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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

14. 2. 2015 - 15:00

Schöne Sätze

Alltagsweisheiten, Banalitäten, Widersprüchlichkeiten und Oneliner. Unter anderem mit Slavoj Žižek, Ethan Hawke und Marilyn Manson.

Edward Norton, Schauspieler, über die Funktion von Kunst
Wirklich gute Musik oder gute Filme oder wirklich gute Bücher sind ein Gegengift.
(Interview Magazin)

Christoph Prantner, Journalist, über die Bedeutung von Satire
Es ist alles lächerlich, wenn man an das Leben denkt. Es ist lebendig, wenn man alles lächerlich macht.
(Der Standard)

Marilyn Manson, Musiker, über seinen vermutlichen Lebensabend
Wahrscheinlich ende ich irgendwann in Las Vegas wie Frank Sinatra. Dann singe ich Easy-Listening-Versionen von "The Beautiful People". Was ein Heidenspaß werden könnte.
(Playboy)

Noel Gallagher, Musiker, über deutschen Hip Hop
Wollen sie ernsthaft behaupten, es gäbe soetwas wie deutschen Hip Hop? Deutscher Rap? Come on! Das ist mit Abstand das absurdeste, was ich in den letzten Jahren gehört habe: Rap mit deutschen Texten! Heilige Scheiße!
(Spex)

Karl Lagerfeld, Modedesigner, über das Autofahren
Ich habe meinen Führerschein schon mit 17 gemacht. Nach zwei Autounfällen bin ich nie wieder selbst gefahren. Mit meinem Mercedes bin ich mal gegen einen Baum gerast, und mein Porsche landete im Graben. Beide Male war ich eingeschlafen. Wissen Sie, immer nur stumpf geradeaus zu schauen, ist wahnsinnig langweilig. Und das ermüdende Geräusch von Motoren! Ich vermisse das nicht.
(Interview Magazin)

Karl Lagerfeld

APA/dpa-Zentralbild/Jens Kalaene

Jarvis Cocker, Sänger, über die Ära des Britpop
Ich kann gar nicht glauben, dass ich jetzt das Wort Britpop ausspreche. Es ist ein schreckliches Wort. OK, als das Ganze im Begriff war, groß zu werden, war ich auch ganz aufgeregt. Dafür schäme ich mich auch nicht. Das Traurige an der ganzen Sache war, dass die Musik letztlich nur die Sixties nachstellen wollte. Es war wie: Hey, hoffen wir, dass wir nochmal einmal Fußballweltmeister werden - eine ganz, ganz öde Angelegenheit!
(FAQ)

Noel Gallagher, Musiker, über den immensen Erfolg des Singer-Songwriters Ed Sheeran
I don’t think I can live in a world where that’s even possible. When you hear that kind of polished pop and then there’s a ginger guy with a fucking guitar it seems subversive, but it’s not.
(NME)

Marilyn Manson, Musiker, über die aktuelle Celebrity-Kultur
Als ich anfing, gab es diese Celebrity-Kultur nicht. Natürlich gab es Andy Warhol und seine 15 Minuten Ruhm. Ich finde, heute überschreiten einige Leute ihre 15 Minuten. Der rote Teppich müsste mal ein bisschen gefegt werden.
(Interview Magazin)

Jarvis Cocker, Sänger, über die Stahlindustrie in seiner Heimatstadt Sheffield
Ich finde auch in Phänomenen wie einer industriellen Landschaft so etwas wie Erotik. Das war bei Pulp immer wichtig.
(FAQ)

jarvis cocker hat jeweils ein auge auf die handinnenfläche gemalt.

Radio FM4 / Ute Hölzl

Jarvis Cocker

Paul Thomas Anderson, Regisseur, über seinen Filmkonsum
At this point in my life, I’m guilty as anybody else watching something on my phone, or on Youtube. I used to watch three movies a day, sitting on my couch. Now I have four kids and I’m watching things in a different way. I’m watching a 10-minute piece of something, or I’m watching a music video, or I’m seeing a clip from some TV-show, or watching a trailer for a movie rather than seeing the actual movie.
(Total Film)

Peter Matic, Schauspieler, über gelungene Theaterabende
Das Schöne ist, dass etwas Einmaliges verweht. Die richtige Konstellation, die richtige Temperatur, der richtige Tag, die richtige Stunde: unwiederholbar. Dieser Gedanke hat eine Qualität - wenngleich er ein bissl traurig ist.
(Der Standard)

Ethan Hawke, Schauspieler, über seinen Blick auf Kunst- und Kommerzkino
Joe Dante taught me a great love of genre films. I never had the high art/low art kind of thing. There’s movies that people put thought into, and there’s movies that people didn’t. There’s some incendiary punk rock films that were made disguised as drive-in movies, and there’s some really pretentious crap out there that was called an art film.
(Total Film)

