Erstellt am: 11. 2. 2015 - 19:19 Uhr
The daily Blumenau. Wednesday Edition, 11-02-15.
#fußballjournal15
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Eine Art Teil 1 zum heutigen Eintrag findet sich hier in The daily Blumenau. Thursday Edition, 05-02-15. Wie bulliger Eifer die Fiktion einer Transferrekord-Liga ermöglicht. Und warum der Ausbildungsliga die Ausbildung so schwerfällt.
Wenn Journalisten bei einer reinen Präsentations-Pressekonferenz applaudieren, und zwar auch noch auf Aufforderung, dann befinden wir uns in einem redaktionellen Bereich, dem es schwer fällt, sich mit der Rolle des Berichterstatters und (In)Fragestellers zu begnügen, in einer Sparte, wo sich die Journalisten als Mitspieler oder bewussten Propagandisten sehen. Also im Bereich Sport/Fußball.
Wenn dann auch noch der Vertreter des Hauptsponsors, ein international agierender Wettanbieter, die Anwesenden zu konkreten Kooperationen aufruft, verspricht kreative Ideen umzusetzen, dann handelt es sich um die oberste Liga: die österreichische Bundesliga bat gestern und heute zu ihren Frühjahrsauftakt-Pressekonferenzen.
Drei der vier evidenten Baustellen der Liga/des österreichischen Fußballs kamen bei diesen Veranstaltungen nicht vor. Sie waren erst kürzlich in der lobenswerten Initiativ-Präsentation Universum Bundesliga Thema; allgemein und grundsatzphilosophisch, immerhin. Die konkreten, aktuell augenfälligen Probleme in den Bereichen Infrastruktur, Imagekorrektur und den Zusammenhängen zwischen Spielsucht und Spielmanipulation kamen nicht vor.
Einzig die dauerschwelende Debatte um das Ligenformat wurde thematisiert. Man werde nächste Woche eine Podiums-Diskussion veranstalten, die dann doch wohl eher eine öffentliche Belehrung über die für die Verantwortlichen unumstößliche Tatsache werden wird, dass die 2x10-Formel inklusive der siechen 2. Leistungsstufe das alleinseligmachende Konzept ist.
Überzeugender wäre diese leicht anmaßende Herangehensweise dann, wenn die 20 aktuellen Profiklubs die ohnehin schon laschen, mit diversen Hintertürchen versehenen und immer erst in der Zukunft greifenden Infrastruktur-Vorschriften auch befolgen würden und so die Fiktion, dass überhaupt mehr als nur ein Dutzend für Profifußball im europäischen Sinn geeigneten Vereine existieren. Etwa das - wir haben Winter - logische Thema Rasenheizung. Die Liga hat dazu ja Verbindlichkeiten beschlossen (samt Fluchttüren).
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Bis auf die Großklubs aus Wien, Salzburg und Graz sowie den Kleinvereinen in Innsbruck und Ried sah es da bis dato bitter(kalt) aus - der WAC rüstet nun ebenso nach wie Altach, von Seiten der beiden potentiellen Absteiger sind nur laue Wasserstandsmeldungen erhältlich; den wirklich großen Krapfen legt aber Grödig auf die Schienen: Manager Christian Haas sprach im gestrigen ORF-Kurzsport von der Rasenheizung in der Möglichkeitsform ("dass man's machen sollte, drüber brauch' ma nicht sprechen") und ließ verlauten, dass es bei ihm auch im nächsten Winter noch keine geben werde. Das ist derselbe Bewusstseinsstand wie im Vorjahr - die verpflichtende Vorschreibung hat an der Selbstsicherheit, mit der Grödig der Liga auf der Nase herumtanzt, nichts geändert.
Die Kalkulation ist simpel: wenn die Liga keine Ausnahme-Bestimmungen einschleift, werden sie sowieso keine zehn Vereine für Liga 1 und gar keine Clubs für Liga 2 finden, womit das Geschäftsmodell Profifußball in Österreich gestorben ist. Also wird die Liga, um sich selber und ihre Mitglieder am Leben zu erhalten, Auswege finden (müssen), weshalb besonders schlaue Sparfüchse jetzt schon die entsprechenden Investitionen abrechnen.
