Erstellt am: 11. 3. 2015 - 17:00 Uhr
ÖH-Vorsitz: Bilanz und Baustellen
Wieder zwei Jahre um, wieder stehen ÖH-Wahlen an. Die VorgängerInnen der jetzigen Vorsitzenden hatten turbulente Zeiten zu durchstehen: vor fünf Jahren waren es unibrennt und die Audimax-Besetzung, die auch die ÖH beschäftigt hat. Und das letzte Vorsitzteam hat mit der Aufregung rund um das Cafe Rosa zu kämpfen (Wo die ÖH der Uni Wien ein gutgemeintes Projekt ordentlich in den Sand gesetzt hat). Verglichen dazu war es in den letzten zwei Jahren, der Amtsperiode der derzeitigen ÖH-Bundesvertretung, verhältnismäßig ruhig.
Unipolitik auf FM4
Was ist in der Zeit passiert? Die größte Änderung war, dass das Wissenschaftsministerium im Dezember 2013 ins Wirtschaftsministerium gewandert ist. Abgesehen davon gab es nicht viele neue Themen, zeigt der Blick ins FM4-Archiv: die STEOP-Phase ist noch immer Thema, ebenso die Ausfinanzierung der Unis, und die Direktwahl zur Bundesvertretung ist zurück.
Wie sieht die Bilanz der letzten zwei Jahre aus? Wir fragen Florian Kraushofer (FLÖ) und Markus Habernig (AG).
Keine Streitereien
"Im Vergleich zu den vier Jahren davor war es auf alle Fälle eine ruhige Zeit", sagt Florian Kraushofer vom ÖH-Vorsitzteam. "Der Ministerwechsel auf Mitterlehner hat sicher auch zu dieser Ruhe beigetragen." Denn Mitterlehner habe eher Themen angepackt, auf die sich alle einigen konnten, wie zum Beispiel das neue Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG), das im Juni beschlossen wurde. "Dadurch gab es keine großen Streitereien in der Hochschulpolitik. Auf der anderen Seite bedeutet das sicher auch, dass einiges unbearbeitet geblieben ist, was eigentlich bearbeitet werden sollte."
FM4/Irmi Wutscher
Auch die größte Gruppe der Opposition, in dem Fall die Aktionsgemeinschaft (AG), sieht das so, nur formuliert sie es weniger positiv: "Für uns haben sich die letzten zwei Jahre eher durch Stillstand ausgezeichnet" sagt Markus Habernig, Bundesobmann der AG. "Das ist dadurch begründet, dass politisches Engagement in den Vordergrund gerückt ist." Was ihm gefehlt hat, ist die Nähe zu den Studierenden. "Da müsste mehr geschehen: wir versuchen, dass wir die Studenten aktiv einbinden und sie immer wieder befragen, zum Beispiel über Social Media. Das müsste auch die ÖH sehr viel stärker machen."
Was wurde also erreicht?
Was ist also in den letzten beiden Jahren passiert? Im Juli 2013 wurden die von den Unis autonom eingehobenen Studiengebühren abgeschafft. Es wurde verhindert, dass der Plagiatsparagraph verschärft wurde – hier gibt es eine studierendenfreundlichere Lösung. Das Beihilfenrecht wurde verbessert, unter anderem für Studierende mit Kind. Das Universitätsgesetzt wurde novelliert, in Kollegialorganen ist jetzt ein Frauenanteil von 50 Prozent vorgeschrieben.
Besonders stolz ist das Vorsitzteam auf die Änderung des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG). Es bedeutet vor allem, das die ÖH Bundesvertretung wieder direkt per Listenwahl gewählt wird (das war unter Schwarz-Blau abgeschafft worden). Und es wird erstmals auch eine Briefwahl geben: Das heißt Studierende, die gerade ein Auslandssemester machen, und Berufstätige, die nur abends an die Uni kommen, können nun auch wählen. Außerdem gibt es jetzt auch das passive Wahlrecht für Drittstaatenangehörige.
