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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

5. 2. 2015 - 18:11

Ein Schwert zieht durchs Land

Abenteuer, Ritterrüstungen und Musik-Einlagen: Die Comedyshow "Galavant" ist nicht perfekt, jedoch ein großer, alberner Spaß.

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Kommt der Trash gar zu wissend und selbstgefällig ausgeschildert als "Trash" daher, wie etwa bei offensiven Verkultungsmaschinen wie "Machete" oder hunderten Post-Tarantino-Ironikern, kann die Angelegenheit schnell unangenehm werden. Die ABC-Comedy-Show "Galavant", deren ersten Staffel gerade nach acht knappen Episoden zu Ende gegangen ist, überspannt hingegen gleich alle Bögen, dreht die Ulkschraube weit über den Anschlag hinaus und gibt sich ohne Sicherheitsnetz komplett dem Klamauk hin.

Das Team hinter "Galavant" hatte 2010 mit dem Disney-Film "Tangled" eine gewitzte Neudeutung des Rapunzel-Stoffes zu verantworten und widmet sich mit seiner neuen Show ebenfalls der humoristischen Abklopfung altbekannter Märchenmotive, sowie der hoch überzuckerten Persiflage von Mantel- und Degen-Filmen, Ritter- und Fantasy-Epen. Inklusive großzügig gestreuter Musical-, Gesangs- und Tanz-Einlagen.

"Galavant" startet mit gehörigem Tempo. Die erste Szene der ersten Episode ist eine zweiminütige musikalische Montage, in der ein singender Erzähler und diverse Darsteller in Rückblenden die gesamte Vorgeschichte der Handlung zusammenfassen. Das "Galavant"-Theme wird man so schnell nicht vergessen. Titelfigur Galavant wird als tapferer Held, Galan, Frauenschwarm eingeführt, gutaussehend und der beste Schwertkämpfer weit und breit.

Seine große Liebe ist die zerbrechliche Schönheit Madalena - bis sie vom evil King Richard entführt wird, der sie zur Frau nehmen will. Galavant, nicht uneifrig, eilt Madalena zu Hilfe, am Hofe von König Richard muss er jedoch eine bittere Enttäuschung erfahren: Madalena hat sich in Windeseile von der herzensguten Landblume zur intriganten, gierigen Königin gewandelt. Fame, Macht und Geld an der Seite des Herrschers des gesamten Reiches seien doch deutlich besser als die olle, wahre, echte Liebe des eher im Mittelstand beheimateten Provinz-Heros Galavant. Sie wohne jetzt schließlich in einem Schloss und habe in innerer Einkehr herausgefunden, dass sie "stuff" schon doch sehr gerne habe.

Der geprügelte Hund Galavant kehrt in seine Heimat zurück, gibt sich dem Alkohol und dem Lotterleben hin. In Folge gestaltet sich die Show als abstruse Genre-Mischung, die von Monty Python's " Die Ritter der Kokosnuss", "The Princess Bride", Zucker-Abrahams-Zucker-Filmen wie "Die nackte Kanone" und besonders cartoonhaften Mel-Brooks-Parodien zehrt. Es gibt zotige Sexwitzchen, plumpe Wortspiele, klare Anspielungen auf "Pirates of the Carribean" und "Game of Thrones", immer wieder wird die vierte Wand eingerissen.

Es wird mit überschwänglichen Jazz Hands geswingt, die Figuren kommentieren in den Dialogen ihre eigene Klischeehaftigkeit oder seufzen angesichts einer schon wieder anstehenden Gesangseinlage. Das alles funktioniert ohne groß zur Schau gestellte Quirkiness, sondern schlicht als großer, alberner Spaß. Für ihre Songs, die zwar tatsächlich einen Tick zu häufig die Handlung unterbrechen, abgesehen vom derben Inhalt aber jedem Disney-Film gut zu Gesicht stünden, sollte für die Urheber Alan Menken und Glenn Slater recht verlässlich eine Emmy-Nominierung drin sein.

Galavant

ABC

Galavant

Nach längerer Zeit in der Versenkung soll der geschundene Held Galavant wieder ans Schloss Richards gelockt werden - der will den alten Rivalen endgültig beseitigen, da die bissige Königin Madalena immer wieder ihren alten Lover namedroppt, um den Gemahlen zu erzürnen. Sie gaukelt dem König ein Keuschheitsgelübde vor und vergnügt sich im Bett derweil mit dem Hofnarren.

Der lächerliche Pantoffelheld Richard bekommt das als Einziger nicht mit, er verhängt zwar ohne Wimpernzucken Todesurteile, will doch aber bloß geliebt werden und ein echter Mann sein. Raubein Vinnie Jones in typischer, überhöhter Tough-Guy-Rolle als treuer Leibwächter und Adjudant gibt, wenig erfolgreich, Nachhilfe in Sachen Machismo: "I ve only ever hugged one man in my life. That was the day my father died. I squeezed that rotten bastard to death".

Galavant kämpft und prügelt sich in Begleitung seines Knappen Syd und der Prinzessin von Valencia, die unter dem Einfluss von King Richard stehend den selbstgefälligen Helden in die Falle lotsen soll, aber schnell echte Gefühle für ihn entwickelt, durchs Königreich. Noch mangelt es "Galavant" ein wenig an dramaturgischer Spannkraft, da die Show vornehmlich als rasante Nummernrevue angelegt ist, als ein Fliegen durch Szenen und Choreografien , durch One-Liner und sketchhafte Vignetten, und in ihren knackigen, jeweils bloß 20 Minuten langen Episoden bislang noch kaum an der Entwicklung des großen Erzählbogens interessiert gewesen ist.

Zusätzliche Energie erhält "Galavant" durch hochkarätige Cameo-Auftritte: Im Rahmen des spektakulär unspektakulärsten Lanzenturniers aller Zeiten treffen wir auf den ewigen Schönling John Stamos als gockelhaften Ritter, Hugh Bonneville gibt den Chef einer abgetakelten, an Land gestrandeten Piraten-Truppe, Ricky Gervais einen Zauberer, der sich aus rechtlichen Gründen nicht mehr "Wizard" nennen darf, da er doch eigentlich bloß ein Drogenkoch ist. "Galavant" ist mit voller Absicht von allem too much. Dabei detailreich und konzentriert geschrieben, einfallsreich inszeniert und teils atemberaubend gespielt. Und eben nicht "so schlecht, dass es schon wieder gut ist". Gähn.