Erstellt am: 16. 12. 2014 - 15:58 Uhr
Die geschrumpfte Hochschulmilliarde
Das Unibudget für die nächsten drei Jahre wurde um 615 Millionen Euro auf ingesamt 9,72 Milliarden erhöht. Die zusätzlichen 615 Millionen sind für die Jahre von 2016 bis 2018 gedacht.
Die von Mitterlehners Vorgängern versprochene zusätzliche „Hochschulmilliarde“ ist das zwar nicht - trotzdem sind die Unirektoren voll des Lobes für die Budgeterhöhung - sie sei "respektabel und anerkennenswert", sagt etwa der Salzburger uniko-Präsident Heinrich Schmidinger. Was sagt die Österreichische HochschülerInnenschaft dazu? Ich habe Julia Freidl vom ÖH-Vorsitzteam gefragt.
Keine zusätzliche Unimilliarde, sondern 615 Millionen - hat Reinhold Mitterlehner das Versprechen seiner Vorgänger gebrochen?
Reinhold Mitterlehner selbst hat nicht mehr versprochen, deswegen hat er auch kein Versprechen gebrochen. Aber den Enthusiamus der einzelnen Rektorinnen und Rektoren verstehe ich nicht ganz. Denn die 615 Millionen reichen gerade einmal aus, um die maroden Verhältnisse irgendwie konstant zu halten. Platz für Verbesserungen gibt es nicht.
©Christoph Weiss
Vor einem halben Jahr hat der Salzburger uniko-Präsident Heinrich Schmidinger die Milliarde gefordert – heute sagt er die Erhöhung um 615 Millionen Euro sei "respektabel und anerkennenswert" – dabei war dieser Betrag Schmidingers absolute Mindestforderung. Der Standard schreibt, die Rektoren seien gegenüber Mitterlehner „handzahm“ geworden. Hat sich die Uniko in den Verhandlungen genügend für die Ausfinanzierung der Unis eingesetzt?
Ich glaube, sie hatten alle Angst, dass sie noch weniger kriegen als die 615 Millionen. Das war das Problem – es wurde sehr viel Angst geschürt. Man hört immer „in Zeiten der Krise“, „das Budget ist so knapp“ und „dann haben wir noch die Hypo“. Die uniko hat sich schon stark gemacht. Wir als ÖH sind nicht zufrieden mit 615 Millionen. Wir fordern die Ausfinanzierung der Hochschulen, damit es besser wird - und dafür wäre die Unimilliarde nur ein erster Schritt.
Du hast die „maroden Verhältnisse“ an den Hochschulen erwähnt. Wo sind sie denn besonders marod?
Wenn man in eine Vorlesung reingeht, sitzen die Studierenden am Boden. Vorlesungen werden nur als Massenveranstaltungen abgehalten. Man kann keine kleinen Seminare machen. In den Hörsälen bröckelt teilweise die Decke herunter. Zu jedem Verbesserungsvorschlag im Hochschulsystem – und davon gibt es ja wirklich viele - hören wir immer nur „ja, dafür haben wir kein Geld“.
Was denkst du wird mit den zusätzlichen 615 Millionen jetzt geschehen?
Sie werden die Inflation abdecken und den Status Quo erhalten, um nicht noch weiter abbauen zu müssen.
Nicht auseinandersetzen will sich Mitterlehner derzeit mit Studiengebühren: "Ich kann mir nicht vorstellen, derzeit über das Thema zu diskutieren“, hat er vor kurzem gesagt. Was denkst du darüber?
Im Regierungsprogramm steht ganz klar, dass Studiengebühren kein Thema sind. Wir als ÖH sind natürlich gegen Studiengebühren. De facto gibt es sie aber. Studierende aus Drittstaaten müssen doppelte Studiengebühren zahlen. Ich würde mich freuen, wenn man darüber endlich einmal diskutieren würde, und wenn man diese Diskriminierung der Drittstaatsstudierenden abbauen würde.
Reinhold Mitterlehner ist jetzt seit einem Jahr Wissenschaftsminister, damals wurde das Wissenschaftsministerium mit dem Wirtschaftsministerium zusammengelegt. Welche Zwischenbilanz ziehst du heute?
Vor einem Jahr – knapp vor Weihnachten – gab es riesige Proteste. Zehntausend Studierende sind auf die Straße gegangen, um gegen die Abschaffung eines eigenständigen Wissenschaftsministeriums zu protestieren. Es herrschte große Sorge vor einer weiteren Ökonomisierung der Bildung. Ich glaube, dass man nach einem Jahr noch nicht sagen kann, ob diese Bildungsökonomisierung jetzt schon vermehrt stattgefunden hat oder nicht. Was wir sagen können: Es gab einige Punkte, wo sich Mitterlehner ins Zeug gelegt hat, zum Beispiel beim neuen ÖH-Gesetz und der direkten Wahl der ÖH. Andererseits gibt es extrem viele Baustellen. Und da Reinhold Mitterlehner jetzt auch noch Vizekanzler ist, haben wir die Angst, dass die Hochschulen auf der Strecke bleiben.