Erstellt am: 9. 1. 2015 - 17:44 Uhr
The daily Blumenau. Friday Edition, 09-01-15.
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Ski Alpin/ÖSV
Wenn man schon den direkten Zugriff auf den Kanzler an die Boulevard-Konkurrenz verloren hat, dann wird ja zumindest die zweitbedeutendste heimische Institution für sich vereinnahmen dürfen. Nach dieser Maxime geht die Sportredaktion der Kronen-Zeitung derzeit vor. Der ÖSV gehört ihr, übers klassisch medienpartnertechnische hinausgehend.
Der Konflikt zwischen Ski-Chefetage und Anna Fenninger, die es gewagt hatte Selbstständigkeit in Bezug auf Sponsorensuche einzufordern, wurde in der Krone nicht nur angestoßen und dann beruhigt – das ist noch die übliche Medienstrategie – sondern dazwischen auch noch durch den redaktionellen Kommentar eines vom ÖSV gern eingesetzten Juristen bewertet; natürlich im Sinn der Partei, der man sich verpflichtet sieht.
Der ÖSV ist Österreichs erfolgreichster Sportverband, was viel und positive Berichterstattung hervorbringt – da verschwimmt die Grenze zum Lobbying und zur öffentlichen Belehrung schon einmal.
Es ist auch die Kronen-Zeitung, die sich der Präsident aussucht um sein Unverständnis über die aktuellen Skisprung-Regeln (die nichts anderes als die Linie sind, die den durch die digitalen Anforderungen komplexer denkenden Menschen von jenem diesbezüglich im letzten analogen Jahrhundert Verbliebenen trennt) zum Besten zu geben.
Und es ist diese indirekte Machtfülle, die die Kronen-Zeitung in ihren täglichen Kommentaren dann auch dazu bringt sich als moralischer Kompass für den Bildungssektor und die Politik per se in Szene zu setzen. Als wäre der Geist des alten Dichand, dessen Macht sich auf die Angst vor populistischen Kampagnen rund um diese Kompass-Ausrichtung stützte, in seinem Sportteil aufgegangen.
Wenn auch oft falsch verstanden.
Denn nur so kann es auch zum schiefesten Vergleich des jungen Jahres kommen: gedopte Sportler wären nicht anders als an Umfragewerten oder Stimmenzuwachs interessierte Politiker; Mutlose, die das Gefühl des ehrlich erkämpften Triumphs nie erfahren werden, deren Wirken keinen Wert hat.
So gesehen wäre ja auch das Schielen nach Quote, das Ringen um Leser und User, das ewige NachdemMunddesStammtischesreden wertloser Schund. Wahre, wenn auch absichts- und folgenlose Worte.
Fußball international
Heute hat ein nur alle vier Jahre stattfindendes großes Fußball-Turnier begonnen; der AFC Asian Cup; unter Ausschluss des europäischen Interesses, und das sportlich sicher nicht zu Unrecht. Sport- und marktpolitisch ist die Asien-Meisterschaft aber ein nicht zu unterschätzender Faktor. Der Neu-Einstieg von Indien in die Fußball-Ligen-Branche, die unrunden Etablierungs-Versuche von China, die PR-Weißwasch-Bemühungen von Katar und anderen Golfstaaten und auch die Anstrengungen von Gastgeber Australien, die ja nicht zuletzt deshalb die sportlich total wertlose Ozeanien-Gruppe verlassen haben, sprechen dafür. Eurosport überträgt einige Spiele live, etwas für Frühaufsteher und Experten.
Nächsten Samstag startet dann ein sportlich höherwertiges allzweijährliches Kontinental-Turnier, der Afrika-Cup, der CAN 2015. Das steht – nicht nur wegen der europafreundlicheren Anstoß-Zeiten – stärker im Fokus als sein asiatisches Gegenstück. Das hat auch damit zu tun, dass die afrikanischen Stars im globalen Shirt-Verkaufs/Image-Ranking der Fußball-Fans einfach mehr ziehen als Kagawa und Co.
