Erstellt am: 6. 2. 2015 - 16:39 Uhr
Alan Cope – sein Leben als Graphic Novel
Es sind doch häufig die zufälligen Begegnungen, die lange nachwirken.
Im Leben des Amerikaners Alan Cope trifft das mehrfach zu. 1994 begegnet der 69jährige an der französischen Atlantikküste zufällig einem Spaziergänger, der sich verlaufen hat. Der Suchende ist Emmanuel Guibert, heute einer der wichtigsten französischen Comiczeichner, damals am Beginn seiner Karriere.
Drei Begegnungen später sind sie Männer Freunde, erinnert sich Guibert.
Der Comiczeichner ist von dem um 40 Jahre älteren Amerikaner umgehend beeindruckt. Vor allem von seinen Lebenserinnerungen und seinem bemerkenswerten Gedächtnis.
Alan Cope ist ein guter Erzähler, Emmanuel Guibert ein guter Zuhörer. Schon bald schlägt Guibert vor, die Erzählungen zu zeichnen.
Edition Moderne
1925 kommt Alan Cope in der Nähe von Los Angeles auf die Welt. Ein nachdenkliches, eher scheues, kränkliches Einzelkind, das in einer einfachen Umgebung aufwächst - inmitten einer damals noch unberührten Natur. Er erinnert sich an Ausflüge in diese, an Kinderspiele, an Alltägliches, wie typische Mahlzeiten oder für ihn Außergewöhnliches wie die ersten Papiertaschentücher oder den ersten Farbfilm.
Alan Copes Kindheit endet jäh und tragisch – seine Mutter stirbt in Folge einer Operation. Der Verlust ist für den Elfjährigen mit schweren Schuldgefühlen verbunden.
Rückblickend habe ihm aber das frühe Fehlen seiner Mutter die Angst vor den Ungeheuerlichkeiten des Krieges genommen.
Emanuel Guibert/Edition Moderne
Edition Moderne
"Als ich 18 wurde, sagte Uncle Sam, ich solle eine Uniform anziehen und gegen einen Typen namens Adolf kämpfen. Das tat ich dann."
Alan Cope zieht im Februar 1945 in den Krieg. Beziehungsweise dem Krieg hinterher, vom zerstörten Le Havre aus über Geisterstädte und kleine Dörfer via Deutschland nach Tschechien.
Für ihn ist das eine abenteuerliche Reise – er schließt schnell Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung – interessant auch, wie diese auf die Amerikaner zugehen.
Nach Kriegsende kehrt Alan Cope wieder in die Staaten zurück, um dann nach Europa auszuwandern.
Viele Jahre später sucht er Kontakt zu einigen, für ihn damals wichtigen Menschen. Diese Suche geht (noch ohne Internet) nur über Umwege. Er schreibt etwa den Autor Henry Miller und den mexikanischen Literaturnobelpreisträger Oktavio Paz an.
Einen Freund findet er, als er von Truman Capote "Kaltblütig" liest. In der wahren Gerichtsverhandlung erwähnt Capote den Gefängnispfarrer James E. Post.
"Ich schrieb dem amerikanischen Verleger und fragte, ob es möglich wäre, den beigelegten Umschlag, den ich unverschlossen gelassen habe, an Reverend James E. Post weiterzuleiten. Er tat es und ich bekam eine Antwort."
Emmanuel Guibert/Edition Moderne
Das alles erzählt er weder übertrieben noch aufgeregt oder gar wertend. In dieser Gelassenheit liegt das Besondere dieser berührenden persönlichen Erinnerungen.
Das Leben gleiche einer Reise durch aneinander gereihte Kreise, jeder davon enthalte bestimmte Entwicklungsstadien, Erlebnisse und Freundschaften, meinte Alan Cope.
Diese Reise hat Emmanuel Guibert einfallsreich dargestellt. Bemerkenswert ist sein Zeichenstil:
Alan Cope starb am 16. August 1999.
Emmanuel Guibert erzählt mit und über ihn ein ergreifendes Stück Oral History.
Es ist eine dieser zufälligen Begegnungen, die lange nachwirkt.