Paul Thomas Anderson, Regisseur, über den komplizierten Plot seines Films "Inherent Vice"
Man muss das Publikum dazu bringen, den Film zu genießen, ohne dass es ständig nach dem Clou des Ganzen sucht. Das ist der Job. Ich persönlich kann Plots von Filmen ohnehin nie richtig folgen. Ich erinnere mich an die Namen nicht, verliere mich in Nebensächlichkeiten.
(Der Standard)

Paul Thomas Anderson

Warner

Paul Thomas Anderson

Marilyn Manson, Musiker, über seine Kindheit
Ich wurde oft verprügelt. Und ich hätte mich auch verprügelt, denn ich habe mich nie gewehrt. Ich hätte also leicht die Person werden können, die man oft mit meiner Musik in Verbindung bringt: das Kind, das in der Schule fertiggemacht wird und mit einer Waffe zurückkommt. Ich habe stattdessen einen Dildo in den Schreibtisch meiner Lehrerin gelegt und bin von der christlichen Schule geflogen.
(Interview Magazin)

Karl Lagerfeld, Modedesigner, über das Phänomen des Normcore
Ja, okay, das ist alles gut und schön, aber dass die Leute alle anonym sein wollen, macht das Leben auch langweilig. Ein bisschen Relief und Leute, die sich Mühe geben irgendwie, die anders sein wollen, das bewundere ich mehr als all diese Schattengewächse.
(Interview Magazin)

Christian Schachinger, Journalist, über linkradikalen Protestrock
Beim Widerstandleisten in zersplitternden linken und anarchistischen Zirkeln (oder zumindest im Proberaum und Studio) muss man am Ende wahrscheinlich zwangsläufig an einen Punkt gelangen, der uns allen nicht behagt: "Wir" gegen "Sie" funktioniert eine Zeitlang gut als auch von Moral unterfütterte Lebensverbesserungshaltung, oder zumindest Pose. Man muss da immer sehr vorsichtig mit Wertungen sein. Am Ende setzt sich allerdings mitunter die Erkenntnis durch, dass es ein "Ich" gibt, das nicht zu "Wir" gehört, sondern auch Teil von "Ihnen" ist.
(Der Standard)

Marilyn Manson, Musiker, über seine Rolle als Sündenbock bei Highschool-Amokläufen
Ich wurde für insgesamt 37 Schießereien an Schulen verantwortlich gemacht. Worauf ich nicht stolz bin, aber wenn es einen Grammy für High-School-Schießereien gäbe, hätte ich ihn wohl verdient.
(Playboy)

Marilyn Manson

Universal Music

Marilyn Manson

Ortwin Renn, Risikoforscher, über problematische Reaktionen auf Terror-Ängste
Mein Kollege Gerd Gigerenzer hat ausgerechnet, dass nach den Anschlägen in New York 2001 viele nicht mehr das Flugzeug benutzt haben und stattdessen das Auto. Folglich sind dreimal mehr Personen im Autoverkehr gestorben als bei den Anschlägen selbst.
(Der Standard)

Helmut Ploebst, Journalist, über symbolische Kriegsführung
Krieg ist immer. Auch im Frieden. Im harmonischen Heim, in der vermeintlichen Liebe und im sozialen Alltag. Schnell wird da ein Mensch symbolisch hingerichtet, gemobbt oder verleumdet. Im Krieg passiert eigentlich nichts außer der Verstärkung des sozialen Gifts, in dem alle täglich waten und atmen.
(Der Standard)

Ortwin Renn, Risikoforscher, über die ungleiche weltweite Verteilung von Lebenschancen
Die besondere Situation ist heute, dass die sehr Reichen nicht einmal mehr den Versuch unternehmen zu rechtfertigen, warum sie so reich sind. Wenn wir heute sehen, dass ein amerikanischer Spitzenmanager 137-mal so viel verdient wie seine eigene Angestellte, wird es schwierig, eine Rechtfertigung zu finden, die diese Größenordnung auch nur in irgendeiner Weise plausibel machen könnte. In dem Moment aber, wo die Rechtfertigung fehlt, haben diejenigen, die unten sind, keinen Grund mehr, das weiter zu akzeptieren. Das kann zu Apathie führen, aber auch zu einem Aufstand, zu Rückzug in den Fundamentalismus und im Extremfall zu Terrorismus.
(Der Standard)

Seth Rogen, Komödiant, über die Kriegserklärung Nordkoreas gegen seinen Film "The Interview"
In terms of getting the word out about the movie, it's not bad. If they actually make good on it, it would be bad for the world - but luckily that doesn't seem like their style. Although it did worry my mother. For a Jewish mother, having a country wage war on your son is the worst. No Jewish mother should have to deal with that.
(Rolling Stone)

The Interview

Sony

James Franco & Seth Rogen in "The Interview"

