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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

4. 1. 2015 - 14:56

Rebel Girl

Der Song zum Sonntag: Girlpool - "Blah Blah Blah"

Wir ficken das System und wir fighten die Power. In großen Zusammenhängen, in der kleinen Privatbeziehung. In seinem Song "Jane" erzählt das kalifornische Duo Girlpool von einer Tänzerin namens Jane, die sich von ihrem dominanten Boyfriend nicht länger den Mund verbieten lassen will: "Girls and Boys, if you're listening, don’t ever feel imprisoned, feeling like your mouth is glued tight shut", singen Bassistin Harmony Tividad und Gitarristin Cleo Tucker zusammen, und "You were born for a reason, share all your feelings / If you are a Jane, put your fist up, too".

Girlpool recken die Fäuste, machen den Mund auf und lassen sich keinen Müll mehr füttern, nicht von der Gesellschaft, nicht von idiotischen Partnern. Girlpool zeigen wieder einmal, wie viel Kraft durch Minimalismus und Reduktion transportiert werden kann, die vor Kurzem erschienene "Girlpool"-EP entwirft die extraschlankeste Popmusik, verbogen, rough, jung und voller Saft.

Girlpool

Alice Baxley

Girlpool

Die beiden erst kürzlich der Highschool entwachsenen Musikerinnen Tucker und Tividad brauchen nicht mehr als zwei quengelig gegeneinander anspielende Instrumente, Gitarre und Bass, gerne auch verstimmt, ihre Stimmen im harmonischen Widerstreit, kurze, schrille Schreie. Schlagzeug gibt es keines.

In musikalischer Hinsicht taumeln Girlpool da leicht erratisch zwischen Twee-Pop-Niedlichkeit mit großer Melodie und schroffem Rrrriot-Grrrl-Schrottplatzpunk. Was Girlpool da so auf ihrer EP zusammendaddeln, ist frisch, ungestüm, witzig, ernsthaft, schlau und hat eigenes Aroma. Eine historische Verwandtschaft zu den großen walisischen Putzigkeitspostpunkern Young Marble Giants, die, wenn es um radikale Entschlackung im Sound geht, nicht genug zitiert werden können, ist jedoch nicht zu überhören.

Ebenso wenig wie zu der obskuren Outsider-Familienband The Shaggs, dem schönen Dilettantismus von den Raincoats und den Slits und dem unbedingt wichtigen Rebellionsgestus von Bikini Kill. Raus kommt eine Band, die die Welt braucht.

Girlpool singen von Seximus, sozialer Ungerechtigkeit, Kampf gegen Normen: "I don't really care about the clothes I wear / I don't really care to brush my hair / I go to school everyday /Just to be made a housewife one day", heißt es in dem Song "Slutmouth".

Dabei ist genügend Platz für Humor und Quatsch, Teenage-Love-Stories und luftige Unbekümmertheit. Das Stück "Blah Blah Blah" eröffnet die EP von Girlpool, ein kleiner, toll alberner Song, der in gerade mal zwei Minuten ein bekanntes Problem auf ein paar wenige, knackige Zeilen herunterbricht: Der Partner ist doof, die Liebesbeziehung muss jetzt endlich beendet werden.

"You're too busy watching other girls / In their little skirts with their pretty curls ", oder auch, "You like me better in my underwear / When I try to kiss you, you get scared". Danach kommt der Typ wieder mit Ausflüchten und Entschuldigunsgelaber. "Leave me, go out the door / I can't handle your shit anymore / I hear you talkin' like / Blah blah blah blah / Blah blah blah blah". Ein Wirbelwind, ein funky Bass, eine Art windschief aus den Saiten geleiertes Gitarrensolo. Eine spitze Lanze für den Widerstand.