Erstellt am: 13. 1. 2015 - 14:42 Uhr
The daily Blumenau. Tuesday Edition, 13-01-15.
#fußballjournal15
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Vorrede
In meiner frühen Teenager-Zeit habe ich auf die in Wien recht alltägliche Frage, von welcher Mannschaft ich denn Fan sei (und damals war die Auswahl höher, Vienna und Sportklub hatten noch einen Kids durchaus massig anlockenden Stellenwert) immer mit "vom Nationalteam" beantwortet: das war noch nicht in Cordoba gewesen, sondern davor - unter Leopold Stastny - auf dem (für mich zumindest deutlich) spürbaren Weg zu einer Blütezeit.
An diesem Prinzip hat sich nichts geändert: mir ist die Nationalmannschaft näher als die Club-Teams, no offense intended, rein intuitiv.
These
Gestern abend wurde nun Bernhard Wohlfahrt, den alle als Franz kennen, bisheriger Tormanntrainer des ÖFB, zum neuen Austria-Sportdirektor bestellt.
Ich traue Wohlfahrt nicht; ich halte ihn auch für eine Art Knofel (einen Unglücksbringer), und werde versuchen das hier noch zu erklären/begründen. Aber weil es mir lieber ist, dass er bei einem einzelnen Verein Schaden anrichtet (und auch hier: nichts gegen die Austria) anstatt das Fortkommen des ÖFB zu verhindern, ist mir dieser Wechsel durchaus recht.
Knofel
Meine ewige Naserümpferei bezüglich Wohlfahrt besteht aus drei Teilen.
Zum einen kann ich in seiner Vita als sportlich Verantwortlicher keine Konstanz, keine Ziele und keine Erfolge erkennen. Wohlfahrt ist einer von vielen Ex-Internationalen, der schnell in bequeme Jobs gehievt wurde und dort kaum etwas bewegen konnte/wollte.
Zu dieser in hohem Maße unkonzentriert wirkenden Karriere passen immer wieder aufpoppende Aktivitäten im Eventmanagement/Checker-Bereich - allerdings spielt Wohlfahrt selbst dort wo die Firma etwa seinen Namen trägt, wieder nur die Aushängeschild-Rolle, bleibt nicht greifbar.
Und zum dritten ist es auch eine Frage des Charakters einer Generation: die so erfolgreichen Spät-80er und 90er-Torhüter Österreichs (Lindenberger, Konsel, Konrad, Knaller und eben Wohlfahrt) haben, nachdem sie die Kiste verlassen mussten, einfach ein Händchen für's in-den-Gatsch-greifen.
Lindenberger, Konrad, Konsel, Knaller...
Zwei der 5 Teilnehmer an den WMs 90 und 98 haben sich in politische Irrwege verstolpert - der eine musste nach einem Selbstfaller abgebaut werden, der andere hat sich heillos im Esoterischen verirrt.
Einer hat nur noch in den Seitenblicken was zu melden (seine Expertisen sind Lachnummern), ein anderer ist heute noch dabei sich die vernebelte Vergangenheit zurechtzuschneidern.
Wohlfahrt mag zwar Klassenbester dieser Eckensitzer-Bande sein, aber eben auch der ewige Bully.
Wulkaprodersdorf
Erst Jahre nach dem Karriere-Ende als Aktiver besann sich der St.Veiter auf eine Fortsetzung im sportlichen Bereich. Als Trainer reichte es für Neudorf, Baden und Wulkaprodersdorf, als Torwart-Trainer für ein halbes Jahr Admira, ehe dann der ÖFB - wie damals ganz normal und auch heute noch in weiten Teilen üblich - ein Gnadenbrot anbot. Wohlfahrt wurde Tormanntrainer unter Constantini, seine einzige Großtat war der gemeinsam mit Manfed Zsak begangeneTrottel mit dem Kapperl-Eklat. Er wurde degradiert und zur U21 geschickt; kam aber 2013 zu einem Comeback. Auch weil er mittlerweile als Coaching-Instruktor der FIFA im Bereich Goalkeeping unterwegs ist. Sagt der ÖFB, steht aktuell (copypastemäßig) in jeder Bio.