Von Seiten der Bundesliga ist zu dieser plumpen, aber dann wieder auch raffinierten Erpressung nichts zu hören.
Das dritte Problemfeld ist der schon bei der Universum-Präsentation angesprochene Versuch einer Imageverbesserung/steigerung. Eigentlich sollte man meinen, dass dank einer österreichischen Medienwelt, in der David Alaba als gigantischer Popstar gehandelt wird, und in der auch andere Teamkicker mehr als nur gut ankommen, derlei nicht mehr nötig ist. Vor allem bei der jüngeren Generation sind heimische Fußballer dank ihrer offensiven Selbstvermarktung via Social Media überaus präsent, können sich auch als für die Wirtschaft interessante Partner etablieren und bedürfen keiner Image-Kampagne.
Die diesbezüglichen Pläne zielen eher darauf ab die klassischen Minderwertigkeits-Komplexe der Fußballverantwortlichen (also der älteren prädigitalen Generation) anzusprechen. Denn in dieser Alterskohorte halten sich die alten Mythen Fußballer = Prolo-Trottel. dazu kommt der immer neidige Blick auf den in jeder Hinsicht deutlich cleverer agierenden Skiverband.
Letztlich beuten diese sicher nicht billigen Kampagnen die persönlichen wunden Punkte von sprach- und inhaltsschwachen Präsidenten aus.
Das zeigt auch die erste Wahl der ersten Kampagne, der von Tipico, dem Liga-Sponsor. Die haben allen Ernstes Michael Konsel als Testimonial für eine Werte-Kampagne (Sicherheit, Verlässlichkeit und Integrität) engagiert, die er "mit Inhalten füllen" soll. Ausgerechnet Konsel, den Seitenblicke-Bonvivant, der nicht einmal bei seinem Auftritt bei Dancing Stars überzeugen konnte, der bei seinen Experten-Jobs die inhaltsleersten Stehsätze absondert.
Ende Februar wird jedenfalls eine weitere Image-Kampagne lanciert. Man darf sich schon ein wenig fürchten.
Der letzte der wunden Punkte, die vierte Baustelle ist die des Fair Play in punkto Spielmanipulationen. Da hat die Liga ja klare Bekenntnisse in die Welt gesetzt und wird in der 30. Runde (also Ende April) einen Schwerpunkt anbieten.
Zwischenzeitlich findet man aber die Teilnahme an Poker-Turnieren lässig. Vom großen Grundproblem, dass der gesamte Bewerb von einem Sportwettenanbieter gesponsert wird, gar nicht erst zu reden. Und dass seit heute ein in negativer Hinsicht klassischer Wettbüro-Betreiber neuer Sponsor der Admira ist, macht alles nicht leichter.
Natürlich kann man den Zusammenhang zwischen Spielsucht, der Verleitung zu Wetten, der besonderen Gefährdung der Fußballspieler ausgesetzt sind und dem direkten Zusammenhang zu Wettbetrug (die Manipulatoren sprechen ihre Opfer gezielt an, manche werden auch richtiggehend angefixt) ausblenden. Letztlich wird aber eine solche in sich unschlüssige Doppelstrategie (Wetten - eh urlässig! Profipokern - echt geil! Süchtig werden - echt arm! Manipulieren - voll pfui!) niemanden überzeugen können.
PS:
Ralf Rangnicks erste Amthandlung als neuer De-Facto-Alleinherrscher bei RB Leipzig war die schnelle Trainer-Entlassung. So wie sich Ober-Zampano Mateschitz kürzlich über Coach Adi Hütter geäußert hat, schwebt da kein schönes Schwert über dessen Haupt. Außerdem sprach der Red Bull-Boss auch offen darüber, wie man UEFA-Vorschriften umgeht. Passt doch irgendwie echt gut in die heimische Nasentanz-Liga.