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Elisabeth Scharang

Geschichten über besondere Menschen und Gedankenschrott, der für Freunde bestimmt ist.

7. 2. 2015 - 14:30

Wir hacken die Wirtschaft

Uwe Lübbermann, Gründer von Premium-Cola in Hamburg, über die Macht der KonsumentInnen.

Ich habe Uwe Lübbermann das erste Mal bei einer Veranstaltung für nachhaltige Start-up-Unternehmen reden hören. Er saß da wie ein Kranfahrer, der es gewohnt ist, über den Dächern der Stadt die Ruhe zu bewahren, wenn Wind aufkommt.
Dann begann er über eine Utopie zu erzählen, die er für sich mal so durchgedacht hatte:

Stellt euch vor, ein paar hundert Menschen tun sich zusammen, weil sie alle auf ein und dasselbe Produkt stehen. Sie wollen, dass ihr Lieblingsgetränk zu fairen Preisen an Orten verkauft wird, an denen sie sich wohl fühlen, von Menschen, die sie mögen und die gute Arbeitsbedingungen haben.

FM4 Auf Laut

    Ja eh, lieb. Dachten sich die jungen UnternehmerInnen in dem sommerheißen Raum und waren beschäftigt, Visitkarten auszutauschen.

    Und so machen wir das seit 13 Jahren. Schließt Uwe Lübbermann seinen pointierten Vortrag. Wir haben keine Schulden, ein Wachstum von 50% pro Jahr. Wir machen keine aggressive Werbung und wisst ihr, was unfassbar geil ist: Ich kann davon leben, nett zu sein.

    Die Kinnladen der JungunternehmerInnen liegen auf dem Boden.

    Elisabeth Scharang

    David gegen Goliath. Und dann kam die Plastikflasche.

    Gehen wir zu den Anfängen von Premium-Cola. Es war einmal ein unzufriedener Kunde. Der eines Abends nach einem langen Arbeitstag in seiner Badewanne saß und an seiner Lieblingscola zog. Aber der Koffeinkick blieb aus. Auf dem Etikett konnte er nichts von einer Änderung der Rezeptur finden. Also machte er sich auf, den Grund für diese Einbuße an Lebensqualität zu suchen.

    Uwe Lübbermann: "Ich bin nach Köln zu Afri-Cola gefahren und die haben mir gesagt, dass sie die Marke verkauft haben und die neuen Eigentümer damit großes Business machen wollen. Sie haben also die Rezeptur verändert, wollten das aber nicht kommunizieren. So geht das aber nicht! Wir haben zwei Jahre mit denen geredet; wir waren 780 KundInnen, die unzufrieden waren. Die haben sogar jemanden eingestellt, der uns betreuen sollte. Und dann haben sie die Plastikflasche eingeführt. Wieder ohne uns zu fragen! Aber das geht nicht.

    Premium-Cola

    Ich bin der Kunde, der die Flasche kauft, also Träger des Systems, und letztlich Arbeitgeber von dem Vorstandsvorsitzenden, der mich anlügt und deswegen darf der das nicht.
    Ich hab dann einen Hersteller gefunden, der noch die Originalrezeptur hatte und wir haben mal die ersten 1.000 Flaschen füllen lassen. Das ist nun 14 Jahre her."

    "Einen Systemwechsel trau ich uns nicht zu, aber einen Systemwandel."

    Bei Premium-Cola ist es ein Kollektiv von allen Beteiligten, die nach dem Prinzip Konsensdemokratie entscheiden. Die Speditionen, die Abfüller, die VerkäuferInnen, die KundInnen – wenn man alle im Boot hat, wird solange geredet, bis alle einverstanden sind. "Es hat sich gezeigt, dass man durch gegenseitiges Zuhören eigentlich recht schnell zu einer stabilen Entscheidung kommt, weil letztlich alle dasselbe wollen."

    Uwe Lübbermann, Gründer von Premium-Cola in Hamburg

    Elisabeth Scharang

    Am Dienstag kommt Uwe Lübbermann nach Wien, um in FM4 Auf Laut live aus dem Radiocafe mit dem Publikum und der Hörerschaft über einen Systemwandel zu diskutieren und um über einen Anti-Mengenrabatt, über Arbeiten ohne schriftliche Verträge, über Störenfriede in einem Kollektiv und die Macht der kleinen Unternehmen zu erzählen. Die Sendung ist Abschluss des Thementages auf FM4 über Demokratie und Wirtschaft: Gibt es eine sozial gerechte Wirtschaftspolitik? Wie funktioniert eine demokratische Bank? Wie effizient sind hierarchische Strukturen? Und wie gründet man ein demokratisches Unternehmen?

    FM4 Auf Laut mit Uwe Lübbermann um 21 Uhr live auf FM4 und bei freiem Eintritt im Radiocafe in der Argentinierstraße 30a, 1040 Wien. Moderation: Elisabeth Scharang.
    See you there!