatisfaction vor allem als Weggefährtinnen und Mitstreiterinnen des okkult-spirituellen Space-Rap-Projekts Shabbazz Palaces und mit ihrem eigenen 2012 erschienen und schon recht wohlwollend empfangenen Debütalbum "awE naturalE" aufgefallen - mit der neuen Platte namens "EarTHEE" haben sie sich nun endgültig freigeschwommen und ein imposantes Statement in den Kosmos gesendet, das dabei wie mühelos, im Halbschlaf oder Hypnose stehend aus den Ärmeln geschüttelt scheint.

THEESatisfaction

THEESatisfaction

Schon auf dem Album "awE naturalE" waren kaum echte Songs in klassischer Strophenbauweise, leicht zu memorierende Hooks oder Hits zu hören, "EarTHEE" ist jetzt ein einziges Mäandern, ein System ohne Grenzen, ein Vibrieren von purpurner Psychedelik. Das ist alles andere als schlecht. Einzelne Stücke gibt es aber auch hier schon noch, selten jedoch trifft man auf wiederkehrende Refrains, da und dort stehen eine gesungene Strophe und eine gerappte Strophe hintereinander, dann ist die Nummer, nach nicht einmal zwei Minuten Spieldauer, auch schon wieder vorbei.

Ein Stück schwappt über ins nächste, in dem wiederum im Gegensatz nur ganz wenige sloganhafte Zeilen wieder und wieder gebetsmühlenhaft wiederholt werden: "No Work Goes Without Recognition" lautet das Mantra im Stück "Recognition". "Recognition" - die Anerkennung, die Bestätigung, ein zentrales Motiv von "EarTHEE". Als Frau, als Afroamerikanerin, als Mensch.

Die Platte beschwört afrikanische Geschichte, ägyptische Königinnen und Göttinnen, Mystizismus, Science-Fiction, Bilder des Afrofuturismus, den Space als Fluchtpunkt, als Place der Erlösung. Dabei forschen THEESatisfaction auch im tatsächlichen Alltag, hier auf diesem Planeten, oder singen in dem Stück "Planet For Sale" von der Zerstörung, die ebenjener Planet mitunter durch Menschenhand erfährt.

Das Stück "Blandland" thematisiert die Fremdaneignung und Verwässerung von sogenannter Black Music und Black Culture, zwischendurch darf es schlicht um die Turbulenzen mit und die Freuden von Liebe, Sex und Körperlichkeit gehen: "So Good, So Sweet" heißt es im Stück "Nature's Candy" auf ein begehrtes Gegenüber bezogen, "I'm Hoping You Are My Type, I'm Hoping To Take A Bite".

THEESatisfaction Cover

Sub Pop

"EarTHEE" von THEESatisfaction ist via Sub Pop erschienen.

Dabei umschmiegen sich hier bei aller Emphase und mitunter Strenge im Text die Sounds und Silben so margarineweich, dass man nicht anders kann, als die Hoffnung für machbar zu halten. "EarTHEE" ist betont minimalistisch angelegt, atmosphärisch blubbern und zart fauchen die Synthesizer, Drums klappern wie in Samt gepackt. Ein spartanischer, dabei wohlig warmer Soul, ein kleiner, hochelastischer Funk, mit kosmischem Jazz gefütterter HipHop ohne Prunksucht.

Zusammengebaut und geschrieben haben Catherine Harris-White und Stasia Irons dieses wunderliche Kleinod gemeinsam mit dem Produzenten Erik Blood, ab und zu haben Ishmael Butler von Shabbazz Palaces oder Newcomer-MC Porter Ray mitgedoktert, einmal ertönt, leise, leise eine Trompete.

"EarhTHEE" ist nie ein eitles Schaulaufen, kein Aufzeigen der Fähigkeiten, höchstens der Möglichkeiten. Selbst die Gastbeiträge von Bass-Superstar Meshell Ndegeocello fügen sich unaufgeregt ins Bild. Es ist ein altes Bild, für einen Moment, mit dieser Platte namens "EarTHEE", möchten wir daran glauben: THEESatisfcation sind nicht von dieser Welt, sie wollen uns eine bessere bauen.