Erstellt am: 5. 2. 2015 - 14:30 Uhr
The daily Blumenau. Thursday Edition, 05-02-15.
#fußballjournal15
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Zehn Tage vor dem Rückrundenstart ist die heimische Bundesliga euphorisch: die Transferrekorde purzeln, was das noch nie so deutlich geäußerte Bekenntnis sich international als Ausbildungsliga zu positionieren schneller Realität werden lässt als es in den durchaus ambitionierten Zielvorstellungen des neuen (Mittelfrist-)Projekts Universum Bundesliga angelegt wurde.
Das Problem mit der Jubel-Meldung ist nur: nicht "die Liga" bildet aus, verkauft und macht Geschäfte; sondern nur ein einziger Player - die gerade äußerst hibbelig umschichtende Red Bull-Franchise. Die teuer hin- und hergeschobenen Kampl, Alan, Damari oder Djuricin werden von Salzburg oder Leipzig bewegt.
Alle anderen leihen, verleihen, tauschen oder kaufen ein. Geldbringende Transfers ohne Bullen-Finger im Spiel: null, Fehlanzeige.
Das ist deswegen besonders hervorhebenswert, weil sich der Schwerpunkt der Red Bull-Vereine noch stärker als bisher nach Leipzig verlagern wird. Ralf Rangnick ist praktisch schon weg, Bruno oder Sabitzer (und auch Quaschner) gehören schon den Rasenballern. Und künftig wird einer wie Kampl nicht mehr zweieinhalb Saisonen lang in Salzburg spielen.
Der Vollständigkeit halber: Innsbruck verlieh Marco Kofler an Hansa Rostock, und aus der Regionalliga Mitte wechselte der Austrobosnier Dzaferovic in die Bayernliga Süd. That's it, ein Auslandstransfer pro Leistungsstufe also.
Und, bevor da falsche Annahmen entstehen: vom Damari-Transfergeld von RBL sieht die Austria genau nichts. Der Spieler "gehörte" einem Privat-Sponsor.
Zudem hat in diesem "Rekord"-Transferfenster kein einziger Österreicher die Bundesliga in Richtung Ausland verlassen. Okay, Stefan Maierhofer, aber der gehörte sich selber. Und der ist kein Vorzeigespieler im Sinn der durch die Liga genossenen Ausbildung (sondern wurde im Unterhaus und im Ausland geschult).
Das, was sich letzten Sommer noch ganz gut anließ - der Einsatz einer europäischen Normalität; Wechsel von oberen Mittelklasse-Spielern zu gewöhnlichen Vereinen, auch in 2. Ligen - droht wieder zu versickern. Das sofort annehmende Desinteresse des Auslands hat mit der (eigenverschuldeten) Nicht-Präsenz von Rapid, Austria oder Sturm in Europa zu tun. Wer sich nicht sichtbar macht, kann nicht transferiert werden - weshalb man eben nur im Red Bull-Umfeld tätig war.
Und abseits der Red Bull-Blase war auch der Sommer dann nicht so heiß wie es damals vorgeführt wurde: der zu spät und falsch transferierte Hosiner brachte deutlich zu wenig ein, für Guido Burgstaller und den von der Austria quasi weggetretenen Rubin Okotie gab es ein paar zerquetschte. Einzig Tormann-Talent Ivan Lucic (aktuell mit der Nummer 33 auf der Champions League-Kaderliste von Bayern München) brachte über Gebühr viel Geld ein (im Übrigen auch praktisch ohne Einsätze bei Ried, nur durch Regionalliga-Scouting).
Heute wurde im Übrigen die nächste U21-Euro-Qualifikation (für Polen 2017) ausgelost. Mit einer mühsamen Gruppe für Österreich (das dank Herzog und Gregoritsch in Topf 3 war) - Deutschland und Russland als Gegner, nur der Gruppensieger und einige extragute Gruppen-Zweite kommen ins Play-Off.
Die Campaign beginnt im Herbst 2015, bis dorthin kommen zum Jahrgang 94 (Marcel Sabitzer wäre also spielberechtigt, dazu kommen junge Kräfte wie Schaub, Schöpf, Murg, Sallahi, Gartner, Kerschbaum, Wydra, Kevin Friesenbichler und Trainersohn Gregoritsch) wohl auch die 95er und 96er, die Österreich im Juni bei der U20-WM in Neuseeland vertreten werden - z. B. Lazaro, Lienhart, Bytyqi, Lovric, Michorl, Horvath, Domej, Gugganig, Lucic oder Laimer.
Im Übrigen sind genau 10 der nicht zufällig gerade erwähnten Youngsters bei ausländischen Vereinen engagiert, und genau 10 daheim. Nur um zu demonstrieren, dass die Markt-Realität für eine gesunde Ausgewogenheit sorgt.
Die Liga-Export/Import-Bilanz ohne Red Bull-Teilnahme weist ein Minus von 250.000 Euro aus. Soviel kostete Raphael Holzhauser, der mit 16 von Rapid nach Stuttgart ging und seine finale Ausbildung seither in Deutschland genossen hat.
Holzhauser ist treppenwitzigerweise das exakte Umkehr-Ideal der Bundesliga-Vision-2020-Vorstellung von Liga-Ausbildung. Die Vorstände Herovits und Ebenbauer hatten zuletzt dem Abgang der 15/16jährigen den Kampf angesagt und wollen, dass die Eigenbauspieler erst als "gefestigte 20-Jährige" ins Ausland wechseln.
Dieses Modell geht von der, von Leuten wie Herbert Prohaska gebetsmühlenartig wiederholten Annahme aus, dass der frühe Abgang (bislang war von U18 die Rede, jetzt ist es schon bei U20) großen Schaden anrichtet - sowohl bei den Vereinen als auch den Spielern selber.
Dass es im Fall der betroffenen Spieler nicht so ist, habe ich anlässlich des letzten Auftauchens dieser in ihrer Redundanz extrem anstrengenden Kampagne schon einmal belegt.
Der Schaden, den die Vereine nehmen, ist ein virtueller. Die kleineren Clubs leisten aus wirtschaftlicher Notwendigkeit ohnehin bessere Arbeit (ähnlich in der 1.Liga), die selbsternannten Großklubs schaffen es nur in den seltensten Fällen ihre Talente auch wirklich rechtzeitig zu fördern und einzusetzen - Aleks Dragovic ist so ein einsames Beispiel; weshalb eine über seine Person aufgezogene Überlegung die sonstige Realität (kaum Spielzeit für Unter21jährige) verstellt.
Die von Herovits in seiner Grundsatzrede als Musterbeispiel angeführten spättransferierten Legionäre mussten auch den gefühlt im vorigen Jahrhundert abgeführten Transfer von Andreas Ivanschitz enthalten., so wenig davon gibt es. Da sind die aktuellen Negativ-Beispiele der Pickenbleiber, für die es mit Ü20 echt schon zu spät ist (mit Musterbeispiel Leitgeb vorneweg) schon zahlreicher. Das auch noch mit einer fast schon pegidaesken Isolationismus-Ideologie zu verbrämen, mutet sehr seltsam an.
Wenn die Positionierung als Ausbildungsliga sich also zum einen an ein vorsintflutliches Alters-Modell klammert und keine Unter-20jährigen aus den geschützten Werkstätten lassen will und zum anderen darauf verlässt, dass der Antriebsmotor Red Bull noch zahlreiche Saisonen lang schnurren wird, wenn man in gleich zwei Aspekten Selbstbetrug über Realitätssinn stellt, dann steht der schöne Plan des Universums Bundesliga jetzt schon an der Kippe.