Erstellt am: 10. 12. 2014 - 14:53 Uhr
Helfen mit Schlafsack und Mahlzeit
Mit dem Winter beginnt die härteste Zeit für obdachlose Menschen. Selbst bei Wind, Schnee oder eiskaltem Regen leben allein in Wien mehrere hundert Menschen auf den Straßen. Walter (Name geändert) ist seit zwei Jahren obdachlos und erzählt: "Ich habe im Sommer draußen geschlafen und mir eine Lungenentzündung geholt. Ich bin dann 14 Tage lang im Koma gelegen und war zweieinhalb Monate im Spital. Seitdem habe ich gesagt: Auf der Straße geht es auf keinen Fall mehr. Ein warmer Schlafplatz muss sein." Walter schläft derzeit jede Nacht in der Gruft und hilft außerdem tagsüber in der Küche: "Ich möchte der Gruft etwas zurückgeben."
dpa - Bildfunk
Trauriger Rekord
100.000 warme Mahlzeiten wurden dieses Jahr von der Caritas an Obdachlose ausgegeben. Ein Rekord - bisher waren es jährlich 70.000. Derzeit bietet die Caritas 1074 Beherbergungsplätze und Notunterkünfte in 18 Einrichtungen an. Mit dem Winter wird der Bedarf an Schlafplätzen und Mahlzeiten noch dringender. Konstant hoch bleibt der Anteil junger Menschen: Mehr als ein Drittel der Klienten der Caritas ist unter 30 Jahre alt.
Winterpaket spenden!
Die Caritas bittet um Spenden für die Gruft - konkret um den Kauf eines sogenannten "Winterpakets" um 50 Euro. Dafür erhält ein Obdachloser einen Schlafsack und täglich eine warme Mahlzeit im Winter.
Auch Sachspenden werden gern entgegengenommen, vor allem Fleisch- und Fischkonservendosen, Waschbare Wolldecken, Winterjacken, Sportschuhe und Jeans in allen Größen.
Das Helfen werde immer schwieriger, sagt Caritas-Präsident Michael Landau, weil sich immer mehr Menschen an die Gruft und andere Notquartiere wenden würden: "Trotz einer Bettenaufstockung Anfang November sind die erste und die zweite Gruft der Wiener Caritas bereits jetzt voll belegt." Trotzdem versucht man, mehr Notquartiere zu organisieren. "Kein Mensch soll im Winter auf Wiens Straßen frieren müssen."
Kälte und Einsamkeit
Die Streetworker der Gruft sind derzeit siebenmal pro Woche, anstatt wie sonst drei mal unterwegs. Caritas-Präsident Michael Landau begleitet seine Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter manchmal, um auf der Straße selbst Obdachlose zu betreuen: "Ich habe mich gefragt, wie Menschen 365 Tage im Jahr auf der Straße leben können, wenn mir die Kälte bereits nach wenigen Stunden in den Knochen gesessen ist. Wie ist das möglich, in dünne Decken gehüllt auf nichts als Zeitungspapier zu übernachten?" Ein Klient, der in der Nähe der Gruft auf der Straße gesessen ist, habe zu ihm gesagt: "Das Schlimmste ist die Kälte - und die Einsamkeit."