Erstellt am: 19. 1. 2015 - 21:20 Uhr
The daily Blumenau. Monday Edition, 19-01-15.
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
1) The great late Kim Fowley
Ende letzter Woche ist der kultisch verehrte US-Musik-Produzenten, Musikers und Dandys Kim Fowley gestorben, 75 Jahre wurde er alt.
Die Würdigung von Fritz Ostermayer fasst diese Lebensgeschichte des interessanten Scheiterns, geschickten Dabeiseins und Dauerausreizens aller Grenzen auch für all jene, die noch nie von dieser Kultfigur des Underground, der so gern den Overground angeknabbert hätte, wunderbar zusammen.
Da daneben stand einmal 80er, was angesichts der von mir gezielt verlinkten 94/95er-Geschehnisse natürlich absurd ist. Sorry for the Flüchtigkeitsfehler.
Fowley war Mitte der 90er, als ihm schon nicht mehr viel mehr als das Auskosten seines Szene-Ruhms blieb, auch für einige Zeit in Wien unterwegs. Er machte ein paar Studios unsicher, tourte durch Symposien und Lectures und hinterließ ein paar Songs. Er erkannte Talente wie das von Elke Krystufek und er (ver)drehte eine Menge Köpfe.
Dabei passierte, was immer dann geschieht, wenn jemand aus einer anderen Welt (wie eben der des amerikanischen Rock-Adels) in eine andere (zb in Wien) einschlägt, deren Bewohner die fernen Stars bis dorthin als Fabelwesen verehrt hatten: die Realität der Menschen steht ihrem Image entgegen. Die weichgezeichnete Projektionsfläche für hollywoodgerechte Fantasien wurde nach Fowleys Ankunft in der Wiener Szene sukzessive heruntergefahren; einige werden sagen: zerstört.
Die dandyesken Kapriolen (Ausnutzerei, Unzuverlässigkeit, Schnorrertum, Angeberei...) des charismatischen Menschenfängers, die sich im Zentrum des kreativen Geschehens wie logische Randerscheinungen eines genialischen Charakters ausnehmen und selbstverständlich entschuldigt werden, die sacken in der Popmusik-Periopherie schnell zu einem Bodensatz der bösen Nachrede runter.
Als Fowley Wien nach gefühlten Jahren (in echt war es wohl nicht einmal ein halbes) wieder verließ, atmete die Musikszene ächzend auf. Und war die Erfahrung reicher, dass nicht alles, was aus der Ferne nach Gold glänzt, sich auch schön glatt vereinnahmen lässt. Fowley seinerseits konnte aus der an sich traurigen Tatsache, dass er durch die Pop-Provinz trampen musste, um sich seine Kicks holen zu können, mit seinem extravaganten Volten und Finten wenigstens eine Art von Verstörung platzieren, also seinem Lebensziel (RocknRoll als anarchisches Tonikum, als Zerstörer der gesetzten Lebensart zu etablieren) näherkommen. Und ich schätze, dass auch er sich mit einem angestrengten Ächzen von Wien verabschiedet hat.
2) Peter Schleicher, Stones-Umdichter
Er ist mir unlängst begegnet ohne genannt zu werden. Als nach dieser Buch-Produktion bei einem Interview die Einzigartigkeit des Ambros-Dylan-Übersetzungs-Projekts Wie im Schlaf betont wurde (die angesichts der Tatsache, dass die Deinboek/Newman oder Ambros/Waits deutlich später erfolgten auch stimmt), fiel mir plötzlich das ziemlich vergessene Projekt Hart auf Hart ein. Ganz kurz, als Breaking News-Flash, der aber nach einer Minute, als ich drauf referenzieren hätte können, wieder vergessen war.
Als ich heute vom Tod Schleichers gelesen hatte, ist's mir natürlich sofort wieder eingefallen.
1979, ein Jahr nach Ambros, hatte sich der bis dorthin nur als Musiker bekannte Peter Schleicher an 11 Stücke der Rolling Stones und eine Übertragung ins Wienerische gewagt.
Gut, Schleichers Textfertigkeit ist mit der Brillanz der Ambros-Übertragungen nicht vergleichbar; Honkytonk Woman in eine Beislhur zu verwandeln tut heute noch weh. Andererseits enthalten Des Kennt Unser End' Sein (für "The Last Time"), Sie Kann Nimmermehr (für "Mothers Little Helper") oder Roll Mi Net (für "Play With Fire") schon durchaus tragbare Ansätze.
Schleichers Hinterlassenschaft (denn das ist fraglos dieses Album) bestärkt die kaum erklärliche Tatsache, dass sich klassisch-englischsprachige Rocktexte im österreichischen Dialekt deutlich wohler fühlen als in allen anderen Varianten, die der deutsche Sprachraum sonst bietet.