Erstellt am: 4. 2. 2015 - 13:05 Uhr
Zu Besuch bei Castle Face Records
John Dwyer
Ein Special gibt es im
FM4 House of Pain in der Basement Show mit Rainer Springenschmid und Alex Augustin zu hören.
Mittwoch 4. Februar, 22-00
Streift man durch San Franciscos "Mission District", dann kann man was erleben. Es riecht nach fettigen Tacos und Burritos, nach schlechtem Kaffee, dessen Geruch aus den Hipsterkaffee-Buden strömt. Schöne, junge Menschen tragen schöne, schicke Second Hand Kleider, sie kaufen in den kleinen Läden ein, die sich wie eine Perlenkette entlang der "Valencia Street" ziehen. Hier findet man alles was man braucht, um in Kalifornien glücklich zu sein: Biofutter, schicke Klamottenläden, dazwischen kleine billige Mexikaner und Schuppen mit billigem Bier.
FM4 Alexandra Augustin
Das Leben ist sehr toll hier, vorausgesetzt man hat das nötige Kleingeld: Wohnen und leben können sich hier im einstigen Migrantenviertel nur mehr diejenigen leisten, die entweder reiche Eltern, einen alten Mietvertrag oder einen Job bei Google haben und gut und gerne jeden Tag in einem der sogenannten "Google Shuttle Busses" ins 40 Minuten entfernte Silicon Valley pendeln. Die Gentrifizierung hat den kritischen Punkt längst weit überschritten, doch manche halten hier noch immer tapfer aus. Zum Beispiel die Jungs von Castle Face Records.
Castle Face Records
John Dwyer, Brian Lee Hughes and Matt Jones haben Castle Face Records um 2005 herum gegründet und sind das Zentrum einer lebendigen Garage-, Punk- und Psychedelic Rock Szene in San Francisco, die weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt ist. John Dwyer, Tausendsassa, Sänger und Gitrarrist spielt in sämtlichen Punkbands der Bay Area mit. Sein wohl bekanntestes Brainchild ist seine großartige Band Thee Oh Sees, mit denen er vor zwei Jahren auch schon in Österreich zu Gast war. Andere klingende Namen auf dem Label sind Ty Segall, Warm Soda, The Traps und White Fence.
Wie schafft man es im Jahre 2015 erfolgreich ein Independent Label in San Francisco zu betreiben? Wie lebt es sich hier in der Stadt, die immer teurer wird? Welche Musik findet man auf Castle Face Records? Und welche nicht?
Im FM4 House of Pain gibt es diesmal in der Basement Show ein ganz besonderes Special über das einzigartige Label an der Amerikanischen Westküste zu hören, inklusive Interview mit Matt Jones von Castle Face Records und natürlich mit viel Musik. Hier schon einmal ein Appetizer.
Ty Segall
Begonnen hat alles in irgendwelchen Wohnzimmern in San Francisco, in denen Ty Segall seine One-Man-Shows abgezogen hat. Gleichzeitig hat er in die Gitarrenseiten gehauen, das Schlagzeug malträtiert und gesungen, dazu sind 40 Kids auf den Betten und Sofas wie wild herumgesprungen. Mit seinen blonden Haaren, dem runden Gesicht und dem Karohemd erinnert er ein wenig an Kurt Cobain, minus all den Depressionen. Der coolste Hund zwischen San Francisco und San Diego.
Thee Oh Sees
Castle Face Records Gründer John Dwyer ist ein ziemlich glücklicher, charismatischer und rastloser Typ, dem man abnimmt, dass ihm alles außerhalb der Labelmauern herzlich egal ist. Was Trend ist und was nicht, darauf wird gepfiffen. Seit etwa 1997 existiert sein Bandprojekt Thee Oh Sees in wechselnder Besetzung. Viel hat man von der Band gehört, mir haben sie bei ihrem 3-Tages-Festival in San Francisco, bei dem jeder Abend "Sold Out" war, einen Gehörsturz verpasst. Unglaublich mitreißend, verschroben, schmutzig und schwitzig.
White Fence
Hinter White Fence steckt der in Los Angeles beheimatete Psych-Rocker Tim Presley. Die Songs entstehen alle im eigenen Schlafzimmer, ganz klassisch wird mit dem Vierspur-Rekorder aufgenommen. California Dreamin' at its best.
Warm Soda
Welches Jahr schreiben wir nochmal? Die Jungs von Warm Soda sehen so aus, als wäre die Zeit irgendwo in den späten 1970er Jahren stehen geblieben. Lederjacken, Schnauzer, schicke Lederschuhe. Mittendrin Sänger Matthew Melton, ausgestattet mit jeweils einer Prise Glam Rock, Power Pop und Garage Rock. Der Hang zur Exzentrik und zur großen Geste kommt nicht von ungefähr, musste der ehemalige Chorsänger doch als Kind Opern singen, hauptsächlich Carmen und Tosca. Damit war es bald vorbei, als er als Teenager Punk und Rockmusik entdeckt hat. Den Stil seiner Band beschreibt er im Übrigen als "Glitter Fuzz".
The Mallard
Eine großartige Band, die sich leider vor einiger Zeit schon wieder aufgelöst hat, ist The Mallard. Was ja nichts ausmacht, denn die Platten sind alle noch auf Castle Face erhältlich und sehr empfehlenswert. Ursprünglich bestand die Band aus vier Musiker_innen, deren Bühnenshow gerne auch als "arrogant," und "startling" bezeichnet worden ist. Lo-fi 70's punk, jenseits der perfekten Aufnahme, mit umso mehr Power und Dynamik gespickt. Der beste Soundtrack, wenn man mit dem Auto alleine durch die Mojave-Wüste unterwegs ist.