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Petra Erdmann

Im Kino und auf Filmfestivals

15. 2. 2015 - 13:11

So sehen Sieger aus: Taxi Iran

Die Gewinner der 65. Internationalen Filmfestspiele in Berlin.

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Berlinale, Cannes, Venedig, oder Viennale. Die wichtigsten Filmfestivals auf

Die 65. Internationalen Filmfestspiele in Berlin gehen heute zu Ende. Gestern Abend hat sich die internationale Jury unter dem Vorsitz von US-Regisseur Darren Aronofsky für den Golden Bären wie folgt entschieden: "Taxi" war für die Jury der beste Film auf der Berlinale. Die kleine Darstellerin und Nichte des Regisseurs Jafar Panahi hat den Award anstelle ihres abwesenden Onkela entgegen genommen.

Hana Saeidi, Darstellerin im Film "Taxi", hält einen Goldenen Bären in der Hand

Richard Hübner, Berlinale 2015

2010 wurde der Filmemacher Jafar Panahi wegen Propaganda gegen die iranische Regierung zu zwanzig Jahren Berufsverbot und sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Urteil, das inzwischen in Hausarrest umgewandelt wurde. Panahi darf sein Land nicht verlassen und keine Interviews geben. Seitdem dreht Panahi in seiner Heimat geheim Filme. Seine neueste Produktion musste aus Teheran nach Berlin geschmuggelt werden, um im Wettbewerb der Berlinale zu laufen.

Neben Cannes und Venedig ist die Berlinale unter den A-Festivals in Europa traditionell das Steckenpferd für politisches Arthouse-Kino. Es gab Jahre, in denen sprödes Welt-Kino die Nase vorn hatte. Heuer aber war das Qualitätslevel der Wettbewerbs-Beiträge durchgehend sehr hoch, in ihrer singulären Machart spannend und vielfältig. Unter 19 internationalen Produktionen hat die Jury gestern ihre Hauptpreisträger ausgewählt - Produktionen, die allesamt mit feinsinnigem Humor und düsterer Gesellschaftskritik bestechen.

"Taxi", fast schon eine semi-dokumentarische Komödie, hat schweren Stoff zu bieten. Der Regisseur selbst tritt als Taxifahrer an. Er hat eine Kamera am Armaturenbrett fixiert und beobachtet seine Fahrgäste, die ihren Chauffeur ins Gespräch verwickeln. Vom über die Todesstrafe sinnierenden Hardliner bis zur Menschenrechtsanwältin, gespielt von der wichtigsten Filmkritikerin des Landes - Jafar Panahi formt seinen subtil harschen filmischen Kommentar über Bürger, die unter einem repressiven Regime leben. Unter verschärften und für Jafar Panahi gefährlichen Bedingungen entstanden, überzeugt "Taxi" mit seiner latent unerschrockenen Alltagsschilderung, wo sich autoritäre Politik in der fehlenden Freiheit, Filme zu machen, symbolisiert.

Der zweitwichtigste Preis der Berlinale, der Große Preis der Jury, ging an den Chilenen Pablo Larrain für "El Club". "El Club", so hat die Berlinale-Jury prophezeit, ist am besten Weg, ein Kinoklassiker zu werden. Es besticht als herrlich dunkles und erstaunlich direktes Machwerk über die doppelte Moral der katholischen Kirche. Larrain verdichtet das bizarre Treiben von exkommunizierten Priestern in einer Wohngemeinschaft zur explizit harten Kirchenkritik.

Die Silbernen Bären für die Beste Regie räumten ex aequo der rumänische Regisseur Radu Jude für den sarkastischen Historienfilm "Aferim!" über Xenophobie und die Polin Malgorzata Szumowska für ihren Film "Body" ein. "Body" skizziert die schiefe Beziehung einer jungen Magersüchtigen zu ihrem Vater und die Probleme, die in einem noch immer erzkatholischen Polen mit Spiritualität bekämpft werden.

Das britische Kammerspiel "45 Years" von Andrew Haigh handelt von einer Ehe, die ein halbes Jahrhundert gehalten hat und abrupt erschüttert wird. Tom Courtenay und Charlotte Rampling wurden für ihre schauspielerischen Leistungen mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet.

Alle Preisträger der Berlinale 2015 unter berlinale.de.

Silberner Bär für  Charlotte Rampling

Richard Hübner, Berlinale 2015

Silberner Bär für Charlotte Rampling