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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

23. 2. 2015 - 14:52

The daily Blumenau. Monday Edition, 23-02-15.

Überraschende Wendungen, part 1. #machtpolitik #kulturpolitik

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Wieder da nach einer Woche Pause wegen eines durchaus anstrengenden Umzugs.

Die direkte Fortsetzung findet sich morgen in: Überraschende Wendungen, part 2. #fußballjournal15.

1

Nein, die griechische Situation ist keine Überraschung. Dass die Regierung Tsipras weder den Untergang des Abendlandes noch den des Euro/der Euro-Tone/der EU/noch sonstjemandes Ende bedeuten würde, war ja allen klar: man befindet sich auf dem zu erwartenden sinnvollen Verhandlungsweg. Klar war das auch und vor allem jenen, die im Vorfeld der griechischen Parlaments-Wahlen die Teufel an die Wand tackerten. Da ging es nur darum, dass sich die Verantwortlichen aus dem ökonomisch-politischen Machtkomplex des Freundeskreises der "Institutionen" die Mühe mit den hinterfragenden Syriza-Griechen und ihrem forsch-fitten Star-Professor antun wollte, sondern lieber mit der alten korrupten Elite weiterwursteln wollten. Deshalb die über diverse Leitmedien gezielt gespielte Panikmache, deshalb die recht unverschämte Einmischung in den griechischen Wahlkampf.

2

Eine überraschende Wendung ist in einem anderen Fall eingetreten, bei dem es mich schon mehrmals gejuckt hatte. Einerseits ist so eine Bestellung einer mumok-Direktorin nicht gerade meine Kernkompetenz; andererseits ist mir die Art der Debatte rund um Karola Kraus, der ein wenig hartmanneske Diskurs um Freunderlwirtschaft und Begünstigung schon ein Anliegen.

Was der Kraus-Ansatz praktisch bedeutet, wurde beim Tocotronic-Konzert letzten Oktober sichtbar. Man kann das, was dort auf der Bühne vor der Zugabe passierte, so sehen wie der geschätzte Kollege L'heritier, nämlich als sektlaunige Freudensprenkel - mir ist das trunkene Gelalle, dass Kraus und die Künstlerin Cosima von Bonin (auch so eine aus dem direkten engsten privaten Umfeld von Kraus; wie viele, die zuletzt mit dem mumok zu tun hatten) da abgelassen haben, übel aufgestoßen. Es hatte etwas von altem fürstlichen Mäzenatentum, von einem Geschenk der beiden Baronessen an den Pöbel, samt nichtadeligem Ministerchen. Mit ganz viel Elitismus und Standesdünkel.

3

Das hatte sicher auch mit einer Begebenheit von kurz vor dem Konzert zu tun.
Es waren Bekannte aus Deutschland da, die sich spontan anschlossen und ihr Glück auf dem kleinen Schwarzmarkt vor den Hallentoren im MQ suchten. Und fanden. Ein verwirrt wirkender, lauter Mann und seine passende weibliche Begleitung wollten nämlich ein paar Regiekarten loswerden; sie hätten die zwar gratis bekommen, wollten aber den halben Preis des echten Eintritts dafür. Mein Bekannter (ein seriöser, sehr branchenfremder Düsseldorfer) löhnte, weil er froh war, überhaupt reinzukommen, war aber dann entsprechend erschüttert, als er die Frau des Kartenverchecker-Duos vor der Zugabe auf der Bühne sah und sie als die Direktorin vom Ganzen identifizieren musste.

Und angesichts der Reaktion der Direktorin kommt die auch nicht so schnell wieder, die Spucke: die bleibt vor leisem Ekel im Hals stecken...

Da blieb mir dann doch die Spucke weg.

4

Ich will nun gar nicht wissen, ob sowas (als Direktor die Gratiskarten der eigenen Veranstaltungen zu verkaufen) legal/korrekt/sonstwas ist - mir zeigt das eine moralische Armseligkeit.
Und ist ein weiterer Baustein für einen ethisch höchst morschen Zugang zur Führung einer Kultur-Institition. Die ist, so würde ich das zumindest für Österreich und seine Bundes- und/oder Gemeinde-Kultureinrichtungen sehen, nämlich nicht dazu da, sich oder seinen Klüngel zu bereichern (das mag in oligarchisch organisierten Systemen, in Auto- und Kleptokratien so sein) oder sich in gönnerhaften Mäzenatentum zu inszenieren.

Klar - die entsprechenden Gefahren sind (Matt hin, Noever her) gegeben und groß; und vor allem (sonst libertär denkende) Deutsche mögen von der teilweise allzu katholisch-barocken Etikette einzelner Player veranlasst sehen, sich auf ein scheinbar adäquates Spiel-Level einzulassen, so nach dem Motto "in Wien beginnt der Balkan" weshalb dann alles erlaubt scheint.

5

Egal, der Vertrag mit Frau Kraus wurde verlängert, sie bekommt (alles im Post-Hartmann'schen Sinn) eine für die Finanzen zuständige Aufpasserin. Und hat die Chance, in der zweiten Periode alles besser zu machen.

Überraschende Wendungen gab's auch in zwei akuten Krisengebieten des österreichischen Fußballs - das eine reicht tief in das prä-autoritäre System Haider hinein, im anderen wird der finale Abwehrkampf gegen die Voll-Provinzialisierung des heimischen Kicks geführt - morgen in: Überraschende Wendungen. Teil 2. #fußballjournal15.