Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Die Grammys 2015"

Christian Lehner Berlin

Pop, Politik und das olle Leben

9. 2. 2015 - 17:19

Die Grammys 2015

"Stay With Me": Warum der Song des Jahres von Sam Smith ein Plagiat ist und von wem er wirklich stammt.

Sam Smith war mit vier goldenen Grammophonen der Gewinner der diesjährigen Grammys und es gab und gibt wahrlich Unwürdigere. Aber trotzdem macht der Music Lover in mir bei "Stay With Me", dem "Song of the Year", den Kanye und stürmt auf die Bühne, um dort – nein, nicht Beyoncé – sondern den Rockveteranen Tom Petty zu lobpreisen, der übrigens für das "Rock-Album des Jahres" nominiert war (Gratulation an Mr. Hansen an dieser Stelle!).

Sam Smith Grammy

APA/EPA/ROBERT GAUTHIER / POOL

Sam Smith und sein Grammy für den "Song of the Year"

Denn die Ähnlichkeit von "Stay With Me" mit dem Tom-Petty-Klassiker "I Won’t Back Down" aus dessen Millionen-Seller-Album "Full Moon Fever" (1989) ist ziemlich eineiig. Daran gibt’s kein Herumdeuteln. Dabei muss man gar nicht von böser Absicht reden. Denn wer kennt das nicht? Diese eine Idee, die man in einem genialischen Moment unter der Dusche hatte!

Doch später muss man sich eingestehen, dass es bloß ein bereits bestehendes Filmzitat, eine Geschäftsidee oder von mir aus auch ein Kochrezept war, das aus dem Unterbewusstsein hochgespült wurde. Es ist bitter, wenn sich der vermeintliche Heureka-Moment als Plagiatsimpuls entpuppt. Als etwas Aufgeschnapptes und Abgelegtes. Etwas bereits Gedachtes oder - wie in diesem Fall - Gesungenes.

Kanye (almost) doin' the Kanye - also rauf auf die Bühne und den Moment des Triumphes ungefragt für Beyoncé enteignen. Hier bei Beck für das "Album Of The Year" bei den diesjährigen Grammys und 2009 bei Taylor Swift während der MTV Music Video Awards (VMA).

Eine pragmatische Lösung

Was im Fall von "Stay With Me" bereits beim Release des Stücks im Mai 2014 für Unmut unter den Tom-Petty-Fans sorgte, schob sich nach den Nominierungen für die diesjährigen Grammys im vergangenen Dezember wohl auch bei den Managern von Sam Smith nach und nach ins Bewusstsein.

Und so konnte Tom Petty Ende Januar noch rechtzeitig vor der Verleihungsgala in seinem Blog "about the Smith thing"schreiben, dass eh alles cool wäre: "A musical accident no more no less. In these times we live in this is hardly news. I wish Sam all the best for his ongoing career. Peace and love to all." Was der Ober-Heartbreaker nicht erwähnte, erzählt Wikipedia im Eintrag zu "I Won’t Back Down", nämlich dass Petty und Co-Autor Jeff Lynne (of ELO fame, Gratulation zu der soliden Live-Performance an dieser Stelle!) nachträglich als Autoren von "Stay With Me" anerkannt und mit 12,5% an den Verwertungsrechten beteiligt wurden.

"The word lawsuit was never even said", schrieb Petty in seiner Nachricht an die Fans. Bei der frappanten Ähnlichkeit der beiden Songs und der Gefahr einer nachhaltigen Beschädigung der in den USA erst aus den Startlöchern gekomnenen Karriere des Adele-Nachfolgers Sam Smith nur allzu verständlich.

Gratulation also an alle Beteiligten dieser Affäre für ihre pragmatische Fairness, an alle diesjährigen GewinnerInnen dieses weltwichtigen Industriegemangels sowieso und insbesondere an St. Vincent für "Best Alternative Album of the Year" und den österreichischen Produzenten Wolfgang "Wolfi" Schiefermair. Der zwischen Berlin und Wien werkende Tonmeister zeichnet für die Produktion des Klassik-Albums "City Noir" von John Adams verantwortlich, das den Preis für "Best Orchestral Performance" erhielt.

Schiefermair, der sonst auch mal die Regler für Mono & Nikitaman schiebt, verpasste für das selbe Werk zwar den Grammy "Best Engineered Album, Classical". Es ist jedoch anzunehmen, dass allein die Nominierung in dieser Kategorie für Schiefermair wichtiger war als die fetten Royalty-Checks für die Popadeligen Petty und Lynne.