Erstellt am: 7. 1. 2015 - 18:09 Uhr
The Games We'll Play
Ob es nun die mit Millionenbudget gehypten AAA-Schlachtschiffe oder die in stickigen Elternschlafzimmern gebastelten Indie-Spielewunder sind: Wer dem Medium Computerspiel etwas abgewinnen kann, darf sich immer auf die Zukunft freuen. Der Grat zwischen professionell entfachter Euphorie und schnöder Mogelpackungswerbung ist dabei schmal: Wenn das abgelaufene Jahr 2014 etwas zum wiederholten Mal bewiesen hat, dann das: “The proof of the pudding is in the eating”, wie der Brite sagt. Sprich: Die Vorfreude auf teils jahrelang herbeigehypte Möchtegernsuperseller wie “Watch_Dogs”, “Assassin’s Creed: Unity” oder auch “Destiny” ist eventuell dann angesichts des Resultats gar zu groß gewesen.
Statt Hype im Folgenden eine - zugegeben letztlich subjektive - Auswahl von Spielen, die uns 2015 hoffentlich nicht enttäuschen werden. Und falls doch: Halb so schlimm - das macht die unvermeidlichen positiven Überraschungen, die wie aus dem Nichts auftauchen, umso besser.
From Software
Bloodborne (PS4)
Man könnte das düstere Action-RPG-Gemetzel getrost dem wachsenden Stapel immergleicher Blut-und-Beuschel-Prügler zurechnen, wenn, ja wenn nicht die Hexenmeister von From Software die Urheber von “Bloodborne” wären. Die altehrwürdigen Schöpfer der “Souls”-Reihe - “Demon’s Souls” sowie “Dark Souls” 1 und 2 - stehen für Millionen Masochisten weltweit als Garant für hartes, aber unfassbar lohnendes Action-Gameplay, also Futter für Spieler, die sich ihre Lorbeeren gern selbst hart erarbeiten. Ein neues Steampunk-Horror-Setting und rasanteres Gameplay versprechen etwas Neues - ob’s so hart bleibt? Wir werden sehen.
Dying Light (Windows, PS4, XBO)
Zombie-Apokalypse, schnarch, gähn, doch Halt: Die polnischen Entwickler Techland versprechen eine Handvoll Innovationen, die uns vielleicht doch nochmals den Kampf gegen die untoten Langeweiler ins Auge fassen lassen. Tag-Nachtwechsel, offene Umgebung, Survival-Elemente, unverbrauchtes Setting (Türkei!): Vielleicht steckt doch noch etwas Leben in diesem Kadaver. Ansonsten rufen wir 2015 bitte alle laut, gemeinsam: Braiiiiiins! Braiiiins!
CD Projekt Red
The Witcher 3: The Wild Hunt (Windows, PS4, XBO)
DAS Rollenspielgroßereignis des Jahres, noch größer, noch schöner, noch europäischer: Wer Rollenspiele mag und einen Grund für den Wechsel zur Current Gen oder zu einer neuen Grafikkarte sucht, hat ihn vermutlich hier gefunden. Die polnischen Entwickler sind Routiniers und - siehe oben - verleihen dem internationalen Fantasy-Eintopf eine angenehm eigenständige Geschmacksrichtung durch reichliche Verwendung mittel-osteuropäischer Mythologie. Wenn die Versprechungen halten und keine Katastrophen passieren, wird die Wilde Jagd ein neuer Meilenstein im Genre.
Evolve (Windows, PS4, XBO)
Mit “Left4Dead” hat Turtle Rock das Multiplayer-Shooter-Genre schon einmal höchst originell bereichert, “Evolve” dreht an denselben Schräubchen, doch diesmal - juhui - ohne Zombies: Zu viert im Team auf der Jagd nach einem einzelnen, sich zum turmhohen Obermotz weiterentwickelnden Monster - das klingt schon mal originell. Im Feintuning der einzelnen Klassen, Maps und Monstertypen liegt nun die größte Herausforderung vor Release. Ich drücke die Daumen: Immerhin wollte ich immer schon den Herrn Kollegen Glashüttner als turmhoher Godzilla durch die Büsche scheuchen.
