Erstellt am: 15. 1. 2015 - 16:06 Uhr
The daily Blumenau. Thursday Edition, 15-01-15.
#demokratiepolitik #bürgerrechte
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Abgesehen davon, dass es womöglich tatsächlich ein recht lokales Phänomen ist: allein die Tatsache, dass die von Pegida ausgelöste "Wir sind die Mitte des Volkes"-Gefühligkeit Anfang Februar auch nach Österreich überschwappen (und auf dem Entrüstungs-Nachlauf der zu erwartenden Akademikerball-Erregung segeln) wird, verleiht dieser montäglichen Bewegungs-Bewegung Macht.
Dass die besonders ressentimentgetränkte Grundstimmung aus dem demokratiepolitisch lange Jahre schwerstens behinderten deutschen Osten die Bewegung so anfällig für Satire-Störfeuer macht, und der anfängliche Social-Media-Boom der dort urangesagten "Man wird ja noch mal sagen dürfen, wie xenophob und kleinkariert man denkt!"-Äußerungen zwischenzeitlich eher die Lust zur Parodie füttert (meine Lieblingsverarsche ist die da) ändert vielleicht die Außenwahrnehmung, verhärtet aber die Innensicht.
Und auch die Analyse, dass sich das kleinbürgerliche Spießertum in dieser Bewegung ein neoneubiedermeierliches Denkmal ganz ohne Berührungsängste mit den bösesten rechtsradikalen Onkels setzt, mag legitim sein - richtet sich (wie die taz hier festhält) immer auch gegen die Anschuldiger selber, deren kleinbürgerliche Horizont-Begrenzung das Anwachsen der Rechtsaußen-ist-die-neue-Mitte-Scheinnormalos erst mitermöglicht hat.
Kleinbürger und Spießer sind wir selber.
Aber echt alle.
Auch und vor allem die, die am lautesten "ich bin cool" schreien.
Etwa Aykut Anhan.
Den hatte ich ja schon seit allerspätestens dieser als PR gedachten, aber zur Selbstentlarvung geratenen Spaß-Investiga-Show unter Verdacht.
Dann sprachen sich aber die Experten meines Vertrauens für ihn aus. Allerdings für den Texter, nicht den Menschen.
Seit ich vorhin im Bus das Haftbefehl-Interview im aktuellen Biber-Heft gelesen habe, hilft das aber auch nix. Auch literarisch wertvolle Lyrics machen aus dem kleinbürgerlichen Spießer kein Role Model.
Hier die drei dümmsten Ausschnitte aus dem Gespräch, das Yasmin Szaraniec mit dem Offenbacher local hero führte.
Beispiel 1:
Bist du eigentlich ein politischer Mensch?
"Nein. Ich halte generell nicht viel vom Krieg, aber er gehört zum Menschen. Die Steinzeitmenschen haben mit der Keule gejagt und etwas umgebracht, um zu essen."
Beispiel 2:
Krieg hat gerade dieser Tage viel mit Religion zu tun...
"Politik und Religion sollte man trennen. Die meisten Politiker sind Gottlose oder Leute, die einen auf religiös machen. Dabei glauben sie meist nur an Geld. Sie wurden so sehr von der Gier gepackt, dass sie die Religion vergessen."
Beispiel 3:
Warum sind Politiker gottlos?
"Deutschland hat eine falsche Politik. Da fließen so viele Steuergelder in die Kassen, die an andere Länder verschenkt werden. Die Bevölkerung hat kein Recht. Man darf zwar wählen, aber was bringt das schon, wenn die Politiker ihre Slogans nicht einhalten?"
Könnte alles auch von einem Pegida-Redner sein, oder?
Kommt aber von Wortgott Hafti, der als Privatmann schon bei Olli Schulz nur mit platten Platitüden glänzte und so zur Theorie Anlass gibt, dass die Texte vielleicht doch nicht sooo die allerbesten der Welt oder gar nur Product Placement für/von Mercedes und Co sind und vielleicht, so kicklmäßig, gar nicht durchgehend von ihm allein stammen.
In jedem Fall hat der Kleinbürger, hat der Spießer in mir und in uns auch eine gewisse Freude daran, den spießigen Kleinbürger im so viel letale Lässigkeit ausstrahlenden geistigen Drive-By-Schießer mit dem autobiografisch gerechtfertigten nom de guerre (da immerhin hat er recht: Französisch kann in Rap schon was) als MitSpießer und MitKleinbürger anerkennend auf die Schulter neben dem nur die altbackensten Klischees hervorbringenden Künstler-Kopf zu klopfen.