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Pia Reiser

Filmflimmern

19. 2. 2015 - 12:15

11 Dinge zur Oscar-Nacht

Weiße Oscars, wovor Oscar-Host Neil Patrick Harris Angst hat, wieso Julianne Moore schon längst einen Oscar haben sollte und wie Oscar-nominierte Schauspieler "Mind Control"-Techniken lernen können. (Schnell: Wie oft kommt Oscar im Teasertext vor?)

Die Oscars live

Der Live-Ticker zur Oscarnacht: Hier, auf fm4.ORF.at, in der Nacht von Sonntag auf Montag, mit mir - und hoffentlich mit euch.

So wars übrigens letztes Jahr:

Und mehr Vorbereitung hier:

Noch dreimal schlafen, um dann nicht zu schlafen: In der Nacht von Sonntag auf Montag werden die Academy Awards, vulgo: Oscars, verliehen. Es gibt also noch ein bisschen Zeit, sich die nominierten Filme anzusehen, Bilder von Benedict Cumberbatchs frisch angetrauter Ehefrau Sophie Hunter zu googlen oder hektisch zum fantastischen "Birdman"-Soundtrack in der Wohnung auf- und abzulaufen. Wer das alles schon erledigt hat, der kann sich dem 11-Punkte-Starter-Kit widmen, quasi ein Infosheet und Linkfest zu den bevorstehenden Oscars. Beim Liveticker sehen wir uns dann hoffentlich - vom roten Teppich bis zu den roten Augen in der Früh. Ich zähl bis 3 und dann auf euch!

Der Host

The show ain't over until the skinny man sings: Wo Neil Patrick Harris moderiert, wird gesungen und getanzt (bis jetzt waren das vor allem die Tonys). Manchmal fasst er dankenswerterweise den Abend auch in Rapform zusammen, praktisch für die, die zeitig eingenickt sind. Weiters muss man mit Zaubertricks rechnen, im besten Fall lässt er vielleicht Adam Sandler verschwinden oder sägt Benedict Cumberbatch in zwei Hälften, damit er gerecht zwischen dessen Ehefrau Sophie Hunter und den nun tieftraurigen Cumberbitches aufgeteilt werden kann. Allzu gemein will NPH nicht sein, das ist auch schwierig - darin sind Amy Poehler und Tina Fey, die dreimal in Folge die Golden Globes moderiert haben, ohnehin schwer zu schlagen. Lampenfieber hat NPH nicht, dafür aber Angst vor Kanye Wests Kontaktlinsen.

Neil Patrick Harris

AMPAS

#oscarssowhite

Wo eine Empörung, da ein Hashtag: Unter #oscarssowhite protestierte man gegen die "weißesten Oscars seit 1995" - die immerhin 20 nominierten Schauspielerinnen und Schauspieler sind, wie ein Waschmittelslogan es früher formulierte, weißer als weiß. Fehlende Diversität in Hollywood ist allerdings alles andere als neu, überraschend aber natürlich in einem Jahr, in dem ein Film über Martin Luther King ("Selma") im Oscar-Pool schwimmt. Also gleich weiter zu der...

... Sache mit "Selma"

Warum also wurde "Selma" bei so vielen Filmpreisen übergangen? Sind es wirklich die zu spät bzw. gar nicht verschickten Screener? Der Verschwörungstheorien nicht abgeneigte Journalist und - ich zitiere diamondback "Wanderprediger und Angsteinflößer" Glen Beck vermutet viel eher, dass vor allem die Mitglieder der Academy of Motion Picture Arts and Science von der Darstellung Lyndon B. Johnsons alles andere als begeistert waren. Joseph A. Califano, früher "Sonderassistent für Innenpolitik" unter LBJ, schreibt in der "Washington Post" nicht nur, dass die Darstellung des Präsidenten in "Selma" ihm nicht gerecht werde, sondern auch, dass Martin Luther Kings Marsch mit tausenden Demonstranten von Selma nach Montgomery eine Idee von LBJ gewesen sei. Auf Twitter reagiert man amüsiert und listet Dinge auf, die auch noch eigentlich Johnsons Idee waren: "Top Ten LBJ ideas: 1. Selma 2. Stonewall riot 3. May 1968. 4. Socialism with a Human Face. 5. March on the Pentagon 6. Lou Reed 7. Punk Rock".

