Erstellt am: 24. 2. 2015 - 11:37 Uhr
The daily Blumenau. Tuesday Edition, 24-02-15.
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Das ist Teil 2 von Überraschende Wendungen, part 1. #machtpolitik #kulturpolitik
... das ist die direkte Fortsetzung von Überraschende Wendungen, part 1 #machtpolitik #kulturpolitik
Zuerst die leichte Kost (die Tragödie von Grödig und seinem unbespielbaren Platz), dann der harte Stoff (Oliver Glasners Versuch das System Haider zumindest posthum zu problematisieren und der öffentliche Umgang damit)...
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Dass der SV Grödig der Bundesliga auf der Nase herumtanzt, ist nicht erst seit meiner sehr deutlichen Zusammenfassung von Untätig- und Wurschtigkeit sowie der Spekulation darauf, dass die Nichteinhaltung von Mindeststandards in Österreich keine Konsequenzen nach sich zieht, sonnenklar.
Eine Woche nach diesem (und anderen Aufschreien abseits der Mainstream-Medien) konnte die Liga nicht mehr anders. Ein Foto, das Daniel Offenbacher auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hatte, brachte das Fass zum Überlaufen: vor der Macht der Bilder kapitulierte auch die bis dorthin unendlich zögerliche, in biederen Rückziehern und schlupflochübersäten Regulativen verstrickte Bundesliga: Grödig wurde nicht zart verwarnt, sondern mit einer sofortigen Stadionsperre richtig hart rangenommen. Da sich niemand der Verantwortlichen im Vorfeld um einen Plan B (Ausweich-Stadion) gekümmert hatte, fand eine an Armseligkeit kaum zu überbietende Stadionsuche statt (und auch dort spielte das Verbiegen von Vorschriften wieder eine Hauptrolle).
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Immerhin: entgegen der vollmundigen Ankündigungen, sich mit der nötigen Rasenheizung so viel Zeit wie möglich zu lassen, beginnen die Arbeiten dazu nun doch schon sofort - die Drohungen waren also effizient. Deutlich effektiver als die lahme Hoffnung, dass Bitten und gutes Zureden fruchten würden.
Fazit: Grödig kann froh sein, wenn man die Saison regulär zu Ende spielen sollte. Und daran ist nicht nur das selbstherrliche Bezirkskaiser-Regime im Verein, sondern auch der Liga-Verbund schuld: man hätte die Lizenz unter diesen logistischen Umständen niemals erteilen dürfen. Was im übrigen auch für bis zu zwei andere Bundesliga-Vereine gilt.
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In Klagenfurt steht ein bespielbares Stadion; ohne lokalen Verein, den hat das System Haider ins Nichts abgewickelt, wie vieles andere mehr im Land der Chöre, Seen und Literaturpreise. Das System Haider (mit politischer und via geschickter Banken-Pumppolitik einhergehender ökonomischer Macht alles gefügig machen um absolutistisch zu herrschen) war in einer Kaminerzählung von Ried-Coach Oliver Glasner vor zehn Tagen aufgetaucht, der von einem Bestechungsversuch, der ihm als Ried-Kapitän 2007 angetragen wurde, berichtete.
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In Österreich gibt es ja zwei Arten von Matchfixing: zum einen das international gesteuerte zum Zwecke der schnöden Geldvermehrung (man erinnert sich an dern Fall Kuljic/Taboga, oder das internationale Beispiel der Sapina-Brüder); und zum anderen die klassische Bestechung vom Gegners, meist zu Saisonende, zum Zweck des Klassenerhalts. Das ist vor allem in unteren Ligen üblich (weil auch billig; und über Wirtshaus-Naturalien lokaler Sponsoren zahlbar) - dass derlei auch bis hinauf in die oberste Spielklasse vorkommt, war bis dato eine unbelegbare Vermutung.
Österreichs Fußball-Mächtige, der Verband ÖFB und die Bundesliga, hatten in den letzten Jahren, als die Wettskandale blühten, die moralische Präsenz einer schwindsüchtigen Prinzessin aus dem Märchenbuch. Viel zu spät und (auch wegen Sponsoren-Tätigkeit von Wettfirmen und Koops mit spielsüchtig machenden Anbietern) inhaltlich auf dünnen Beinchen. Und das nur, weil man in den Fällen, in denen eine internationale Wettmafia beteiligt war, auf einen gemeinsamen Außenfeind blicken konnte und sich mit Schuldzuweisungen leichttat.
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Beim Thema klassische Bestechung der alten Schule, wenn also der zu Bekämpfende innen-drinnen sitzt, wo einem die strukturelle Korruption in Gestalt eines Funktionärs auf die Schulter klopft, trachten die Verantwortlichen keinen Mucks zu machen; sie halten schlicht die Luft an und hoffen dass alles schnell vorbeigeht.
Glasners Aussage kam so gelegen wie ein Furz mitten in die leiseste Konzertstelle. Und weil das System Fußball (vor allem in Österreich) auf die strenge Unterstützung zumindest jener Medien, mit denen man in Geschäfts- oder Vorabdeal-Kontakten steht, zählen kann, wurde der Vorfall auch schnell planiert: Glasner musste sich in Kaiser-Manier sagen lassen, dass er doch lieber ein bisserl brav sein und keinen Staub aufwirbeln sollte; das Thema sollte so schnell wie möglich verräumt werden.
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Praktischerweise sind Liga und Verband jetzt wieder aus dem Schneider - und müssen sich so keinerlei (von selber eh nie gestellten ideologischen) Fragen stellen: die Rieder Staatsanwaltschaft will den Fall untersuchen.
Das bedeutet zum einen, dass Glasner konkrete Namen nennen wird (der Übermittler spielt noch in den unteren Kärntner Ligen, der Chefstrippenzieher ist verschieden), zum anderen aber auch, dass man sich hinter einer sicher monatelangen juristischen Untersuchung verstecken kann und nicht äußern muss.
Wie praktisch.
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Spielmanipulation, Machtfixing, das von den Mächtigen des Landes (Glasner sprach von "sehr hoher Stelle") betrieben wird, ist so alt wie der Fußball. Nicht nur in Österreich. Sich damit auseinanderzu-, oder sich gar dagegen zur Wehr zu setzen, würde bedeuten, dass man sich ein wenig stärker aus den politischen Abhängigkeiten rausnehmen müsste. Das ist angesichts der Verzahntheit, in der Österreichs Fußball (was Infrastruktur, Gesetzesauflagen, Sicherheitsaspekte etc betrifft) mit den politisch Definitionsmächtigen steckt, schwierig.
In funktionierenden Demokratien, wo die Bereiche strikt oder zumindest strikter getrennt sind (schon in Deutschland oder der Schweiz etwa) ginge das - im strukturell immer am Rand der Korruption rumschrammenden Österreich aber nicht. Deshalb muss der Glasner-Vorfall verdrängt werden; ganz schnell.
Nicht weil man nicht mit dem System Haider abrechnen könnte. Das ginge. Nur: eine seriöse Untersuchung würde weiterreichende Fälle aufschnüren, andere Player involvieren und das politisch-ökonomische System unterminieren. Nicht das des Fußballs, das Österreichs. Und das will niemand.
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Es wird also dabei bleiben, dass Oliver Glasner kurzzeitig eine Sumpfblase sichtbar gemacht hat, deren Existenz von allen mit Augen im Kopf eh bereits vermutet werden durfte. Und dass die dann, gluckgluck, wieder verschwindet und sich der swamp so friedlich präsentiert wie zuvor.