Und das wird so bleiben, obwohl der CAN erstmals seit Langem ohne Superstars wie Drogba oder Eto'o auskommen muss - beide sind zurückgetreten. Das Turnier findet auch ohne den Titelverteidiger (Nigeria), den Rekordtitelträger (Ägypten) und den eigentlichen Veranstalter (Marokko; es gab nach der Ebola-Hysterie Troubles und Rückzieher) statt; und es hat sich mit einer saublöden Auslosung belastet: in Gruppe A sind vier Außenseiter-Teams daheim, in Gruppe C mit Algerien, Ghana, Südafrika und Senegal vier Top-Mannschaften.
Bei Senegal wird man Sadio Mane sehen; oder auch nicht. Coach Alain Giresse hat den Ex-Salzburg/jetztSouthampton-Spieler einberufen, obwohl er wegen einer (diffusen) Verletzung in England bleiben sollte. Naby Keita wird für Guinea auflaufen, Oldie Issiaka Ouedraogo für Burkina Faso. Chancen auf MVP-Status haben noch nicht so bekannte Leute wie Pitroipa, Aubameyang, Mbokani, Ayew, Gervinho, Yaya Toure, Choupo-Moting oder Mbia.
Die WM-Teilnehmer Ghana, Cote d'Ivoire und Kamerun bekommen (nach bereits einigen Afrika-Cups der letzten Jahre) eine weitere Chance hohe Erwartungen nicht zu erfüllen, Algerien wird (nicht zuletzt wegen der erinnerungswürdigen WM-Performance gegen Deutschland, als Geheimfavorit gehandelt – was für ein maghrebinisches Team auf Subsahara-Afrika-Boden aber (historisch belegbar) kaum einzulösen ist. Vor zuletzt überraschenden Außenseitern wie Gastgeber Äquatorial-Guinea (eine widerliche Diktatur) oder den Kapverden sind alle Teams gewarnt.
Nachdem es eine Zeitlang so aussah, als hätte sich der institutionelle Kolonialismus am Trainersektor einigermaßen verabschiedet, ist wieder ein Backlash festzustellen: ganze drei der 16 Chef-Coaches sind Afrikaner, der Rest Franzosen, Belgier, Portugiesen und Altstars wie Finke, Grant oder Kasperczak. Die Stagnation des afrikanischen Fußballs ist also weiter vor allem am strukturell korrupten Verbandswesen festzumachen, den daraus resultierenden fehlenden Aus- und Weiterbildungs-Maßnahmen, fehlenden nachhaltig-langfristigen Konzepten, was zu einem folgerichtigen sportlichen Stillstand führt. Es wäre eine Überraschung, wenn der diesjährige Afrika-Cup diese Probleme nicht wieder zeigen würde. Dass trotzdem großer Sport zustandekommen kann, nährt die Hoffnung des Zuschauers, der in Europa via Eurosport live dabei sein wird.
Handball
In genau einer Woche greift ein österreichisches Nationalteam bei einer Weltmeisterschaft ein: die Handballer haben 2014 die Qualifikation für ein Weltturnier geschafft – und das ist, weil fast so schwer wie im Fußball – ein seltenes Ereignis. Eine weitere Parallele zum Nicht-Randsport: die WM findet in Katar statt; indoors, eh klar, und deshalb ohne Klima-Erkenntnisse – aber mit Anschauungs-Unterricht wie bereit die sich nach außen so weltoffen gebende Monarchie/Diktatur ist, sich jenseits vom Hosting von kritischen Institutionen wie Al-Jazeera einer hoffentlich hellhörigen Weltöffentlichkeit zu präsentieren.
Apropos Randsport-Art: die in einer ORF-Aussendung zu den Live-Übertragungen der WM getätigte Bemerkung von „sogenannten“ Randsportarten (was die weltweite Bedeutung von Handball – etwa im Gegensatz zum Skifahren betonen sollte), wurde in einem sich als Konkurrenz betrachtenden Printmedium, dem Kurier, in dessen Sportteil ins exakte Gegenteil verdreht. Als ob der Erwerb von Live-Rechten (im Gegensatz zu Deutschland, wo sich niemand kümmerte und die WM nur auf Sky zu sehen ist) eine Verhöhnung des Sports wäre. Aber bei derlei billigem Kleingeldgewechsel geht es wie so oft weder um Sport noch um Journalismus, sondern um Medien- und Machtpolitik.