Erstellt am: 18. 12. 2014 - 10:55 Uhr
Heiße Bergluft
Wie geht es eigentlich euch so, wenn ihr den Namen “Smoky Mountains” hört? Kommt euch dann auch so dieser harzige Wald-, Laub-, und Feuergeruch, ein paar Cracker und Beef Jerky, die ölige Note eines alten Gewehres, vielleicht ein bisschen Banjo-Ge-twange?
Shaconage, “Ort des blauen Rauchs”, nannten die Cherokee dieses Appalachen-Gebirge, eines der ältesten der Welt, das sich zwischen Tennessee und North Carolina erstreckt. Schon allein der Landschaft wegen, möchte man meinen, kann ein Film, der in den Rauchigen Bergen spielt, ziemlich wenig falsch machen. Rauch ist doch immerhin eine Art prähistorischer Vorbote des Kinos, nicht wahr.
Eigentlich sollte man also nur mehr Filme über die Smoky Mountains machen, die man dann in den ebenso mystischen Barrandov-Studios in Prag dreht - dort, wo auch Serena (2014) von der dänischen Regisseurin Susanne Bier gedreht wurde.
(Achtung, es folgen mögliche Spoiler!)
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Hauch von Hollywoodhistorie
Dazu kommt noch das Star Vehikel - wie in den Urzeiten des Kinos, als Filme noch für Liebespaare geschaffen wurden, die anschließend ganze Hollywoodstudios auf den Schultern trugen. Offensichtlich sind in der Gegenwartskultur nun Jennifer Lawrence und Bradley Cooper ein solches Leinwand-Liebespaar. Zuletzt gaunerten sie sich durch American Hustle (2013) und waren doch wirklich besonders großartig in Silver Linings Playbook (2012) (als Beweismaterial nehme man folgendes .gif - wobei man hier auch den besten Moment des Films berücksichtigen sollte).
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Bei Serena hat man also fast das Gefühl, der Film wurde erfunden, weil es ihn eben geben musste. So, wie wenn man eine Katharine Hepburn/Spencer Tracy Biographie durchstöbert und auf das Elia Kazan-Fiasko Sea of Grass (1947) stößt. Denn natürlich muss es pro Studio-System-Liebespaar mindestens einen grottigen Kostümschinken geben (Ausnahme: Bogie und Bacall). Schön dass diese Tradition also weitergeführt wird - da fühlt man sich als Zuschauer wie ein Teil einer Fiktion über Fiktion!
Smoke and Mountains
USA, Zeit der Großen Depression. Holzunternehmer George Pemberton (Bradley Cooper) versucht, ein mächtiges Unternehmen zu leiten. Sein Leben ist der Wald - die Verholzung davon macht ihn zu einem kapitalistischen Ungetüm, aber auch die Romantisierung des Waldes ist Teil seiner Person. In der Eröffnungsszene z.B. treffen wir auf ihn bei der Puma-Jagd.
Schon bald erspäht Pemberton eine noch viel kompliziertere Raubkatze: Serena (Jennifer Lawrence), eine kühne Blonde auf einem weißen Ross.
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Serena, die einer rätselhaften Familientragödie entstammt, umgibt eine gewisse Mystik, die die Kamera fein einfängt: so weiß und edel, mit Lawrences Gesicht und seidigem Haar, wirkt Serena wie die Hohenpriesterin der Wälder. Wie eine katholische Heilige kann sie dann auch noch Bäume fällen, Adler zähmen, und Klapperschlangen ausrotten. Pemberton und Serena sind zusätzlich auch noch ein durch und durch amerikanisch-kapitalistisches Unternehmerpaar, das vor nichts zurückschreckt und sich vor allem durchsetzen will. Der Film schafft es allerdings nicht ganz, in diesem moralischen Graubereich spannende Momente aufzubauen.
Dazwischen kommen dann ein paar politische Problemchen und dann, oje, „die Frau“. Erst wollen Pemberton und Serena eine Familie gründen, dann verliert Serena ihr Kind und wird daraufhin wahnsinnig - aus Eifersucht an Pembertons unehelichem Sohn.
Käsige Melodramkultur
Schon hat der Film sein potenzielles Antiheldenpaar aufgespannt, schon scheitert er gleich daran; und damit verschwindet auch noch die eigentlich magische Chemie des Lawrence/Cooper Teams.
Antihelden sind eine schöne Sache, besonders, wenn man mit den Bösen mitfiebern kann; aber das versucht “Serena” gar nicht. Der ohnehin mittelmäßige Film ersauft in seiner eigenen Misogynie.
Pemberton bleibt ein Held, obwohl er ein totaler Unsympathler ist. Und bei Serena, der Tragödin, passiert das umgekehrte: der Film macht aus der pösen, pösen Frau einen Bösewicht, die den armen, guten Mann aus der Fassung bringt und dann auch noch ein armes, süßes Baby umzubringen versucht.
Dagegen ist Gone with the Wind (1939) eine durch und durch feministische Hochburg. (Das finde ich eigentlich sowieso, aber ich glaube, einige FeministInnen wären da anderer Meinung.)
Serena läuft ab 19. Dezember in österreichischen Kinos.
Zum Schluss von Serena lässt sich also nur mehr ein altes Pfadfinderliedchen singen, zur Melodie des Volkslieds On Top of Old Smoky:
On Top of Ol’ Smoky...
All covered with cheese
I lost my poor meatball
when somebody sneezed.