Erstellt am: 14. 1. 2015 - 16:13 Uhr
Polizei setzt vor Akademikerball auf Deeskalation
Zerschlagene Schaufenster, brennende Mülltonnen. Im vergangenen Jahr ist die Demo gegen den Akademikerball eskaliert, es gab Auseinandersetzungen von manchen DemonstrationsteilnehmerInnen mit der Polizei und Festnahmen. Am bekanntesten wurde der Fall von Josef S., einem Studenten aus Jena, der deswegen zu zwölf Monaten Haft verurteilt wurde. Ein Urteil, das auch massiv kritisiert wurde.
Der Akademikerball wird von der FPÖ veranstaltet und ist der Nachfolger vom WKR-Ball, dem ehemaligen Ball der Wiener Burschenschaften. Heuer findet er am 30. Jänner statt, wieder in der Hofburg. Die Beitreibergesellschaft hatte zwar angekündigt, dass es nach 2012 keine weiteren Bälle mehr vom Wiener Korporationsring in den Räumlichkeiten geben solle. Der Akademikerball, von der FPÖ organisiert, findet aber wieder dort statt - denn, so die Argumentation von der Geschäftsführerin der Hofburg-Betreibergesellschaft Renate Danler im März 2012: "Ich kann nicht päpstlicher sein als der Papst. Wir stehen allen im österreichischen Parlament vertretenen Parteien offen. Wir sind ein Haus der Republik."
Das ist es, was viele GegnerInnen des Balls stört: Sie möchten kein Zusammentreffen von Rechtsextremen in einem offiziellen Gebäude der Republik.
APA/FAYER
Polizei setzt auf Deeskalation
Heuer möchte die Polizei schon im Vorhinein auf Deeskalation setzen. Johann Golob, Sprecher der Wiener Polizei, sagt: "Wir setzen bereits im Vorfeld alles daran, dass die Stimmung sowohl in der Sprache, als beim Ereignis selbst möglichst deeskaliert wird, damit die ganze Angelegenheit friedlich über die Bühne laufen kann.“
So soll es kein generelles Vermummungsverbot in der Wiener Innenstadt geben - auf den Demos und Kundgebungen selbst ist das Vermummen ohnehin gesetzlich verboten Und die Polizistinnen und Polizisten sollen nicht von Anfang an mit kompletter Schutzausrüstung inklusive Helm auftreten.
FM4 / Alex Wagner
Zu verschiedenen Demos und Kundgebungen rufen unter anderem auf: Offensive gegen Rechts, nowkr, Jetzt Zeichen setzen und die Interventionistische Linke.
Magdalena von der Offensive gegen Rechts, einem von mehreren Bündnissen, die am 30. Jänner Demonstrationen gegen den Akademikerball organisieren, begrüßt diese Ideen. Sie sagt: "Wenn man von Anfang an im Wanderkessel marschiert, dann denkt man sich schon: Was haben die noch vor? Oder was erwarten sie von uns, dass sie so auftreten? Prinzipiell schafft es schon eine angenehmere Atmosphäre wenn sie erst einmal ohne Robocop-Montur auftreten." Aber sowohl das, als auch dass es kein zusätzliches Vermummungsverbot gibt, sollte eigentlich Normalzustand sein, findet Magdalena. "Das braucht jetzt auch nicht so dargestellt werden, als wäre die [Polizei] so gütig und so nett zu uns, wenn sie sich so verhalten. Aber natürlich sind wir froh, dass uns so etwas wie das Vermummungsverbot erspart bleibt."
APA/GEORG HOCHMUTH
Platzverbot
Das Platzverbot rund um die Hofburg wird es auch heuer geben. Platzverbot heißt, dass in einen gewissen Bereich rund um die Hofburg nur mehr Anrainer und sonstige Berechtigte (in dem Fall: Einsatzkräfte und BallbesucherInnen) hinein können. Auf die Frage, warum es so ein Verbot denn brauche, sagt Polizeisprecher Johann Golob: "Das ist dafür da, dass im Bereich, wo diese Veranstaltung ist, gefährliche Angriffe, eine Gefährdungssituation, möglichst ausgeschlossen wird."