Szenenbild aus dem Film "Selma": Tom Wilkinson und David Oyelowo

constantin

Selma

#oscarssomale

Ich hab das eh schon öfter hier geschrieben: Dass es bei den Oscar-Nominierungen einen Aufschrei gibt, wenn keine Frau in der Kategorie "Best Director" nominiert wurde, ist ein bisschen mediale Empörungstradition; viel interessanter ist es, sich zu fragen, warum es überhaupt so wenige Frauen im Regiefach gibt - nein, auch falsch: warum es für Regisseurinnen schwierig bis unmöglich ist, (in Hollywood) überhaupt zu arbeiten. Regisseurin Lexi Alexander hat ihre Frustration mal in Worte gefasst. Eine Zahl vielleicht noch: auf 15,24 Regisseure kommt 1 Regisseurin.

Auffällig ist dieses Jahr vor allem auch, dass die Filme in der "Best Picture"-Kategorie sich um Männer drehen. Und nicht nur im Narrativ sind Frauen dieses Jahr in den Oscarfilmen nur schwer zu finden; Buzzfeed hat da mal was vorbereitet. Auch sehr interessant (und hier irrte ich in meinem Text zu den Oscarnominierungen): nicht weiße Männer sind die fleißigsten Kinogeher, ein US-Marktforschungsinstitut hat "Hispanic women over the age of 25" als die fleißigsten Besucherinnen großer Hollywood-Produktionen ausgemacht. Und ebenso lesenswert: Das Gedankenexperiment, was, wenn "Boyhood" "Girlhood" wäre.

Kathryn Bigelow

epa

Wir erinnern uns: 2010 wurde zum ersten Mal eine Frau in der Kategorie "Best Director" ausgezeichnet.

British Invasion

Die Oscars-Vorberichterstattung braucht die Zuspitzung zu einem Duell, dieses Jahr sind Eddie Redmayne und Benedict Cumberbatch (beide nominiert in der Kategorie "Bester Hauptdarsteller") die Paarung, auf die sich viele Medien konzentrieren. (Zwei Briten! Beide haben Stephen Hawking gespielt! Sind Freunde!) Flavorwire hat so ziemlich alles, was es darüber zu wissen gibt, zusammengefasst, aber nirgends erwähnt, dass Redmayne manchmal wie eine Turnlehrerin aussieht, deren Friseur einen schlechten Tag gehabt hat.

Redmaynes größter Konkurrent in Sachen Oscar ist allerdings nicht Cumberbatch, sondern Michael Keaton (nominiert für "Birdman"). Auf der einen Seite also wahre Geschichte/Krankheit/Liebesgeschichte/britische Tweed&Tee-Nostalgie, wie man sie in Hollywood sehr liebt (und irgendwie lebt die Merchant/Ivory-Tradition in den britischen Biopics à la "The King's Speech", "The Imitation Game" und eben "The Theory of Everything" weiter). Auf der anderen Seite "Birdman", ein triumphales Comeback von Michael Keaton (sowas liebt die Academy auch) und natürlich der Tanz auf der Meta-Ebene, die Beschäftigung mit Film und Theater, auch dafür haben die Oscars eine Schwäche. (Ich tippe auf Redmayne, die herrliche Theorie zum Pitt-Hawks-Continuum bestätigt das.)

Eddie Redmayne und Benedict Cumberbatch

flavorwire

Präsentatoren

Die Liste der Schauspielerinnen und Schauspieler, die bei den Oscars ein paar Worte vom Teleprompter ablesen und den Oscar überreichen, wird jedes Jahr stolz ein paar Tage vor der Preisverleihung veröffentlicht und liest sich aber auch jedes Jahr irgendwie gleich (Gwyneth Paltrow scheint z.B. mal einen 10er Block geschenkt bekommen zu haben). Ziemlich mutig, dass man John Travolta auch wieder eingeladen hat: Nachdem er letztes Jahr aus dem Namen Idina Menzel sowas wie Adele Dazeem gemacht hat, hoff ich sehr, dass er die Kategorie "Best Foreign Language Film" präsentiert. (Kann ja alles mal passieren, Obama hat aus James Franco auch James Flacco gemacht). Als Präsentator dabei ist auch David Oyelowo und Brad Pitt hat netterweise schonmal erklärt, wie man den Namen richtig ausspricht.

Ka-ching

Auffällig bei den nominierten Filmen in der "Best Picture"-Kategorie ist die hohe Anzahl der, na, nennen wir sie mal "Nicht-Blockbuster". Clint Eastwoods "American Sniper" ist der einzige Film, der über 100 Millionen Dollar eingespielt hat (über 300 um genau zu sein) - und auch sehr anschaulich: "Fifty Shades of Grey" hat an seinem Startwochenende mehr eingespielt als "Whiplash", "Boyhood" und "The Theory of Everything" gemeinsam.

