Erstellt am: 26. 1. 2015 - 16:06 Uhr
Wer hart arbeitet, wird reich?
Vom Tellerwäscher zum Milliardär, eine Karriere, als dessen Protagonisten uns in den Klatschspalten und Societyshows Personen wie Frank Stronach und Didi Mateschitz präsentiert werden. Wer fleißig genug ist, wird es auch zu etwas bringen, wird uns damit weisgemacht, und da so ein Vermögen hart erarbeitet ist, darf darin auch nicht eingegriffen werden.
VSA
Die Wahrheit sieht hingegen anders aus. Das Buch "Mythen des Reichtums", herausgegeben von Attac, Armutskonferenz und BEIGEWUM, will helfen, solche Mythen zu entlarven. Ein Großteil der arbeitenden Bevölkerung, heißt es im ersten Kapitel, könne keinen nennenswerten Teil des Einkommens ansparen, um damit Vermögen aufzubauen. Tatsächlich sei die Nettosparquote österreichischer Haushalte in den den letzten Jahren auf unter 7% gefallen.
Ein Viertel der Erwerbstätigen hat ein Einkommen von weniger als 10.000 Euro pro Jahr. Insgesamt knapp 40% verdienen weniger als 20.000 Euro. Ihnen stehen 14% gegenüber, die mehr als 50.000 Euro im Jahr erhalten, und insgesamt nur 2,5 Promille verdienen mehr als 200.000 Euro pro Jahr. Mit der ungleichen Verteilung des Einkommens gehen auch die Möglichkeiten zu sparen und Vermögen aufzubauen einher.
AK
Nur die reichsten 5% der Bevölkerung können sich soviel Vermögen zusammensparen, dass dessen Rendite einen nennenswerten Beitrag zum Einkommen ausmacht. Allerdings geht auch innerhalb dieser 5% die Schere deutlich auseinander: Beim obersten Prozent macht der Einkommenszuwachs aus Kapitaleinkommen ein Drittel aus – beim nachfolgenden Prozent der Bevölkerung ist es bereits nur noch ein Sechstel. Bei den Reichsten führt das Vermögen zu einer ständigen, signifikanten Erhöhung des Kapitalstocks. Das führt zu einer zunehmenden Konzentration von Reichtum, während auch die Einkommens- und Vermögenspersistenz, also die fehlende Möglichkeit des finanziellen Aufstiegs, zunimmt.
Dennoch zeigen Studien, dass in Österreich ein breiter gesellschaftlicher Konsens existiert, wonach finanzieller Aufstieg für jede hart arbeitende Person möglich ist. Auch in anderen Ländern sieht es ähnlich aus: Die 400 reichsten Amerikanerinnen und Amerikaner – die „Forbes 400“, also Dollarmilliardäre – kommen überwiegend aus vermögenden Familien und der Oberschicht. Der als reichster Mann der Welt titulierte Mexikaner Carlos Slim Helú hat seine Familienkontakte in die mexikanische Politik benutzt, um den Weg für sein Telekom-Monopol zu ebnen. Trotzdem glaubt auch in Nordamerika der Großteil der Menschen, Wohlstand werde lediglich aus eigener Leistung erzielt. Tatsächlich können nur wenige Menschen durch Arbeit soviel Vermögen aufbauen, dass sie von dessen Ertrag leben können. Die wenigen, die das tatsächlich schaffen, neigen dazu, das ausschließlich mit der eigenen Leistung zu begründen, während sie Faktoren wie politische Rahmenbedingungen und Familienkontakte ausblenden.
Weitere Mythen
Weitere Mythen, die das Buch analysiert:
- „Reiche zahlen die meisten Steuern“. Tatsächlich hat das Steuersystem in Österreich kaum umverteilende Wirkung. Hoch- und Niedrigverdiener tragen fast denselben Anteil ihres Einkommens (40%) zum Gemeinwohl bei.
- „Die Reichen haben in der Krise viel verloren“. Tatsächlich haben die Reichen von der Krisenpolitik am meisten profitiert. Von den umfangreichen Bankenrettungen der letzten Jahre profitierten in erster Linie die Eigentümer und Gläubiger der Banken. Auch die Hilfspakete für Griechenland und Irland dienen dazu, Staats- und Bankschulden zu begleichen und somit jene Finanzinstitute zu retten, die sich verspekuliert haben.
- „Demokratie ist nicht käuflich. Jedem Bürger steht es offen, sich politisch zu beteiligen. Wirtschaftspolitische Entscheidungen werden mit Blick auf die Gesamtwohlfahrt getroffen“. Tatsächlich können Reiche ihre ökonomische Macht benutzen, um wirtschaftspolitische Entscheidungen zu manipulieren. Politiker lassen sich für ihre Entscheidungen bezahlen, unter anderem indem sie nach ihrer politischen Karriere in die Privatwirtschaft wechseln. Im Zuge der Finanzkrise wendet sich die Wirtschaftspolitik aggressiv gegen den Sozialstaat.
Das Nachwort zum lesenwerten Buch wurde von Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek geschrieben. Herausgeber von „Mythen der Krise“ sind Attac Österreich, der Beirat für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen (BEIGEWUM) sowie die Armutskonferenz, erschienen ist das Buch im VSA-Verlag. Gute Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel finden sich auch auf der gut gemachten Website zum Buch.