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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

5. 1. 2015 - 10:46

Disco-Metal vom anderen Stern

Von Zeitreisen und zeitaussaugenden Monstern. Das Duo Le Toy tanzt sich durch Sci-Fi Discogrooves und Metal-Riffs. Mit ihrem Debüt "Humanize" sind sie unser Soundpark Act des Monats Jänner.

Zu 1980er Drumcomputerbeats, poppigen Synthie-Melodien und fetzigen Metal-Riffs tanzen Monster, Roboter und Astronauten in glitzernden Anzügen auf dem Dancefloor des Clubs "Le Toy".

Diese Weltraumdisco an einem entlegenen Stern dieser Milchstraßengalaxie ist zur Zeit der angesagteste Schuppen der intergalaktischen Musikszene. Betrieben wird dieser Musikladen mit dem französisch angehauchten Namen von zwei menschlichen Musikfreaks, die ihrer Liebe zu wahnwitzigen Stilmischungen gerne freien Lauf lassen.

Sängerin Makki, die gerne zwischen Sprechgesang und Popmelodien hin und her wechselt, während sie ihrem Laptop und ihren Synthies herrliche Sternensounds entlockt. Flo hingegen schleudert gerne seine Haarpracht durch den Trockeneisnebel, wenn er seiner E-Gitarre granitharte Klänge entlockt.

Doch wie kommen zwei gestandene Erdlinge in diese Zone am äußersten Rand unserer Galaxie? Ganz einfach: Sie beamen sich, wann immer sie gerade Lust haben, dort hin.

Kindergarten oder Wohnzimmer?

"Schon im Kindergarten hatte ich diese Idee, ein Musikprojekt zu machen, das sich um fremde Galaxien und Roboter dreht", mein Makki. Klarerweise hat sie dazu eine kleine Zeitreise unternehmen müssen, um Flo Lang aus seiner Metal-Jugend am Land mit an Bord zu beamen. Gemeinsam haben sie dann die unendlichen Weiten des elektronischen Sounds erforscht, wo noch nie ein Mensch zuvor...

Portrait Le Toy, Makki und Flo

Robert Wimberger

Oder so ähnlich. Aber vielleicht hat sich das alles nur in einem Paralleluniversum zugetragen. In unserer Realität dürfte es wohl eher so gewesen sein, dass sich das Duo Le Toy im eigenen Wohnzimmer gegründet hat. Als Makki strickend am Sofa gesessen ist, Popmelodien vor sich her geträllert hat und Flo dazu auf seiner Gitarre das eine oder andere Riff ausprobiert hat. Und das hat dann - auch zur Überraschung der beiden selbst - ganz gut funktioniert. Bis zum eigenständigen Spacepop und Discometal war es dann aber doch noch ein längerer Weg. Trotz des sehr informativen digitalen Pressematerials ist leider nicht überliefert, wieviele Strickjaken und Hauben es gedauert hat, bis dann endlich das Debüt "Humanize" im Kasten war.

Menschelnde Maschinen

Was Le Toy ausmacht, sind ihr charmanter Witz und ihr gutes Gespür, genau das zu kombinieren, was auf den ersten Blick oder beim ersten Hören vielleicht nicht unbedingt zusammen passt. Da wäre zum Beispiel das Eröffnungsstück "Monstertime", das von all jenen Dingen handelt, die einem im Alltagsleben die Energie absaugen. Oftmals unbemerkt. Sich dieses kleinen, gemeinen Monsters bewusst zu werden, ist Thema dieses Songs, das mit einem recht straighten Beat und klassischen Rockriffs auskommt. Der mehrstimmige Gesang, mit der die Nummer dann auch ausklingt, ist schlicht und einfach entzückend.

Albumcover Le Toy "Humanize"

Le Toy

Das Debüt "Humanize" von Le Toy erscheint am 23. Jänner 2015 auf Earcandy Entertainment.

Einer der besten Stücke ist wohl "Ashes" mit seinem dezenten, fast vorsichtigen Anfang. Der etwas zurückgelehnte Rhythmus erhält durch schöne Gitarrenlinien und wundvolle Hooklines einen richtigen Drive. Gottseidank ist Makki aus der brennenden Wohnung, die hier die Inspirationsquelle war, unbeschadet herausgekommen. Ein richtig krachender Tanzflächenfeger ist das Titelstück "Humanize". Es ist ein schweißtreibendes Stück, das wohl auch die eine oder andere "Humanisierung" erfahren hat. Schließlich geht es beim Albumtitel um die spannende Wechselwirkung zwischen Mensch und Maschine. Während manche Musiker ihr Spiel in computerähnlicher Weise zu perfektionieren versuchen, entwickelt man Programme, die hart quantisierte Drumrhthmen "vermenschlichen" sollen. Diese Humanize-Funktion baut also - wenn man so will - kleine Fehler ein, damit das Endprodukt menschlicher und nicht allzu perfekt klingt.

Le Toy live

Bei Le Toy geht es nicht um Perfektionismus. Eher darum, der Phantasie wieder ein bisschen freien Lauf lassen zu können. Sich etwas abseits aalglatter Mode- und Soundströmungen zu bewegen und dabei großen Spaß zu haben. Und so haben sich Makki und Flo auch dazu entschlossen, ihr Debüt mit einer außergewöhnlichen Nummer abzuschließen, die entgegen dem anderen, sehr abwechslungsreichen Material richtig erdig erscheint. "You" kommt nämlich nur mit Gitarre und Makkis Stimme aus. Aus meditativen Akkordklängen entwickelt sich ein ganz eigener Rhythmus, der einen umhüllt und ganz sanft aus dem Alltag in eine andere Welt zu entführen weiß. Und vielleicht trifft man sich ja dann im "Le Toy" und legt gemeinsam eine intergalaktisch heiße Sohle aufs Tanzparkett.