Erstellt am: 4. 3. 2015 - 17:17 Uhr
The daily Blumenau. Wednesday Edition, 04-03-15.
#fußballjournal15
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Personalie 1
Es ist ja nun trotz der Talfahrt sicher, dass Gerald Baumgartner bleibt - zumindest bis zu dem Zeitpunkt, wo es nicht mehr sicher ist. Dass dennoch mehr oder weniger logische Nachfolger im Gespräch sind, ist niemandem zum Vorwurf zu machen. Dass bei der Austria Wien, deren Stadionneubaupläne aktuell einen Dämpfer erhalten haben, Stallgeruch vor Qualität kommt, weiß man. Auch dem Sportdirektor Wohlfahrt ist seine Freundschaft zum aktuellen Trainer der Austria-Amateure nicht vorzuwerfen. Ich bin sicher: niemand hat die Absicht einen Andreas Ogris zu errichten.
APA/ERWIN SCHERIAU
Ich kann mir nicht helfen: immer wenn von Andreas Ogris die Rede ist, muss ich an Gerd Müller denken. Ein unsinniger Vergleich, ich weiß. Müller war ein Weltfußballer, Ogris einer, der nur ein Jahr in der internationalen Klasse verbrachte. Müller ist wiederum immer nur ein beisitzender Co-Trainer geblieben, wohingegen Ogris ja bekanntlich auch den FC Barcelona trainieren könnte. Dass es tatsächlich nur drittklassige Klubs waren, bei denen Ogris tätig war, daran ist sicher die fehlende Lobby schuld. Auch dass Müller und Ogris letztlich nur bei ihren Stammvereinen eine reelle Jobchance bekommen haben, mag im Fall des kleinen Dicken eine Art Gnadenbrot sein, im Fall des Roten ist es die gerechtfertigte vorauseilende Deckung einer durch die Blindheit der Welt verursachte Top-Karriere. Wie gesagt: kein Vergleich.
Personalie 2
Der Wechsel des bereits erwähnten Franz Wohlfahrt vom ÖFB zur Austria hat beim Verband einen Job freigemacht, der dieser Tage nachbesetzt wurde.
Und da bewies der ÖFB sein sicheres Händchen. Auf Wohlfahrt, der wiederum (den zur Stronach-Sekte abgewanderten) Otto Konrad folgte, kommt nun Klaus Lindenberger. Wohl weil Michael Konsel als Testimonial des neuen Liga-Sponsors ausgelastet ist.
Lindenberger ist einer aus der Riege von Österreichs 90er-Jahre-Torleuten, deren ethische Größe von zweifelhafter Natur ist. Dafür spricht etwa Lindenbergers moralischer Selbstfaller - als frisch (von Jörg Haider) gecasteter Abgeordneter scheiterte er schnell am illegalen Bezug von Arbeitslosengeldern.
Dass er zudem direkt von einem Job in einem autoritären Golfstaat zum ÖFB kommt und seine Haupttätigkeit als Geschäftsführer seiner eigenen Immobilien-Firma machen ihn moralisch nicht gerade fitter. Zudem hatte ich das Pech, jüngst ersthändige Geschichten vom letzten Tag der Riegerbank (einer aufsehenerregenden Pleite der Privatbank des einstigen LASK-Präsidenten im Jahr 1998) erzählt zu bekommen, in denen Lindenberger eine sehr wenig rühmliche Träger-Rolle einnahm.
Lindenberger jedenfalls leitet ab jetzt nicht nur die Torleute im Nationalteam an (was er schon, recht wenig erfolgreich, zur Euro '08 hin tat), sondern ist auch für die Ausbildung der österreichischen Tormann-Trainer zuständig. Und wird da in vielerlei Hinsicht die Fußstapfen seiner Vorgänger ausfüllen können.
Personalie 3
Nicht jede Neubestellung lässt einen die Hände über den Kopf zusammenschlagen: Rapid hat die Konsequenzen aus den Entwicklungen der letzten Jahre (Rapids Nachwuchs ist deutlich hinter die Austria und vor allem hinter Salzburg zurückgerutscht; in den aktuellen ÖFB-Auswahlmannschaften ist man in manchen Jahrgängen gar nicht mehr vertreten oder etwa auch hinter Sturm Graz und andere zurückgefallen) gezogen und strukturiert die Nachwuchsarbeit neu; bzw. lässt das einen der besten Fachleute tun - Willi Schuldes, vormals Chef der Akademie in Linz, auch beim ÖFB oder in Horn tätiger Erneuerer.
Das kann man so vermelden, aber eben auch anders, nämlich als Degradierung eines verdienten Ex-Spielers (der - wie Ogris und Polster - die Opfersicht einnehmen könnte). Dass Carsten Jancker den Job als Nachwuchsleiter nebenher mitlaufen lassen konnte, zeigt, wie wenig wichtig Rapid, aber eben auch den Berichterstattern der Bereich bislang war.
Sportdirektor Andreas Müller spricht in deutscher Offenheit von einer "Professionalisierung". Schön, dass man mancherorts nach eh recht kurzer Zeit (vierzehn Monaten) dann doch noch draufkommt.
Erstaunliche Nachricht 1
Apropos Rapid: dort spielen sich rund um das harte Durchgreifen der Liga betreffend der Pyro-Orgien der Rapid-Ultras dramatische Szenen ab. Alle Beteiligten singen schwermütige Arien voller Schuldzuweisungen. Die klassischen Medien überschütten ihr Feindbild, die Ultras mit Häme; die Ultras geben dem eigenen Verein die Schuld - schließlich habe der innerhalb der Liga nicht gegen das blöde Gesetz gestimmt. Der neue Geschäftsführer kann dem Pyro-Gestz nicht ernstnehmen und wundert sich an anderer Stelle darüber, dass die Liga eventuell auf die Idee kommen könnte, dass Rapid den Strafbescheid nicht ernst nimmt.
PS: am Mittwoch Abend erreichte der Konflikt durch eine weitere Provokation dann die nächste Eskalationsstufe.
Erstaunliche Nachricht 2
Im Fall einer anderen Störung des Spielbetriebs, der sich nicht in ein paar ätzenden Rauchwolken und bösartig gezielt abgeschossenen Böllern begnügte, sondern per aggressiven und Körperverletzung billigend in Kauf nehmenden Gewalttaten manifestierte, zeigte ein ordentliches Gericht extragroßzügige Milde.
Der Platzsturm einiger Prä-Djihadisten und ihr Versuch, die Spieler eines israelischen Vereins während eines Testspiels in Bischofshofen niederzutreten, wurde auf dem Level eines Bubenstreichs behandelt; und übt so sicher eine urarge abschreckende Wirkung aus. Die La Familia-Gang ist übrigens nicht mit der gleichnamigen gestern in Wien hochgenommenen Verbrecherbande verwandt; auch wenn man das vermuten müsste.
Die Erstaunliche Nachricht Nr. 3
... ist so erstaunlich auch wieder nicht. Weil davon auszugehen ist, dass sowohl RB Leipzig, als auch RB Salzburg in den nächsten Jahren (die einen so ab 2020, die anderen aus diesen Gründen ab jetzt eh ewig) international agieren werden, bemüht sich der Konzern, die Organisation seiner Vereine zumindest soweit zu entflechten, dass man wenigstens an der Oberfläche die autokratische Kommando-Struktur dahinter verbergen kann. Auch eine Professionalisierung, auch eine eigentlich längst überfällige. Die in einem Umfeld von erschreckenden Rückschrittsmeldungen dann strahlender erscheint, als sie letztlich ist.