Erstellt am: 18. 12. 2014 - 16:52 Uhr
Big Air Premieren in Istanbul
Abseits von Metern und Sekunden
Ein wöchentlicher Überblick auf FM4 über sportliche Entwicklungen und anstehende Veranstaltungen
Snowboard Events sind nicht mehr unbedingt auf tiefe Temperaturen angewiesen. Wenn genug Budget vorhanden ist, können Snowboard Contests durch Schneeproduktion im Stickstoff-Zelt auch unter mediterranen Bedingungen durchgeführt werden. In Istanbul etwa arbeitet man schon seit Tagen daran, möglichst perfekte Bedingungen für die Premiere eines Big Air Contests in der Stadt am Bosporus zu schaffen.
Nach über einer Woche Bauzeit steht im Stadion der Technischen Universität jetzt die über 40 Meter hohe Stahlrampe, die ein neues Kapitel in der Geschichte des kompetitiven Snowboardens eröffnen soll. Denn zum ersten Mal werden auch Frauen einen Big Air Contest fahren. Wenn man bedenkt, dass die Männer schon seit über 20 Jahren, seit dem ersten Air+Style, Big Air Contests fahren, ist das schon eine kleine Sensation.
Red Bull Content Pool
Warum es bisher keine Big Air Contests für Frauen gegeben hat, wurde immer an mehreren Gründen festgemacht: Erstens, das hohe Verletzungsrisiko beim Big Air. Den relativ schmalen und kurzen Anlauf, die gigantischen Big Air Kicker und die oft rechte harte Landung wollte man den Frauen bis jetzt anscheinend nicht zumuten. Zweitens ist die Dichte bei den Frauen im Snowboarden nicht so groß, was die Spannung schmälert. Und drittens hat man bisher gesagt, Frauen wollten gar keine Big Air Contests fahren.
Wenn man sich aber das Starterfeld von Istanbul ansieht, mit guten Riderinnen wie Aimee Fuller oder Cheryl Maas, dann hat sich zumindest in der Einstellung zu Big Air Contests etwas geändert. Und darüber, dass das Level der Frauen im Snowboarden enorm gestiegen ist, konnten sich alle überzeugen, die in den letzten Saisonen Slopestyle-Contests gesehen haben.
Dass Frauen jetzt bei Big Air Contests antreten, bedeutet für sie auch Zugang zu größeren Preisgeldern, da Big Air Contests häufig City Events mit vielen ZuseherInnen und großen Sponsoren sind. Allein in Istanbul werden 112.500 Schweizer Franken Preisgeld ausgeschüttet, zwei Drittel für die Männer, wo das Starterfeld größer ist, ein Drittel für die Frauen.
Sportlich wertlose FIS-WM?
Istanbul ist der Test-Event für Big-Air-Bewerbe für Frauen, doch es soll keine einmalige Aktion bleiben. Die FIS will im Jänner sogar Weltmeisterinnen im Big Air küren, bei ihrer FIS-Freestyle-Ski und Snowboard-WM am Kreischberg in der Steiermark. Von einem Fahrerfeld wie in Istanbul kann diese Veranstaltung aber wohl nur träumen. Es steht zwar WM drauf, die neuen Weltmeister werden aber wahrscheinlich nicht zu den Besten der Welt gehören.
Die FIS, die sich recht häufig über andere Snowboard-Events hinwegsetzt, hat sich nämlich auch diesmal nicht um den restlichen Snowboard-Contestkalender gekümmert, mit dem Resultat, dass die Freestyle Bewerbe mit dem Air+Style in Innsbruck, den Nanshan Open in China als auch mit den Winter X Games in Aspen kollidieren. Mit dem Prestige der X Games, und auch dem Preisgeld, kann eine FIS-WM nicht mithalten.
APA/EPA/JENS BUETTNER
Allein wenn man den Slopestyle-Bewerb bei den Männern heranzieht, ist es sehr wahrscheinlich, dass kein einziger von den 12 Ridern, die letzte Saison bei den Olympischen Spielen in Sotschi ins Finale gekommen sind, bei der FIS-WM antreten wird. Und obwohl Anna Gasser, Österreichs beste Slopestyle-Riderin, noch damit spekuliert, sowohl bei der FIS-WM, als auch bei den X Games an den Start zu gehen, wird es bei den Frauen wohl ähnlich sein. Der sportliche Wert dieser WM ist also mehr als fraglich.
Die FIS kann sich damit wohl noch am ehesten abfinden. Sie bekommt die Fernsehzeiten bei den reichweitenstarken öffentlich-rechtlichen Sendern in Europa. Verlierer sind das Publikum, das um die besten RiderInnen betrogen wird, die FahrerInnen, die sich zwischen mehreren Events entscheiden müssen und der Snowboardsport als Ganzes. Zustände wie diese sollten eigentlich allen Verantwortlichen die Augen öffnen, dass es lange an der Zeit ist, endlich an einer vereinten Snowboardtour zu arbeiten.