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Alex Wagner

Zwischen Pflicht und Kür

25. 2. 2015 - 17:29

Bissu schwul oder was?

Wie homophob ist die deutschsprachige Rap-Szene? Der Berliner Rapper Bass Sultan Hengzt löst mit seinem Albumcover, auf dem sich zwei Männer küssen, einen Shitstorm unter seinen Fans aus.

Der eine streichelt dem anderen sanft durchs Haar, die Augen sind geschlossen, die Lippen der Männer nur wenige Millimeter voneinander entfernt. So weit, so ungewöhnlich für ein Albumcover im Jahr 2015 und eigentlich wenig bemerkenswert, haben wir uns doch längst daran gewöhnt, dass alle Formen der Sexualität ohne Aufregung und Tabubruch unter einer Decke mit der Popkultur stecken.

Albumcover "Musik Wegen Weibaz": Zwei sich küssende Männer

Bass Sultan Hengzt

Doch mit der Veröffentlichung des Covers zu "Musik wegen Weibaz" hat der Berliner Rapper Bass Sultan Hengzt, kurz BSH, offenbar einen Teil seiner Fans verstört und eine Diskussion darüber angestoßen, wie homophob die deutschsprachige Rap-Szene ist. Seit dem Wochenende hat BSH dutzende homophobe Kommentare auf Twitter und Facebook erhalten.

Das Cover war eigentlich als Scherz gedacht, ein Freund hat es Bass Sultan Hengzt via Whatsapp geschickt, als Reaktion auf das eigentliche Albumcover. BSH hat es kurzerhand auf Facebook neben dem originalen Cover gepostet und war ziemlich überrascht, wie heftig einige seiner Fans darauf reagierten. Sogar mehrere Drohungen habe er erhalten. Doch statt klein bei zu geben, hat er sich dazu entschieden, seinen Fans den Spiegel vorzuhalten. Private Tweets retweetet er und macht sie so der Öffentlichkeit zugänglich, auf Facebook reagiert er auf die Anfeindungen mit Humor. Für Homophobie, so der Tenor, habe Bass Sultan Hengzt kein Verständnis. Kritiker werfen ihm vor, dass er mit dem Cover die Verkaufszahlen seines Albums ankurbeln will. Ein homophober Shitstorm als Marketing-Gag und Antrieb der Eigenpromoblase?

Gerade im Battle Rap wird das Wort "schwul" gerne im negativen Konnex verwendet. Ein schwuler Rapper kann kein guter sein, lautet die Botschaft zwischen den Zeilen. Auch Bass Sultan Hengzt hat schon homophobes Vokabular verwendet, zum Beispiel zu Beginn seiner Karriere mit Bushido. Seitdem er seinen Stil verändert und dem Battle Rap den Rücken zugekehrt hat, distanziert sich BSH von allen homophoben Äußerungen.

Unterstützung erhält BSH von der Antilopen Gang und Feine Sahne Fischfilet, die kurzerhand das Cover nachgestellt haben.

Bass Sultan Hengzt, die Antilopen Gang und Feine Sahne Fischfilet sind nicht die ersten, die sich öffentlich für mehr Toleranz stark machen. 2002 etwa haben Fettes Brot das Thema aufgegriffen - in ihrem Song "Schwule Mädchen". Für die GQ haben sie bei der Aktion #Mundpropaganda mitgemacht und miteinander geknutscht.

Marteria rappt in "OMG!": 'Fahr mit 'nem eigenem Wagen über den CSD, schmeiß' Gummis in die Menge und schrei "Gay, okay!"'. Auf Jetzt.de antwortet er auf die Frage, ob es ihm seine Rap-Kollegen übel nehmen würden, dass er sich in dem Song schwulenfreundlich äußere, mit: "Ja, ist ja klar. Aber mir ist es relativ egal, was andere darüber sagen. Ich versuche zu vermitteln, was ich denke, nur so kann ich gute Musik machen."

Beachtenswert ist die Selbstironie von Eminem in der Komödie "The Interview" mit Seth Rogan und James Franco. Eminem taucht in einer Gastrolle auf und sagt, dass er nur deshalb schwulenfeindliche Texte schreibe, weil er selbst schwul wäre. Natürlich nur als Teil einer humoresken Filminszenierung.

Und Casper meint in einem Interview mit Zeit Online: "Ich stehe krass gegen Sexismus, Homophobie oder sonstiges Randgruppen-Bashing. Ich frage mich zwar auch, woher die Faszination rührt, und ich weiß, dass die Hip-Hop-Szene sehr homophob ist, aber ich finde, es sollte keinem Hörer meiner Musik wichtig sein, ob ich jetzt auf Männer oder Frauen stehe."