Instruktor oder Nicht-Instruktor
Nur: in der aktuellen 2014er-Liste der FIFA scheint zwar Hans Leitert, nicht aber Wohlfahrt auf. Und auch in der von 2013 nicht. Das hat eine gewisse Logik: Leitert (Torwart-Koordinator der Red Bull-Vereine) hat Stationen bei Huelva, Panathinaikos oder Tottenham aufzuweisen - Wohlfahrt eher nur niederösterreichische Landesliga.
Vielleicht ist diese Bezeichnung, der Instruktor, auch nur ein Missverständnis, vielleicht war Wohlfahrt in seiner Eigenschaft als ÖFB-Coach auch nur ein paarmal Referent bei einem "Goalkeeping Instructors Seminar". Eine offensive Auslegung dieser Tätigkeit würde jedenfalls ins Gesamtbild des Checkers Franz Wohlfahrt passen.
Mehr Aus- als Einfälle
Sportlich haben Wohlfahrts Tormann-Training und auch seine Instruktoren-Befähigung Österreich seit 2009 nicht einen Millimeter aus der Goalie-Krise hinausbewegt.
Abgesehen von physischen und verbalen Ausfällen war der Ex-Teamgoalie ausschließlich auf dem Gerüchte-Markt präsent, wenn es um interessante Jobs ging. Als der Sportdirektoren-Posten bei seinem deutschen Ex-Klub VfB Stuttgart offen war etc., wurde Wohlfahrts Name auch in deutschen Medien lanciert - bei Hearings wurde der Kärntner nicht gesehen.
Berufs-Erfahrung: nicht nötig
Hier die Einschätzung von 90minuten.at.
Jetzt hat die Austria Wien zugeschlagen und den Tausendsassa Wohlfahrt engagiert. Vor allem auf Betreiben von Herbert Prohaska und anderen Alt-Violetten. Zwar nicht als Parits-Nachfolger im Vorstand, sondern nur als klassischen Sportdirektor, aber mit einem 3-Jahres-Vertrag.
Dass mit Heinz Peischl jemand in der engeren Auswahl stand, der seit 2010 als Sportdirektor den kleinen Ostschweizer Verein FC St. Gallen durch Höhen und Tiefen navigiert hat (aktuell steht man gar auf Platz 4 der Super League), ist nicht von Belang. Schließlich fehlt dem Burgenländer der Stallgeruch; scheinbar das Einzige, was für die Austria wirklich wichtig ist.
Nachwort
Die Mitglieder der Task Force der Austria Wien, die den Sportdirektor in monatelangen Tagungen gesucht hat: Wolfgang Katzian, Michael Häupl, Karl Blecha, Hannes Sereinig, Herbert Prohaska, Hans-Joachim Watzke aus Dortmund und Markus Kraetschmer.
Um auf die Überschrift zurückzukommen: mir ist Wohlfahrt als Austria-Sportdirektor also recht.
Ich hoffe ja sehr, dass er in diesem Job, der ersten echten Herausforderung seit er vor mehr als 12 Jahren als Spieler aufgehört hat, aufblüht, dass er die bisher an den Tag gelegte Laxheit ablegt und zeigt, dass er etwas kann.
Und wenn es anders kommt und alles so weitergeht wie bisher, dann ist es zumindest nicht der (als öffentliche Institution wahrnehmbare) ÖFB und Österreichs Auswahlmannschaften, die darunter leiden müssen dass in Österreichs Fußball Jobs eben hauptsächlich in Seilschafts-Länge verteilt werden, sondern "nur" ein einzelner, privater Verein. Der noch dazu intern klar benennen kann, wer für diese (wie sich nach und nach herausstellt nicht einstimmige) Entscheidung verantwortlich ist.