Erstellt am: 15. 12. 2014 - 11:00 Uhr
Artist of the Week: Damien Rice
Kennt ihr schon den?
“What´s the difference between a puppy and a singer/songwriter? The puppy stops whining at some point!”
Auf einen Blick...
Wem sich bei gefühlvollen Balladen alle Nackenhaare aufstellen, dem kann ich nur sagen: es gibt einen Unterschied zwischen guten und schlechten Songwritern. Erstere bieten mehr als nur ihre Vorbilder "nachzustellen". Zweiteren kann ich nicht helfen. Damien Rice gehört zu den Guten. Vielleicht sogar den Besten.
“Delicate” heißt so ein Best-Of-Song von Damien Rices Debütalbum “O”. 2002 hat er es veröffentlicht, nachdem sein Bandprojekt Juniper (aus dem BellX1 entstehen sollte) gescheitert ist. Mit "O" hat er in seiner Heimat zehnfach Platinum erreicht, das haben in Irland im Jahr 2002 nur U2 geschafft. Eine Stufe drüber kam dann James Blunt. (Den mag ich zwar nicht besonders, aber wenigstens kann er über sich lachen).
Jahrelang sollten Songs aus seinem Debüt, das er eigentlich für das "most uncommercial debut record" gehalten hatte, als Untermalung für tragische Momente in TV-Serien dienen. Nachdem das Nachfolgealbum "9" vier Jahre später erscheint, zerbricht die private und berufliche Beziehung zu Lisa Hannigan, die auf beiden Alben als Sängerin mitgewirkt hat. Danach wird es still um Damien Rice.
Rückblickend liest man das, was man sich schon damals gedacht hatte: Erfolg verändert. Damien Rice sei ständig auf der Suche nach dem perfekten Song, dem perfekten Moment gewesen. Einen verbissenen und destruktiven Eindruck hat man von ihm, spätestens wenn man sich den Song "Me, My Yoke & I" anhört.
Acht Jahre sollte es dauern, bis "My Favourite Faded Fantasy" erscheint und Damien Rice ein neues Kapitel aufschlägt. In Interviews spricht er über die selbstkritischen Phasen, in denen er, von Selbstzweifel zerfressen, keinen Finger rühren konnte. Nichts war gut genug: "I had this notion I was supposed to make every day perfect, every song perfect and every concert perfect." Je näher man in Richtung Regenbogen läuft, desto mehr entfernt sich dieser. Noch einen anderen Vergleich hat Damien Rice parat, um die lange Zeit zwischen seinen Alben zu erklären: Songs schreiben ist wie aufs Klo gehen. Man kann sich keinen Termin ausmachen an dem man den Toilettendeckel hochklappt.
Wenn man muss, dann muss Mann eben.
WMG
Rick Rubin spielt hier eine große Rolle. Damien Rice fährt nach Los Angeles, um mit Rick Rubin sein drittes Album aufzunehmen. Er weiß zu dem Zeitpunkt nicht mehr über Rubin, als dass er meditiert, einen Bart trägt und im Studio seinen Musikern keinen Stempel aufdrücken will: "I was looking for somebody who wouldn't want to change me or put a stamp on me. He doesn’t put himself on people, he pulls people out of themselves."
Wieviel Drama und Trauer braucht man im Leben, um einen guten Song zu schreiben? Damien Rice dachte immer: sehr viel. Doch mit seiner nicht nur Arbeits- sondern auch "Lebensweise" aus jeder Situation ein Drama zu kreieren, in der Hoffnung, dass ein guter Song daraus entstehe, hat er abgeschlossen. Sobald er sich von dieser destruktiven Ader verabschiedet hat, war es, wie er meint, wie bei einer Augenoperation: man sieht plötzlich viel klarer.
Für die Praxis hat das bedeutet: er konnte wieder Texte schreiben ohne sich dauernd zu hinterfragen. Der Song "I Dont Want To Change You" handelt davon, dass es reicht, Situationen und Menschen einfach mal sein zu lassen und sie so zu akzeptieren, wie sie sind. "My Favourite Faded Fantasy" hat wenig von dieser unruhigen "Anspannung" seiner älteren Songs, denn der Motor in den neuen Songs ist nicht mehr der Kampf, sondern die Hoffnung. Diese Lockerheit steht ihm gut. Man höre nur zum Beispiel "The Greatest Bastard". Dass Damien Rice noch nie in Österreich gespielt hat, ist der beste Beweis, dass es eben nie und nimmer ein Christkind gibt.
Aber dafür das Internet halt: