Erstellt am: 10. 3. 2015 - 16:39 Uhr
Zuwenig relevant?
Radical Busts - Frauenbüsten im Arkadenhof der Uni Wien im Rahmen der 650-Jahr-Feierlichkeiten.
Die Universität Wien wird heuer 650 Jahre alt. Im Rahmen dieser Feierlichkeiten sollen auch die Errungenschaften von Wissenschaftlerinnen in den Mittelpunkt gestellt werden: Zu diesem Zwecke sind zum Beispiel im Innenhof der Uni Wien Büsten von wichtigen Frauen aus der Geschichte den altehrwürdigen Männerbüsten entgegengestellt, die den Uni-Akadenhof einrahmen.
FM4/Irmi Wutscher
In der Praxis regt sich aber gerade Unmut unter Studierenden und Lehrenden, denn auf der Politikwissenschaft und der Philosophie werden feministische Professuren nicht nachbesetzt und bei den Gender Studies ist ungewiss, ob die einzige existierende Professur überhaupt finanziert wird.
Politikwissenschaft: Stelle seit 2013 vakant
Radiotipp:
Heute im Journal Panorama, ab 18:25 auf Ö1, geht Irene Suchy der Frage nach, welchen Stellenwert die Frauen auf der Uni Wien heute haben.
Zum Beispiel auf der Politikwissenschaft, wo die Professur für feministische politische Theorie seit 2013 vakant ist. "Aus Sicht der Studierenden ist das sehr problematisch, weil die Eva Kreisky, die diesen Posten inne hatte, eine Vorreiterin der feministischen Theorie in der Politikwissenschaft war. Viele Studierende kommen gerade wegen dieses Theorieschwerpunkts hierher zum Studieren. Die fragen sich dann: Wo ist unsere politische feministischen Theorie? Und die wird grad nicht nachbesetzt", sagt Verena Kettner von der Studienrichtungsvertretung Politikwissenschaft.
Zwar gibt es mit Birgit Sauer noch eine weitere feministische Professur, es wirkt sich aber trotzdem auf die Betreuung der Studierenden aus: "Es fehlen Betreuungsplätze für Masterarbeiten, es fehlt wissenschaftliches Personal, es fehlt das Geld, um den Schwerpunkt auszubauen. Studierende können zwar Gender-Studies-Kurse belegen, aber viel weniger, es fehlt einfach an allen Ecken und enden."
Die Studierenden haben letzten Herbst über 1000 Unterschriften für die Nachbesetzung der Professur gesammelt und mit dem Rektorat gesprochen. "Es wurde uns zugesichert, dass die Professur finanziert ist und sie sicher nachbesetzt wird", sagt Verena Kettner. "Die Frage ist halt: wann?"
Cornelia Blum, die Sprecherin des Rektorats der Uni Wien, sagt, es habe bei der Nachbesetzung dieser Professur Verzögerungen gegeben: Die sogenannte Berufungs-Kommission, die Kandidatinnen für den Posten vorschlägt, hat bisher keinen eindeutigen Dreier-Vorschlag abgegeben. Und auch bei den Gutachten gäbe es Differenzen. Das Rektorat müsse nun warten, bis sich Kommission und GutachterInnen einig sind. Anders könne der Rektor keine Entscheidung treffen.
FM4/Irmi Wutscher
Gender Studies: Finanzierung nicht gesichert
Auch auf den Gender Studies ist die einzige existierende Professur seit März nicht nachbesetzt. Auch hier hat sich das Betreuungsverhältnis vor allem bei den Masterarbeiten verschlechtert, sagt Heike Bestel vom Frauenreferat der Uni Wien: "Ich studiere selber Gender Studies im Master und bekomme das mit. Überhaupt sind die Studierendenzahlen in den Jahren beim Master Gender Studies gestiegen. Gleichzeitig hat sich an der Finanzierung nichts geändert, es gibt zuwenig Räume, die Seminare sind überbelegt. Mir kommt vor, die Gender Studies will man schon haben, aber Geld in die Hand nehmen möchte man dafür nicht."
Heike Bestel merkt außerdem an, dass mit der nicht nachbesetzten Professur viel Wissen verloren geht: Sigrid Schmitz, die diese Professur die letzten fünf Jahre inne hatte, ist ursprünglich aus der Biologie gekommen. Sie hat viele Verbindungen von den Gender Studies zu den Naturwissenschaften und der Technik geknüpft. Diese ganzen Netzwerke liegen jetzt brach.
"Ich finde auch, das hat eine starke Außenwirkung, dass es da eine Professur geben sollte und die nicht nachbesetzt wird", sagt Heike Bestel. Dass es keine weitere Finanzierung für die Gender-Studies-Professur gibt "war immer klar", sagt Cornelia Blum vom Rektorat der Uni Wien. Die Professur sei bisher über eine Sonderfinanzierung vom Ministerium finanziert worden, die ist jetzt ausgelaufen. Jetzt muss die Uni die Stelle in ihren Entwicklungsplan aufnehme und bei der Leistungsvereinbarung mit dem Ministerium ein Budget dafür ausverhandeln.
FM4/Irmi Wutscher
Während es bei der Politikwissenschaft also nur Verzögerungen sind, ist die Finanzierung der Gender-Studies-Professur nicht gesichert. "Also ich denke mir da: da ist das Fach dann scheinbar doch nicht relevant genug für die Uni", sagt Heike Bestel. "Die Uni hat die feministische Forschung als einen Standpunkt, den haken sie ab. Aber ich sehe nicht, dass sie sich wirklich aktiv dafür einsetzen." Und Verena Kettner von der Politikwissenschaft meint: "Generell ist schon ein bisschen ein Backlash spürbar, dass feministische Theorie zurückgedrängt wird. Die denken sich: 'Es gibt eh schon genug Forschung dazu' - was ja überhaupt nicht stimmt!"