Erstellt am: 20. 1. 2015 - 15:09 Uhr
Polizisten beim Ku-Klux-Klan
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Eigentlich würde man am liebsten lachen. Ist ja auch zu skurril: da stolpern die beiden Polizisten Thomas und Hermann durch einen schwäbischen Wald - im weißen Kittel des Ku-Klux-Klan - mit spitzen Kapuzen und einem kleinen Rucksäckchen. Vergeblich suchen sie den Versammlungsort des geheimen Treffens.
Sie führen harmlose Gespräche - ob man in dem Klan vielleicht auch Frauen kennen lernen könne - und ärgern sich über die schlechte Wegbeschreibung, die sie per Mail bekommen haben.
Avant-Verlag
Noch dazu wird es unter der Kapuze recht heiß. Im Dickicht stoßen die beiden plötzlich auf einen Zwinger mit einem dreibeinigen Hund. Thomas hat Mitleid mit dem Tier, will es füttern. Hermann ärgert sich über seinen Freund. "Wie du dich hier aufführst. Solltest dich mal sehen! Erst willst du was ändern, willst zum Klan. Dann kommt irgendein Köter und die Mütze ist zu heiß. Du hast den Biss wieder nicht. Weißt nicht, was du willst. Kein Wunder, dass das mit dir und Sabine zu Neige gegangen ist."
Daraufhin fliegt eine Haube in den Zwinger und die Freundschaft der beiden wird schwer belastet - ob die Haube, der Hund, beides oder gar nichts gerettet werden kann, soll nicht verraten werden.
Avant Verlag
Soweit, so absurd, könnte man glauben, aber Autor Jan Soeken bezieht sich mit seiner Geschichte "Friends" auf die Aussagen zweier Polizisten, die tatsächlich Mitglieder beim Ku-Klux-Klan waren.
Beide waren sie Arbeitskollegen der Polizistin Michelle Kiesewetter, die von der rechtsextremen Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund ermordet wurde.
Im Rahmen eines Disziplinarverfahrens haben sich die beiden Polizisten tatsächlich darüber beschwert, dass der Weg im Wald schwer zu finden war, und dass sie immer ihre Kutten tragen mussten. Sie wollten was erleben und Frauen kennenlernen, gaben sie zu Protokoll.
Dieser Naivität hat Jan Soeken auch seinen Zeichenstil angepasst - banal und reduziert.
Jan Soeken/Avant Verlag
Konsequent hat er mit Bleistift gezeichnet - teilweise sieht man Radiergummispuren oder graue Schmierflecken, die über die Bilderränder reichen.
Der naive, fast amateurhafte Zeichenstil untermauert die ebensolchen Vorstellungen der Polizisten.
Von einem typischen Stil kann man bei Jan Soeken dabei noch nicht sprechen. Schließlich ist "Friends" seine erste längere zusammenhängende Geschichte. Für die hat er jedenfalls einen äußerst gelungen Stil gewählt - sowohl in der Erzählung als auch in der Darstellung.
Man wünschte sich nur, alles in dieser makabren Geschichte wäre erfunden.