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Erich Möchel

Netzpolitik, Datenschutz - und Spaß am Gerät.

15. 1. 2015 - 18:49

Boom bei zivilen Drohnen dank US-Risikokapital

Über 400 Millionen Dollar sind 2014 bereits an Start-up-Unternehmen im Drohnengeschäft gegangen. Für 2015 wird noch eine Steigerung erwartet - es herrscht Boomstimmung in der Branche.

Die Erteilung einer Testlizenz an den Nachrichtensender CNN durch die US-Luftfahrtbehörde FAA ist der Auftakt zur kommerziellen Drohnennutzung in den USA. Wie angekündigt wird die FAA im Laufe des Jahres weitere Lizenzen genehmigen. Die jüngsten, rekordverdächtigen Finanzierungsrunden für Ѕtart-ups aber zeigen deutlich, dass 2015 ein Boomjahr für zivile Drohnen wird. Laut den Marktforschern von PrivCo flossen 2014 bereits mehr als 400 Millionen Dollar an Risikokapital in dieses Technologiesegement, für heuer wird eine Steigerung erwartet.

Nach Internetkonzernen wie Google, Amazon und Facebook stieg mit Anfang des Jahres auch General Electric (GE) in das Geschäft ein und investierte eine unbekannte, jedenfalls zweistellige Millionensumme in das Start-up-Unternehmen Airware. Aber auch weit bescheidenere Drohnenprojekte fuhren auf Crowdfunding-Plattformen wie Kickstarter im Herbst je über eine Million Dollar ein. Die ersten dieser neuen Robotflieger werden gerade ausgeliefert - oder kommen in den nächsten Monaten auf den Markt.

Auch in Österreich werden bereits einige kleine Drohnen gefertigt. Die wohl auffälligste ist die etwas surreale Transformerdrohne "Aerie", die als Helikopter startet und sich dann in ein zweimotoriges Flugzeug verwandelt.

Die "Killer-App"

Bei praktisch allen diesen Geräten für Endverbraucher, die eine zunehmend unübersichtliche Zahl von Herstellern produzieren, handelt es sich um Quadcopter in der Klasse unter drei Kilo Gesamtgewicht - also eigentlich nur um die Weiterentwicklung eines seit Jahren verwendeten Konzepts. Die neuen Drohnen sind allerdings um Klassen leistungsfähiger - bei Steigfähigkeit, Flugdauer und Windbeständigkeit - als noch vor wenigen Jahren, bei den Materialien dominieren inzwischen synthetische Fasern wie Kevlar. Das Rennen geht jedoch längst nicht allein um die besten Flugeigenschaften, die sogenannte "Killer-App" - also ein Feature, das direkt auf den Massenmarkt durchschlägt - ist dabei die Vernetzung. Und das geschieht nun einmal via Apps und Cloud.

"Flughunde" und "Windsurfer"

Die erste Serie der "Airdog"-Drohne wird bereits seit November ausgeliefert, das System selbst ist ganz auf die Erfordernisse von Freizeitsportlern ausgelegt. Wie schon der Name sagt, folgt der "Airdog" seinem "Herrchen" in konstantem Abstand und gleicher Höhe und filmt dabei - egal, ob das Herrchen auf einem Fahrrad sitzt oder auf Skiern einen Hang hinunterfährt. Zum Einsatz kommt dabei die beliebte GoPro-Kamera, die durch einen eigenen zweiachsigen Gyroskopsensor stabilisiert wird, um auch in extremen Situationen unverwackelte Bilder zu produzieren.

Airdog Drohne

Airdog

Die faltbare "Follow me"-Drohne ("Airdog") fuhr bei Kickstarter 1,3 Millionen Dollar ein und ist ab 1.300 Dollar zu haben

Zur Steuerung selbst wird nicht das Smartphone verwendet - was etwa beim Windsurfen auch nicht ratsam wäre -, sondern ein kleines, wasserdichtes Steuergerät, an dem sich Drohne und Kamera laufend ausrichten. Über die zugehörige Smartphone-App werden die Videos dann in die Cloud geladen, Karten und Statistiken erstellt. Das ganze Fluggerät inklusive der Propeller ist mit drei Handgriffen zusammenklappbar, auch das ist derzeit noch ein Alleinstellungsmerkmal.

Im Sommer hat die in Sozialen Netzwerken grassierende "Selfie"-Manie auch auf Drohnen übergegriffen. Ebenso werden Drohnen bereits im Dienste des Journalismus eingesetzt.

HD-Kameras, 360 Grad

Neben dem "Airdog" und dem direkten Konkurrenten "HEXO+" haben auch die Hersteller der "PlexiDrone", die im April ausgeliefert werden soll, eine Summe jenseits von einer Million Dollar im "Crowdfunding" aufgestellt. Die "PlexiDrone" hat ganz ähnliche Features - allerdings lassen sich auch höherwertige Kameras mit bis zu 450 Gramm Gewicht montieren, zudem sind diese Drohnen auch untereinander vernetzbar.

Plexidrone

IndieGogo

Der "Airdog" und die "PlexiDrones" werden nicht nur im selben Preissegment um 1.200 Dollar angeboten, auch Flugeigenschaften und -dauer unterscheiden sich kaum.

Mit dieser Schwarmtechnologie lassen sich mehrere Drohnen über ein Tablet steuern und so Videos parallel aus mehreren Perspektiven drehen. Zudem sind die Kameras um 360 Grad drehbar, weshalb ein dreiachsiger Stabilisator nötig ist. Während die Nutzer ihre Wunschdrohnen also über Kickstarter und IndieGoGo selbst finanzieren und immer neue Hersteller auf den Markt kommen, sind Konzernriesen wie Google und GE an anderem interessiert.