Die hohe Anzahl der sogenannten "Kritikerfilme" kann sich leicht auf die Zuseherzahlen der Oscarverleihung auswirken. Die Produzenten werden beruhigt sein, dass NPH plant, Ellen DeGeneres Superselfie aus dem letzten Jahr zu toppen, er weiß aber noch nicht genau, wie. (Was genau könnte "Twitter lahmlegen" denn toppen? Ein Triple-Nipplegate?)

bradley cooper

warner

Bradley Cooper in "American Sniper" beim Versuch, sich einen Bart wie "Hangover"-Kollege Zach Galifianakis stehen zu lassen

More Moore

Julianne Moore gilt als eindeutige Favoritin in der Kategorie "Best Actress in a leading role" für ihre Rolle in "Still Alice"; der fantastische Vulture Blog hat schon mal zusammengefasst, wofür die grandiose Schauspielerin schon hätte ausgezeichnet werden sollen.

Julianne Moore in "Still Alice"

Filmladen

Will the real whoever please stand up

Die Oscars lieben wahre Geschichten; die Leute, deren Geschichte verfilmt wird, sind allerdings oft nicht ganz zufrieden damit, wie sie auf der Leinwand dargestellt werden. Wenn Eddie Redmayne den Oscar für seine Darstellung Stephen Hawkings in "The Theory of Everything" bekommt, dann hat das nicht zuletzt damit zu tun, dass Hawking selbst sich mehr als nur positiv über den Film geäußert hat: "I thought Eddie Redmayne portrayed me very well ... at times, I thought he was me." Ringer Mark Schultz - von Channing Tatum in "Foxcatcher" gespielt - hat hingegen eine Hochschaubahnfahrt der Emotionen hinter sich, was seine Meinung über Bennett Millers "Foxcatcher" betrifft. Von "Pretty lousy what the director did to my character huh?" zu "Everything I've ever said positive about the movie I take back. I hate it. i hate it. i hate it. I hate it. i hate it. i hate it. I hate it" bis schließlich zu "Foxcatcher is a miracle". Schultz entschuldigt sich schließlich und bezeichnet sich selbst als "temporarily insane".

Foxcatcher

Festival de Cannes

"Und du bist sicher, dass man das Leiberl unter der Hose trägt?" - Channing Tatum und Steve Carell in "Foxcatcher"

Goodie Bag

Immer ein bizarres Lese-Vergnügen: Die Auflistung der Dinge, die die Nominierten in den Schauspiel-Kategorien und die nominierten Regisseure im Geschenkbeutel mit nach Hause nehmen. Das beste dieses Jahr: ein 20000-Dollar-Gutschein, um bei einer Dame namens Olessia Kantor die eigenen Träume zu analysieren und "Mind Control"-Techniken zu lernen. Vielleicht kann man das in "Zoolander 2" einfließen lassen oder in David Finchers "Strangers on a Train"-Remake, in dem Ben Affleck einen oscarnominierten Schauspieler gibt.

Die Abstimmung

Immer herrlich die Anekdote, dass Chris Martin mal einfach Gwyneth Paltrows Stimmzettel für die Oscars ausgefüllt hat - zumindest in einer Kategorie. Auch nicht schlecht ist die Theorie, dass Mitglieder der Academy ihre Hausangestellten die nominierten Filme auf DVD anschauen lassen und sie dann um ihre Meinung fragen. Am interessantesten sind aber sicherlich die "Brutally Honest Ballots" des "Hollywood Reporter", wo Mitglieder der Academy anonym ihre Meinungen zu den nominierten Filmen abgeben und für wen sie stimmen. ("And as far as the accusations about the Academy being racist? Yes, most members are white males, but they are not the cast of Deliverance")

Everything is awesome

Wenn man sich als Produzent der Oscarverleihung Sorgen um die Einschaltquoten macht, dann engagiert man Lady Gaga. Ich hoffe sehr, dass ich somit meine Lieblingslivetickerphrase "Wetten, Dass-Bühnenbildfundus" auch dieses Jahr anbringen kann. Gaga ist mir egagal, aber egal, was ansonsten bei der Verleihung der Academy Awards passiert, es wird ein super Abend, denn Tegan & Sara werden mit meinen Lieblingen The Lonely Island auftreten ("the little Orson Welles' of the internet" wie Kristen Schaal sie mal bezeichnet hat). Gemeinsam werden sie den Titelsong von "Lego Movie" singen und der wird hoffentlich auch das Motto des Abends: Everything is awesome - oder nein, ich erhöhe und kombiniere und stelle den Abend unter das Motto: The Theory of Everything is Awesome.

The Lonely Island

The Lonely Island

The Lonely Island

Wir treffen uns dann hier vielleicht schon so am späten Sonntag-Nachmittag, hatschen dann gemeinsam über den roten Teppich, wundern uns über Richard Linklaters Stirnfransen und schreiben uns dann durch die Nacht, ich freu mich!