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Simon Welebil

Abenteuer im Kopf, drinnen, draußen und im Netz

18. 1. 2015 - 03:01

"You can't save yourself into a podium"

Das veränderte Format beim Air+Style bringt mehr Kreativität und Abwechslung. Die harten Tricks jedoch bleiben, was dem Contest einen würdigen Sieger beschert.

Nach dem Qualifikationstag am Freitag war es klar. Der Finaltag des Air+Style 2015 in Innsbruck würde ohne Österreicher im Fahrerfeld auskommmen müssen. 16 Fahrer haben es in die zweite Runde geschafft, Mathias Weißenbacher und Werni Stock scheiterten als 17. und 18. nach der Qualifikation knapp an dieser Hürde.

Werni Stock Fanclub

Simon Welebil / Radio FM4

Der Werni-Stock Fanclub hatte nicht viel zu jubeln.

Ein Contest ohne Local im Hauptfeld birgt immer die Gefahr eines potentiellen Stimmungskillers, doch nicht in Innsbruck. Auch ohne "Wo sind die Österreicher?"- Publikumsteaser ist die Stimmung vom ersten Rider an top, auch wenn die Namen der Fahrer noch nicht allen geläufig sind. Dass heuer erstmals seit Jahren auch das Format des Air+Style modifiziert wurde, wissen wahrscheinlich noch weniger, dabei hat das wohl die gravierendsten Auswirkungen auf den Ablauf des Abends.

Sicherheitssprünge?

Bisher hatte jeder Rider pro Runde drei Sprünge, von denen nur der beste gewertet wurde. Was als Garant für schwierigste Tricks galt, hatte die Auswirkung, dass alle Fahrer im Contest den ganzen Abend lang den gleichen Trick - den technisch wohl schwierigsten Trick - zeigen wollten, Triple Corks, dreieinhalb bis vier Spins, überkopf gedreht. Öder könnte es für das Publikum, die Fernseh-/Streamzuschauer und auch für die Rider selbst nicht sein.

Übersicht Bergisel Stadion

APA/EXPA/ JFK

In Innsbruck hat man das Format in Absprache mit den Ridern soweit geändert, dass von den drei Sprüngen in jeder Runde zwei in die Wertung kommen, und die müssen sich noch dazu deutlich unterscheiden. Für Eric Willet, Sieger des letzten Air+Style in Innsbruck 2013, einem großen Fan dieses neuen Formats, bedeutet das vor allem, dass man beständig sein muss, vielleicht nicht seine härtesten Tricks zu zeigen, sondern die, die man sicher landen kann. Mit dieser Taktik ist er sicher durch die Qualifikation gekommen, und auch für die zweite Runde hat er auf Beständigkeit gesetzt, zwar mit härteren Tricks, aber immer noch mit solchen, bei denen er sich sicher gefühlt hat. Nur hat sein Duellgegner, Olympia-Silbermedaillengewinner Stale Sandbech, dabei nicht mitgespielt.

Eric Willet hebt beide Daumen hoch

Simon Welebil / Radio FM4

Eric Willet, noch optimistisch

"You can't save yourself into a podium"

Falls Eric Willet wirklich nur auf Sicherheitssprünge gesetzt haben sollte, ist er eindeutig an den falschen geraten. Denn Stale Sandbech schwimmt auf einer anderen Welle. Der letztjährige Gewinner der World Snowboard Tour stellt schon während der ersten Finalrunde fest: "You can't save yourself into a podium" und fährt auch nach diesem Motto. Schon in seinem ersten Duelle setzt er zwei Frontside (FS) und Backside (BS) 1260er (dreieinhalb Spins) sowie einen BS Triple Cork 1440 perfekt in die Landung. Damit kann Eric Willet nicht mit, womit die erste Runde am Finaltag gleich ein prominentes Opfer fordert. Olympiasieger Sage Kotsenburg folgt ihm ins Aus gegen den Schweden Tor Lundstrom. Was aufflällt: Vor allem die Skandinavier gehen gleich in den ersten Runden auf Triples.

Stale Sandbech im Sprung

APA/EXPA/ JFK

Stale Sandbech

Den Gegensatz dazu bilden wohl die Finnen. Die setzen von Beginn an auf Flat Spins. Im finnischen Duell mit Roope Tonteri setzt sich der Altmeister (mit 26!) Peetu Piiroinen, der gefühlt seit Anfang an beim Air+Style mitspringt durch. Beide zeigen 1440er, also ganze vier Rotationen, normal und switch, Peetu jedoch um einiges höher und weiter. Er landet mit seinen Tricks fast im Flat der Landung und bleibt dennoch ohne Wackler. Das Publikum tobt.