Letztes Jahr war das Platzverbot scharf kritisiert worden, weil es auch JournalistInnen umfasste. Akkreditierte JournalistInnen durften den Bereich um die Hofburg nur zu gewissen Uhrzeiten und in Begleitung eines Polizeipressesprechers betreten. Sowohl die Journalistengewerkschaft als auch der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) forderten damals die Polizei auf, eine freie und unabhängige Berichterstattung zu ermöglichen. Heuer, so Golob, arbeite man mit den beiden Journalisten-Organisationen zusammen, "damit eben nur Journalisten hineinkommen, die auch wirklich Journalisten sind. Es ist heute so, dass diese Presseausweise fast schon inflationär vergeben werden und fast jeder, der sich dazu berufen fühlt, irgendeinen Presseausweis hat. Hier müssen wir selektiver vorgehen, um die Sicherheit zu gewährleisten."
Die Polizei twittert mit
Noch eine Strategie ist neu bei der Polizei: Genau wie die DemoteilnehmerInnen kommuniziert sie über Twitter und Facebook, was gerade auf der Demo los ist. Erprobt zum Beispiel schon bei einem Burschenschaftler-Festkommers Ende November im Wiener Rathaus. Die Polizei-Tweets sehen dann z.B. so aus:
Gerüchte über Festnahmen falsch - es gibt keine #nowkr #antifa_w #antifa #noburschis #WienTV #Tobbsn #VPaMaPa #rosaantifawien
— POLIZEI WIEN (@LPDWien) 29. November 2014
Zur Info es gibt eine tolle #Sambagruppe beim #Rathauskeller - Musik gefällt #nowkr #noburschis #antifa @rosaantifawien
— POLIZEI WIEN (@LPDWien) 29. November 2014
Magdalena meint zur Polizei auf Twitter: "Wenn sie am 30. Jänner online sind und Meldungen schicken, werden wir das sicher beobachten. Es wird aber trotzdem so sein, dass wir uns auf unsere Arbeit konzentrieren, so wie wir sie die letzten Jahre auch gemacht haben. Ob das Twittern von der Polizei da viel dran ändert, kann ich nicht sagen. Es ist aber sicher nicht schlecht, wenn von deren Seite auch Informationen kommen und kommuniziert wird."
6.000 TeilnehmerInnen erwartet
Die Polizei rechnet mit ca. 6.000 TeilnehmerInnen auf der Demo, sie wird mit mehr als 2.000 PolizistInnen im Einsatz sein. Magdalena von der Offensive gegen Rechts rechnet alleine auf der von ihnen organisierten Demo mit 6.000 TeilnehmerInnen, sie meint, bei allen Gegenkundgebungen zusammen könnten es schon über 10.000 werden.
Johan Golob von der Polizei sagt: "Es ist ja der überwiegende Teil der Demonstranten friedlich. Die wollen ihre Themen artikulieren. Das Problem ist dieser kleine Teil, die in die Destruktion hineingehen und einen Vandalismus machen."
Magdalena erzählt, sie habe bemerkt, dass die Polizei zurückhaltender sei - zum Beispiel letztes Wochenende bei der Demo gegen den Linzer Burschenbundball: "Sie haben verhältnismäßig auf Situationen reagiert, wie zum Beispiel das Anzünden von bengalischen Feuern geschehen lassen. Und durch das Nicht-Eingreifen ist es auch wieder zu keinen Gegenreaktionen von DemonstrantInnen gekommen." Magdalena meint auch, dass hinter dem Vorgehen der Polizei immer gesellschaftliche Realitäten stehen. "Und offensichtlich ist der öffentliche Diskurs so, dass es ein bisschen mehr Druck gibt auf die Polizei, was das unverhältnismäßige Einschreiten auf Demos betrifft." Die Räumung der Pizzeria Anarchia dürfte da vielleicht eine Rolle gespielt haben.
Am Grazer Burschenschafterball kommendes Wochenende - und dann natürlich am 30. Jänner wird man sehen, ob Polizei und DemonstrantInnen ihre guten Vorsätze beherzigen.