Slavoj Žižek, Philosoph, über die aktuelle Bedrohung durch religiösen Fundamentalismus
Über eine Antwort auf die Pariser Morde nachzudenken bedeutet, die Selbstgefälligkeit eines permissiven Liberalen aufzugeben und zu akzeptieren, dass der Konflikt zwischen liberaler Toleranz und Fundamentalismus letztlich ein falscher Konflikt ist - ein Teufelskreis zwischen zwei Polen, die sich gegenseitig schaffen und bedingen. Was Max Horkheimer schon in den 1930er-Jahren über Faschismus und Kapitalismus gesagt hat - dass die, die nicht kritisch über den Kapitalismus sprechen wollen, über den Faschismus schweigen sollen -, das sollte auch auf den heutigen Fundamentalismus angewendet werden: Wer nicht kritisch über die liberale Demokratie reden will, der sollte über den religiösen Fundamentalismus schweigen.
(Der Standard)

Marilyn Manson, Musiker, über die amerikanische Politik
Es nennt sich zwar Demokratie, und dieses Format versuchen wir auch allen aufzudrücken, also selbst denen, die es gar nicht wollen, aber im Grunde ist es die Herrschaft des Geldes, der multinationalen Konzerne und der oberen Zehntausend. Weshalb Obama ganz still und heimlich ruihigestellt und handlungsunfähig gemacht wurde - weil er den Mächtigen zu liberal gehandelt und nicht genug Profit verschafft hat, der ja auf Rüstung, Kriegen und Invasionen basiert. Deshalb kehren wir jetzt zurück zum republikanischen System der Marke Bush: Die ganzen Reformen in Gesundheit, Sozialwesen und Bildung werden wieder abgeschafft, dann wird aufgerüstet und irgendwo einmarschiert.
(Playboy)

Rüdiger Lohlker, Islamwissenschafter, über die Rolle der Muslime bei der Deradikalisierung
Es wäre die größte Dummheit, jetzt auf Repression zu setzen und jeden Muslim unter Verdacht zu stellen - damit betreiben wir das Geschäft der Terroristen. Wir haben seit 2001 einen "War on Terror" - das Ergebnis davon ist der "Islamische Staat". Wir müssen überlegen, wo wir Muslime finden, die diesem Extremismus kritisch-fundiert entgegenhalten können.
(Der Standard)

Slavoj Žižek, Philosoph, über die altertümliche Haltung der IS
Die der Globalisierung im Namen von bedrohten Traditionen Widerstand leisten, sprechen bereits die Sprache der Modernität. Ihr Inhalt mag altertümlich sein, aber ihre Form ist ultramodern. Statt die IS als eine Form extremen Widerstands gegen Modernisierung zu sehen, sollte man sie sich eher als einen Fall pervertierter Modernisierung vorstellen.
(Der Standard)

Stephan Lessenich, Soziologe, über die Tatsache, dass Maschinen den Menschen keine Arbeit abnehmen
Alle technologischen Revolutionen, einschließlich der jüngsten informations- und kommunikationstechnologischen Revolutionen haben dazu geführt, dass die Arbeit immer mehr wird und die Arbeitszeiten ausgedehnt bzw. die Arbeitsintensitäten erweitert werden. Es gibt - jedenfalls im Kontext kapitalistischer Vergesellschaftung - eine enge Koppelung von technologischer Entwicklung und der Verausgabung von Arbeit.
(Der Standard)

Ortwin Renn, Risikoforscher, über das Positive am Risiko
Wenn ich ein Risiko bewusst eingehe, um Chancen oder Erfahrungen damit zu verbinden, ist das sehr positiv. Wenn eine Gesellschaft versucht, alle Risiken auf null zu setzen, wäre sie nicht mehr wandlungsfähig. Man sagt nicht umsonst, dass die Kehrseite des Risikos die Chance ist. Wenn man sich zum Beispiel neu verliebt, ist es auch immer ein Risiko.
(Der Standard)

Stephan Lessenich, Soziologe, über das Recht auf Faulheit
Man muss schon selber daran arbeiten, weniger zu arbeiten. Individuell sind die Möglichkeiten natürlich reduziert, die allerwenigsten können über ihre Arbeitszeit und die Formen ihrer Arbeitsverausgabung selbst bestimmen. Die Arbeit an der Arbeit ist eine kollektive Arbeit. Wir müssen uns darüber verständigen, dass die gegenwärtige Form der Produktion und Reproduktion dieser Gesellschaft, nämlich über immer mehr Wachstum und Arbeit, selbstzerstörerisch ist, dass sie unser Leben nicht glücklicher macht.
(Der Standard)

Ethan Hawke, Schauspieler, über die Wichtigkeit der Langeweile
It’s amazing to me how more and more they come up with things that are supposed to save us time, and all that happens is everyone gets busier. Nobody’s bored anymore. Being bored was the springboard for all the best times in my life. Boredom is the great aphrodisiac, the great provocateur. But we’re all devising ways to make sure our brains don’t have a second to be contemplative at all.
(Total Film)

Boyhood

UPI

Ethan Hawke in "Boyhood"