Was Großkonzerne interessiert

Das Interesse der Konzerne gilt nämlich weniger den Fluggeräten selbst, als vielmehr deren Vernetzung und Steuerung, vor allem aber sind sie an der Auswertung der Daten interessiert. Das Start-up-Unternehmen Airware - an dem Netscape-Gründer Marc Andreessen, Google Ventures und nun auch GE beteiligt sind - hat bereits 40 Millionen Dollar an Land gezogen, ohne dass dabei die jüngste GE-Investition eingerechnet ist. Dabei hat das 2011 gestartete Unternehmen gerade erst ein einziges Produkt zu bieten: eine kleine rote Steuerbox.

Airware Autopiloit Modul zur Drohnensteuerung

Airware

Airware ist völlig anders aufgestellt als die erwähnten Anbieter von Freizeitdrohnen, da die Firma ganz auf Geschäftskunden ausgerichtet ist. Das vorerst einzige auf der Website sichtbare Produkt ist eine unscheinbare rote Box: Kernelement eines umfassenden, cloudbasierten Steuerungs- und Integrationssystems. Laut Airware kann dieser Autopilot in Drohnen aller Art eingebaut werden und neben der Navigation der Drohne auch alle möglichen Sensoren ansteuern, Daten aller Art auslesen, aggregieren und (geo-)grafisch darstellen.

Bei technischen Details über das genaue Funktionieren des Systems hält sich Airware auffällig zurück, nur aus den Stellenanzeigen ist ersichtlich, dass zwei Dutzend Posten für Entwickler offen sind.

Plattform für Drohnenflotten

Tatsächlich handelt sich also um eine Softwareplattform, über die sich eine ganze Flotte unterschiedlicher Drohnen steuern lässt. Google ist naturgemäß in erster Linie an den dabei anfallenden Daten interessiert, während der Einstieg eines Konzerns wie GE, der einen Großteil seiner Umsätze im Energiesektor lukriert, ganz andere Gründe hat.

Steuerung einer Drohnenflortte mnit dem Airwave-Modul

Airware

Für die optische Inspektion von Umspannwerken, Überlandleitungen und Windanlagen sind Drohnen, die Bilder in HD-Qualität aus nächster Nähe aufnehmen und nahe an Echtzeit zur Auswertung übertragen, ein Kostensenkungsfaktor, der nicht zu unterschätzen ist. Bisher werden solche Untersuchungen auf Schäden nämlich mit angemieteten Hubschraubern bzw. mit Großkränen durchgeführt.

Unscheinbare "Airframes"

Der weitaus überwiegende Teil des Venture-Kapitals ging nämlich an eher unauffällige Hersteller an der Peripherie, die Drohnen etwa in sensorgesteuerte landwirtschaftliche Anlagen integrieren. Auf diesem Gebiet wird auch der unscheinbare "Precision Hawk" eingesetzt, der wie ein gewöhnliches Modellflugzeug daherkommt. Der "Airframe" dieses Flächenfliegers ist auch in diesem Fall nicht das eigentliche Produkt, sondern die integrierte Elektronik samt der zugehörigen Softwareplattform, die eine Auswertung der Daten nahe an Echtzeit möglich macht.

fernsteuerbares Flugzeug

Precision Hawk

Neben einer herkömmlichen Kamera verfügt der "Precision Hawk" auch über Sensoren, wie sie sonst nur in militärischen Drohnen üblich sind. Derzeit sind das hochempfindliche Thermosensoren für Wärmebilder, Multi- und Hyperspektralsensoren und LiDAR zur präzisen Vermessung. Neben dem Red-Hat-Gründer Bob Young ist auch Intel Capital am "Precision Hawk" beteiligt, der außer in der Landwirtschaft auch zur Bodenvermessung, im Energiesektor und einer Vielzahl anderer Gebiete eingesetzt werden kann. Bis jetzt wurden elf Millionen an Risikokapital lukriert.

Wie Airware ist auch Precision Hawk äußerst zurückhaltend mit Details. Die US-Firma hat bereits Niederlassungen in Kanada und Indien.

Schon jetzt Kommerz

Der Begriff "kommerzielle Verwendung", die an sich nicht von der FAA erlaubt ist, stiftet hier etwas Verwirrung, denn gerade in der US-Landwirtschaft werden Drohnen bereits vereinzelt eingesetzt. Da es sich dabei in der Regel um eigene Grundstücke handelt, dürfen dort jetzt schon Drohnen fliegen, solange man sich dabei an die von der FAA vorgegebenen Regeln hält.

Auch Piloten wie Airbus-Kapitän Peter Beer können dem Drohnenboom Positives abgewinnen, vor allem, wenn die Drohnen dorthin fliegen, wo kein Pilot hinfliegen will.

Bis jetzt sind diese Regeln jenen in Europa ganz ähnlich. Für sämtliche unbemannten Fluggeräte gilt eine Höhenbeschränkung von 150 Metern. Sie dürfen nur im Sichtflug und nicht über besiedeltem Gebiet betrieben werden, die Distanz beträgt maximal 500 Meter im Umkreis. Für eine ganze Reihe von landwirtschaftlichen Zwecken ist das schon ausreichend.

Was die Drohnenfluglizenz für CNN betrifft, so wird dabei natürlich nicht an den Einsatz von Drohnen in TV-Studios, sondern an den operativen Einsatz des Fluggeräts in der Berichterstattung gedacht.

Die nächsten Teile dieser in loser Folge erscheinenden Serie werden sich mit der Entwicklung bei militärischen Drohnen und der Situation in Österreich beschäftigen.