Metal Gear Solid V: The Phantom Pain (Windows, PS3, PS4, Xbox360, XBO)
Zugegeben: Für die einen sind Hideo Kojimas in Pathos schwelgende Military-Epen mit stundenlangen Videosequenzen und Vorgeschichte in der Komplexität mittelgroßer Renaissancegeschichteseminare ein Buch mit sieben Siegeln, für die Millionen Fans jedoch ist die Rückkehr der diversen Snakes - diesmal in der Hauptrolle: Venom Snake aka Big Boss - Grund zur ausgelassenen Freude. Ein Videospielgroßereignis ist ein neues MGS auf jeden Fall, auch deshalb weil Konami technisch und in Sachen Gameplay eine Perfektion erreicht, die Japans Inselstatus auch in Sachen Videospiele regelmäßig unter Beweis stellt.
Nintendo
Mario Maker (Wii U)
Apropos Japan, apropos Kult, apropos Videospiele: Nintendos Sonderweg führt möglicherweise manchmal in seltsames Gelände, doch mal ehrlich - wo Mario ist, wollen wir auch sein. Mit “Mario Maker”, dem Editor für “Super Mario”, erfüllt sich der Traum vom endlosen Nachschub an Jump’n’Run-Klassik, und hätte man das Vertrauen, dass Nintendo das mit diesem komischen Internetz 2015 schon so wirklich, echt, richtig und 100% verstanden hat, könnte man schon jetzt ausgelassen herumspringen. So muss man Vertrauen haben.
Everybody's Gone To The Rapture (PS4)
The Chinese Room haben mit “Dear Esther” und “A Machine for Pigs” unverwechselbare Spiele geschaffen, mit “Everybody’s Gone To The Rapture” steht 2015 ihr ambitioniertestes Projekt auf dem Plan: Während einer sich genau jetzt vollziehenden Apokalypse durchwandert man aus verschiedenen Perspektiven eine menschenleere Welt. Wer Spiele wie dieses als “Walking Simulators” schmäht, hat in seiner bemitleidenswert tristen Existenz die Magie des Spaziergangs bislang nicht für sich entdeckt. Skandälchen: Das aus der Modding-Szene und somit vom PC stammende Studio bleibt diesmal exklusiv bei Sonys PS4.
Hello Games
No Man's Sky (Windows, PS4)
Kaum ein Spiel hat 2015 das Potenzial, so viele Menschen glücklich oder unglücklich zu machen wie “No Man’s Sky”. Das völlig prozedural generierte Sandbox-Universum in der unwiderstehlichen Optik von 80er-Jahre-Science-Fiction-Covers dürfte wohl das am meisten herbeigesehnte Spiel des Jahres sein. Ob das winzige englische Indie-Team die galaktisch großen Erwartungen erfüllen kann, wird sich zeigen; wenn’s nur halb so schön wird wie in den Trailern, ist’s schon großartig.
Sunset (Windows, Mac, Linux)
Die belgischen Games-Künstler Tale of Tales entführen uns in ihrem per Kickstarter finanzierten First-Person-Adventure in die frühen 1970er-Jahre und an den Vorabend einer Revolution in einem fiktiven südamerikanischen Land. Als Reingungskraft erschließt sich uns ein politischer Thriller nur durch die Fundstücke in einem einzigen, stylischen Appartement - wer Tale of Tales kennt, weiß, dass man mit dem Außergewöhnlichen rechnen darf.
Was noch?
Mit Verlaub: Spielte man die oben genannten zehn Sahnestückchen nur halbwegs gründlich, hätte man vermutlich für das gesamte Spielejahr ausgesorgt. Doch natürlich kommt da noch allerhand anderes auf Spielerinnen und Spieler zu - vor allem auf die unermüdlich produzierenden großen Publisher und ihre beängstigend routiniert ablaufenden Großmassenproduktionen ist zumindest in Sachen Regelmäßigkeit Verlass.
Doch auch (und besonders!) abseits davon wartet auch 2015 sicher wieder Wunderschönes auf Freunde des elektronischen Spielens. Vorfreude ist die schönste Freude - 2015 wird wieder einmal das beste Spielejahr aller Zeiten.