Erstellt am: 28. 2. 2015 - 11:21 Uhr
Long and prosperous
Um wen trauern wir eigentlich? Um Leonard Nimoy oder um Mr. Spock? Wenn ich mir die Nachrufe durchlese dann scheint es fast so, als würden sich einige der Autorinnen von einem Bekannten ihrer Kindheit oder frühen Jugend verabschieden, dem ersten Offizier der Enterprise, der zwar schon vor Jahren in Pension gegangen ist, dessen Gesicht aber immer noch ikonisch vor uns schwebt. Man findet tatsächlich einige Varianten der Überschrift Mr. Spock ist tot.
Spock, eine Figur die halb fasziniert halb verwundert, leicht süffisant aber nie arrogant auf die von fleischlichen Begierden und Emotionen gepeinigten und getriebenen Menschen blickt, wird verabschiedet, nicht der Schauspieler Leonard Nimoy.
Reuters/Fred Prouser
Leonard Nimoy ging es auf die Nerven, ständig mit der Figur Spock gleichgesetzt zu werden. Seine erste Autobiographie erscheint im Jahr 1977 und trägt den Titel „Ich bin nicht Spock“. 20 Jahre später scheint er sich damit abgefunden zu haben, dass die Rolle seine Person auf ewig überschattet. Nimoy schreibt noch eine Autobiographie, die den Titel „Ich bin Spock“ trägt. Seine Ambitionen als Poet, Photograph und Theaterschauspieler werden in alle Ewigkeit von der hochgezogenen Augenbraue und dem Vulkanischen Gruß verbunden mit einem livelong und prosper überschattet bleiben.
Nimoy war Spock, der Halb-Vulkanier, der Menschen drollig und albern findet und immer schräg drübersteht. Als wäre er das Testimonial eines Psychopharmaka-Herstellers, dessen Präparate die Irrationalität von Emotionen schockgefrieren und die Dummheit der Spezies Mensch mit kalter abgeklärter Ironie akzeptieren machen.
See Leonard Nimoy's long and prosperous life in photos http://t.co/dhMDBBqG2p Photo: CBS/@GettyImages pic.twitter.com/b4jmIWIK3F
— TIME.com (@TIME) 28. Februar 2015
Spock ist der komplexeste Charakter der Enterprise und genau so schnell eine Ikone geworden, wie 23 Jahrhundert-Technologien der Vereinten Föderation der Planeten das 21. Jahrhundert übernahmen. Skype, Mobiltelephone, Translators, Freisprecheinrichtungen prägten den Alltag der Crew der Enterprise, bevor sie unseren übernahmen.
Für Obama war Spock ein Nerd, bevor es cool war ein Nerd zu sein, seine leicht apathische Gelassenheit aber dennoch unhinterfragte Loyalität zu Prinzipien die eigentlich unter dem intellektuellen Niveau der Figur Spock liegen müssten, nennt Obama ein Beispiel für die „optimistische Zukunftsvision“ von „Star Trek“. „Star Trek“ ist vielleicht weniger Sience Fiction als ein Portrait dessen, was und wie Amerika gerne gewesen wäre: alles regelnde freundliche und selbstreflexive Weltraumcowboys, unter ihnen Spock und damit genau jenes Maß an Fremdheit, an Anderem, das man akzeptieren konnte ohne darin eine Bedrohung zu sehen - ein Alien wie wir.