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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

20. 1. 2015 - 18:17

The daily Blumenau. Tuesday Edition, 20-01-15.

Alan wia a Stan, oder: offene Fragen zu Nationalitäten, Ehrentiteln, Verlust und Durchhalteparolen.

#fußballjournal15

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Das ist das echte Allan wia a Stan.

betrifft: Alan

Ich weiß nicht, was absurder ist.
Dass der ÖFB tatsächlich daran geglaubt hatte, den bei Salzburg tätigen Brasilianer Alan für die nächste Euro rekrutieren und einbürgern zu können; oder die jetzt nach dem peinlichen Ende der Beschaffungsaktion öffentlich vergossenen Tränen um den emotional wie arbeitsstundentechnisch hohen Aufwand.
So gerinnt eine als Imagebringer geplante Offensiv-Aktion (die Weltoffenheit, Tatkraft und Vision signalisieren soll) zum patscherten Schüttbild.

Alan Douglas Borges De Carvalho

APA/APA/KRUGFOTO

Alan Douglas Borges de Carvalho, bei Fluminense ausgebildeter 25jähriger Stürmer, ist zwar seit August 2010 in Österreich, dass er aber die für die Einbürgerung (und erst die macht den Nationalteam-Einsatz möglich) notwenigen 5 Jahre Wohnsitz (also bis zum Sommer 2015) durchhält, war seit jeher mehr als unwahrscheinlich.
Das hat weniger mit der nunmehr tiefergreifenden Salzburger Politik des Kauf-Wertsteiger-Verkauf-Ideologie, als mit dem Ehrgeiz des Südbrasilianers zu tun, der ihn irgendwann aus der kleinen österreichischen in eine entweder imageträchtige oder finanzfette große Liga führen musste. Dass es jetzt China wurde, ist fürs österreichische Selbstbewusstsein besonders bitter. Für einen Job bei Guangzhou Evergrande Taobao die Chance auf einen Euro-Turnier-Auftritt sausen zu lassen.

Dabei hatte sich das schon angekündigt - die Aktion war ein klassischer DOA-Fall. Schon die Tatsache, dass Alan weder willens noch imstande war abzuklären, ob die drei U20-Teamspiele, die er bestritten hatte, im Rahmen eines offiziellen oder inoffiziellen Vorbereitungsturniers zur U20-WM '99 (für die er dann nicht nominiert wurde) stattfanden, zeigt, dass er nicht unglaublich viel Interesse daran hatte, für Österreich zu spielen.
Vielleicht wurde Alan ja aber auch von der offensiven Wucht des ÖFB überrollt, der sich 2013 mit großem Tamtam sowohl um ihn als auch (völlig umsonst) um seinen spanischen Sturmpartner Soriano bemühte. Das wiederum hatte mit der Kritik zu tun, der der ÖFB ausgesetzt war, weil er beim Gewinnen von in der deutschen Bundesliga tätigen Spielern mit österreichischen Elternteilen eher schleppend unterwegs war.
Man hatte eine Imagepolitur dringend nötig - und Alan war das lächelnde Vorzeigegesicht dafür.

Jetzt ist er, aus seiner Sicht völlig berechtigt, weg aus dem kalten Winterparadies - und der ÖFB kann seinen (auch völlig berechtigterweise) davonschwimmenden Fellen nur noch aus der Ferne winken.

betrifft: Wohlfahrt

Traurig äußert sich der ÖFB auch in einem zweiten Verlust-Fall, dem Abgang von Tormanntrainer Franz Wohlfahrt. Er wäre ein strategischer Arbeiter, der die ihm entgegenschlagenden Bedenken rasch zerstreuen würde.

Das sieht der neue Austria-Sportdirektor ja ähnlich. Und er betont (auch hier) wieder seine internationale Erfahrung: "Ich bin seit vier Jahren einer von einigen wenigen Instruktoren der FIFA in der Tormann-Trainerausbildung."

Ich kann nichts finden, was diese Angabe bestätigt. In der aktuellen Instruktoren-Liste scheint er nicht auf, in der von 2013 auch nicht (da ist mit Hans Leitert ein international geachteter Torwart-Fachmann vertreten). Kollegen haben einDokument und Artikel aufgespürt, die Wohlfahrt 2011 als Seminar-Instruktor im südafrikanischen Raum ausweisen. Mehr nicht.

Heinz Lindner und Tormann-Trainer Franz Wohlfahrt

APA/ROBERT JAEGER

Heinz Lindner und Tormann-Trainer Franz Wohlfahrt

Noch seltsamer als die Tatsache, dass die Instruktoren-Tätigkeit Wohlfahrts nicht aufscheint, ist die Tatsache, dass es niemanden interessiert.

betrifft: Harreither

Ob der Unternehmer Harreither mit dem großen Ex-Keeper des LASK, Willi Harreither verwandt ist, entzieht sich meiner Kenntnis - beide stammen allerdings aus der Umgebung von Steyr.

Apropos Änderungen bei der Austria Wien: es gibt einen neuen Vizepräsidenten - den Mann, der dem Verein die Trainerregentschaft von Ivica Vastic eingebrockt hat, Sponsor Raimund Harreither, dessen kleines Imperium auf den Werbeträgern Sykora und Vastic aufgebaut ist. Harreither wird jetzt nach dem Motto "Leistung muss zählen" für die von ihm verschuldete verlorene Vastic-Saison (die eine europacuplose Folgesaison brachte) belohnt.
Angesichts des Wohlfahrt-Engagements, das ja auch Seilschaft und Stallgeruch vor Leistung stellt, nur eine folgerichtige Entscheidung.

betrifft: Red Bull

Zurück zum Ausgangspunkt: Der Abgang von Alan, dem ja die Abgänge von Kampl und anderen Red Bull Salzburg-Leistungsträgern vorausging (und dem weitere Aderlässe bevorstehen), ist außerdem der finale Beleg für eine seit Jahren bestehende völlig logische Annahme. Dass nämlich in dem Moment, wo sich RB Leipzig anschickt bundesligatauglich zu werden, alle anderen Fußball-Standorte drastisch heruntergefahren und zu Zuarbeitern degradiert werden.

Fällt aktuell nicht schwer: Die Red Bulls New York stehen vor der Schließung oder dem Verkauf, das Desaster bei Red Bull Ghana, bei Red Bull Brasil in Sao Paolo tritt man auf der Stelle. Und weil der Rasenball in Leipzig in Richtung Bundesliga und Fleischtöpfe rollt, passiert das, was passieren muss.
Und was jeder, der sehen will, auch schon vor dem Aus in Malmö sehen konnte.

Mit klamm herbeigebetenen Durchhalteparolen, wie es hier heißt, hat das wenig zu tun: mittelfristiges knapp-danebenhaun hat im fußballfremden Business-Universum eine andere Wirkung als im traditionsbehafteten Umfeld, wo man aus Scheitern auch einen Kult basteln kann: in der Konzernwelt der Mateschitze ist die Zurückstufung die einzig denkbare Konsequenz.

Auch deshalb war Alans Abschied aus Österreich ebenso vorhersehbar wie unvermeidlich. Das zu negieren und eine Nationalteamkarriere in diesen Treibsand hineinbauen zu wollen, ist schon ein wenig realitätsverachtend. Aber das hatten wir ja schon.