Erstellt am: 27. 1. 2015 - 13:15 Uhr
Bring your own cam
Warum ewig an einem Skript schreiben, warum einen teuren Ballsaal mieten oder lang nach einem abgeranzten Skateplatz suchen, warum die feschesten Schauspieler_innen casten, wenn man ein Musikvideo doch auch viel einfacher machen kann: Man bittet einfach die Fans um Hilfe.
In einer Zeit wo jede_r im Besitz einer Webcam ist, ist das kein Problem mehr und die Fans freuen sich, weil sie im Video vorkommen und alle anderen freuen sich, weil das Video so persönlich rüberkommt. Win, win, win.
Sleater-Kinney
Neues Album! Europa-Tour! Und jetzt auch noch ein so superes Video! Die Rufzeichen hören bei der ganzen wiederbelebten Sleater-Kinney-Euphorie gar nicht mehr auf. Vollkommen zu Recht natürlich. Das Musikvideo zu "Cities To Love" ist ein Meisterwerk des Fan-Webcam-Genres, weil die Fans hier den Song auch gleich selber singen. Okay, die meisten sind wohl eher Freunde der Band: ich erkenne Andy Samberg (call me!), Miranda July (die ja auch beim Album-Titeltrack "Bury Our Friends" mitgewirkt hat) und auch Sarah Silverman (fast so gut wie ihre Rolle bei "Monk"), zumindest kein Freundeskreis für den man sich schämen muss.
Ab Minute 1.51 taucht dann die Band selber auf, geht aber unter im Reigen der Fans und Freunde: wir sind alle eins. Und bei 2:32 beginnt überhaupt erst der echte Song zu spielen. Sehr gut.
Sour
Die japanische Band Sour hat mit dem Video zum Song "Hibi No Neiro" (übersetzt in etwa "Soundtrack des Tages") im Jahr 2009 so ziemlich alle Awards Japans abgeräumt. Es ist eine Gemeinschaftsarbeit von Fans der Band aus allen Teilen der Welt, und dass dabei so eine perfekt abgestimmte Choreographie herausgekommen ist, ist unglaublich. Minute 1.34 bis 1.52 zum Beispiel kann ich mir einfach nicht erklären, haha.
Fantastisch!
Frittenbude vs. We Are Enfant Terrible
Die deutsche Band "Frittenbude" hat den Song "Seagull" der französischen Band "We Are Enfant Terrible" geremixed und neu interpretiert. Aus dem Original "Seagull" wird "Stevene Seagul". Im Video sieht man ein Pärchen in einer Fernbeziehung, die sich über Skype verständigen müssen. Gleichzeitig sind die beiden aber auch Sänger und Sängerin der beiden Bands und so ist das Video nicht nur Austausch zwischen zwei Menschen, sondern auch zwischen den beiden musikalischen Acts und auch zwischen den Städten München und New York City.
Außerdem die tolle Songzeile: "Ich bin ein Krebs und ich krebse."
Placebo
Das darf natürlich auch nicht fehlen. Placebo waren ja - zumindest in meiner Wahrnehmung - die ersten, die das Webcam-Prinzip für Musikvideo-Zwecke zu nutzen wussten. Übrigens habe ich ja jahrelang geglaubt, dass die Person bei 3:42 Björk ist (und ein bisschen tue ich das heute noch). Das Pathos in den Blicken und Gesten der Fans in diesem Video habe ich damals ganz ernst genommen, heute amüsiert mich das eher.
Der Song ist natürlich von Kate Bush, nur um noch dem Infocharakter dieses Artikels gerecht zu werden.
C-Mon & Kypski
"More Is Less" heißt der Song, trifft aber als Motto nicht auf das Musikvideo zu, denn hier ist More eher More. In Stopmotiontechnik wird Webcam-Footage von Fans so schnell über- und hintereinander gelegt, dass man gar nicht mitkommt, als normale_r Konsument_in. Man stelle sich das Video einmal nur mit der Band und ohne die Fans vor - super fad wäre das geworden. So ist es allerdings großartig:
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