Mehr Kreativität

Schon in den ersten Runden zeigt sich, dass das neue Format mehr Variationen und mehr Kreativität hervorbringt. Statt den einfacheren Mute-Grabs greifen viele Rider an Tail oder Nose, weichen auf Stalefish aus oder machen sogar Double Grabs. Nach dem Ausscheiden von Slopestyle-Olympiasieger Sage Kotsenburg übernimmt etwa sein erst 17-jährige Landsmann dessen Signature-Move, die Japan-Grabs. Der Engländer Billy Morgan bringt überhaupt Variationen in seine Dreifach-Saltos. Auf Cab Triple Underflip folgt ein perfekter BS Triple 1440er. Davon lässt sich sein Gegner Yuki Kadono nicht beeindrucken, macht einen Backside 1620, viereinhalb Spins, für die er mit 46 Punkten die zwischenzeitlich höchste Wertung bekommt und sich damit gegen die Triple-Dominanz durchsetzt.

Yuki Kadono mit offenem Mund und Snowboard

Simon Welebil / Radio FM4

Yuki Kadono hat schon einen Ring of Glory.

Mit einer kleinen Änderung im Format scheint die Eintönigkeit in Big Air Contests der Vergangenheit anzugehören und das ohne Qualitätseinbußen. Niemand nimmt sich zurück oder geht auf Sicherheit. In den direkten Duellen, die seit Beginn des Finaltags abgehalten werden, kann sich das niemand mehr leisten.

"Uber"-Finale

Im Superfinale entwickelt sich dann ein Dreikampf um den Ring of Glory, der sich schon den ganzen Contest über abgezeichnet hat, das "Uber"-Finale, als das es Moderator Henry Jackson ausgerufen hatte. Der Norweger Stale Sandbech gegen den Finnen Peetu Piiroonen und den Japaner Yuki Kadono. Dem Kanadier Sebastian Toutant blieb nach zwei nicht gelandeten Tricks nur die Zuschauerrolle.

Shaun White in einem Kamerasucher

Simon Welebil / Radio FM4

Shaun White schaut heuer auch nur zu, spielt mit seiner Band und gibt Interviews.

Wer allerdings in der letzten Grunde groß mitspielte, war das Wetter. Der Schneefall im Bergisel-Stadion wurde so heftig, dass die Rider in ihren zweiten Runs teilweise gar nicht mehr über den Gap in die Landung hineingekommen sind, sondern oben auf der Landungskante aufgeschlagen sind. Erst als vor jedem Fahrer der Anlauf und der Absprung vom Schnee befreit wurden, hat ein Fahrer klar abgesetzt und es war derjenige, der das Motto des Tages ausgegeben hat: Risiko.

"It means the world"

Stale Sandbech, der Silbermedaillengewinner im Olympischen Slopestyle von Sotschi kann endlich, nach mehrern knappen Entscheidungen gegen ihn, einen Air+Style-Titel mit nach Hause nehmen. Selbst bei den schwierigen Verhältnissen im Superfinale hat er höchstes Risiko genommen und mit einem BS Triple Cork 1440 Indy und einem FS 1080 Indy gegenübe Peetu Piiroinen durchgesetzt (BS 1620 Mute und Cab 1260 Double Grab).

Peetu Piiroinen, Stale Sandbech und Yuki Kadono bei der Champagnerdusche

Simon Welebil / Radio FM4

So sehen Sieger aus

Für Stale, der schon so viele Erfolge auf Snowboard-Contests feiern konnte, ist der Gewinn des Air+Style in Innsbruck dennoch einzigartig: "It means the world. This is a feeling I've been hunting for a long time and finally I was on the top of the podium of Air+Style", und das vor diesem ganz besonderen Publikum, das nirgendwo anders so mitgeht wie hier. Eine Feststellung, die auch Stale Sandbech bestätigen kann: "Innsbruck-crowd is the best in the world. Everybody is so stoked, even though it's raining, everyone is stoked, listening to good music, watching snowboarding - totally amazing. I love snowboarding here, for sure."

Stale Sandbech beim Interview

Simon Welebil / Radio FM4

Stale Sandbech gibt Siegerinterviews

Als Zweitplatzierter des Air+Style in Peking und Sieger von Innsbruck ist Stale jetzt natürlich in der besten Position, sich den Air+Style-Tourtitel 2015 zu sichern. Doch davor wartet noch ein Big Air Contest in Los Angeles.