Wissenschaft bei der Wirtschaft
Auch auf die Fahnen schreibt sich das ÖH-Vorsitzteam, dass es am 17. Dezember 2013 mit 10.000 Studierenden die größte Demo seit #unibrennt gab: gegen die Zusammenlegung des Wissenschaftsministeriums mit dem Wirtschaftsministerium. Ein Umstand, mit dem die Studierenden noch immer nicht zufrieden sind, auch nicht die AG: „Wir haben uns auch an diesen Protesten beteiligt, weil wir das nicht als richtigen Weg sehen“, sagt Markus Habernig. „wir treten auch dafür ein, dass es ein eigenständiges Wissenschaftsministerium gibt, das sich für den Bereich einsetzt.“
APA/HELMUT FOHRINGER
Die Befürchtung, dass die Bildung und Forschung damit zunehmend wirtschaftlich und rentabel sein muss, ist noch lange nicht ausgeräumt. Im Gegenteil, sagt Florian Kraushofer vom ÖH-Vorsitzteam: "Mitterlehner hat vor wenigen Wochen den Forschungsaktionsplan präsentiert. Darin gibt es den Punkt, dass die Universitäten erstmals bei den Leistungsvereinbarungen für 2016 - 2018 konkrete Ziele vorgeben sollen, wie sie ihre Forschung in die Anwendung umsetzen. Also das heißt im Endeffekt verkaufen." Und verkaufen ließe sich eben nicht jede Forschung, dass könne nur auf Kosten der Grundlagenforschung gehen, so Kraushofer.
Baustelle Budget
Die großen Baustellen auf den Unis sind nach wie vor die Gleichen: Das schlechte Betreuungsverhältnis, zu wenige Lehrveranstaltungen und keine Ausfinanzierung für die Universitäten. Dinge, die sowohl der aktuelle ÖH-Vorsitz als auch die Opposition anpacken möchten. Das alles hängt mit dem Budget der Unis zusammen. Das wird demnächst mit der Leistungsvereinbarung zwischen Unis und Wissenschaftsministerium ausverhandelt.
"Jetzt ist das Budget für die nächste Leistungsvereinbarungsperiode bekannt gegeben worden. Das ist leider sehr gering ausgefallen", sagt Florian Kraushofer. "Durch das Ärztearbeitszeitgesetz wird da noch einmal ein höherer zweistelliger wenn nicht dreistelliger Millionenbetrag woanders hinfließen. Es heißt, das soll aus der Ministerreserve aus dem Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium finanziert werden. Was eine Schönheitsoperation ist, weil das ist Geld, das sowieso den Universitäten zugeflossen wäre. Im Endeffekt steht den Universitäten weniger Geld zur Verfügung als in den letzten drei Jahren."
ÖH-Wahlen auf FM4
Wie geht’s weiter auf den Unis? Wir werden hier auf FM4 alle Entwicklungen und die ÖH Wahlen natürlich wieder ausführlich begleiten.
Sonst so: STEOP, Fachhochschulgesetz, PädagogInnen-Ausbildung
Abgesehen davon gibt es für das kommende ÖH-Vorsitzteam noch genügend andere Betätigungsfelder: Die STEOP wird evaluiert, im Rahmen dieser Evaluierung wird geklärt werden, ob die Studieneingangsphase wirklich Orientierung bietet, oder ob sie nur der Selektion dient (was sie laut Gesetz eigentlich nicht darf). Die Fachhochschulen sind privatrechtlich aufgestellt, das hätten die Studierendenvertreter gerne geändert und ein Fachhochschulgesetz installiert. Auch die neue PädagogInnen-Ausbildung ist noch eine offene Baustelle. Genug zu tun also für die ÖH. Gewählt wird dann übrigens von 19. bis 21 Mai.