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Erich Möchel

Netzpolitik, Datenschutz - und Spaß am Gerät.

8. 12. 2014 - 19:47

Rekorderlös bei US-Mobilfrequenzauktion

Zur Überraschung aller Beobachter steht die Auktion kurz vor ihrem Ende bei 41 Milliarden Dollar für insgesamt 65 MHz. Es waren nur um die zehn Milliarden erwartet worden.

Die Versteigerung neuer Frequenzblocks für den Mobilfunk in den USA hat in der vergangenen Woche die Marke von 40 Milliarden Dollar überschritten. Das hat auch erfahrene Marktbeobachter überrascht, denn alle Schätzungen zum Start am 13. November waren von wesentlich bescheideneren Erlösen rund um die zehn Milliarden ausgegangen. Die ingesamt 65 MHZ umfassenden neuen Frequenzblocks erweitern die bestehenden Bereiche um 1,8 bzw. 2,1 GHz für mobiles LTE-Breitband.

Ein solches Rekordergebnis wurde erst für die kommende Großauktion prognostiziert, denn da soll ein größeres und attraktiveres Frequenzpaket versteigert werden. Dabei handelt es sich um den Bereich zwischen und 600 und 700 Mhz, der bis jetzt für terrestrisches TV genutzt wіrd. Bei dieser Auktion werden die Telekoms dann nicht mehr unter sich sein. Eine ganze Serie von diesbezüglichen Eingaben von Google und anderen bei der Regulationsbehörde FCC zeigt, dass auch die Internetkonzerne hier mitmischen werden.

Netzneutralität, Finanzkraft

Die derzeitige Rekordsumme ist umso erstaunlicher, weil die großen US-Telekoms AT&T und Verizon im Zuge der laufenden Debatte über die Netzneutralität mehr als einmal mit einer Investitionsbremse gedroht hatten. Die Gleichbehandlung aller Daten auf dem Transportweg gefährde "die Innovationskraft der Telekombranche", denn die müsse profitabler werden, um den weiteren Netzausbau zu finanzieren, hieß es gemeinhin in der Branche.

Seit sich Präsident Obama klar für Netzneutralität ausgesprochen hat, ist in den USA eine hitzige Debatte entbrannt. Obamas Forderung, die Breitbandangebote wieder unter Regulation zu stellen, wurde von den Republikanern als "Sozialismus" denunziert. Kabel-TV-Betreiber wie Telekoms, die den Markt für Internetzugänge beherrschen, laufen ebenfalls Sturm gegen eine Regulation.

Auch wenn die letzten Runden der laufenden Versteigerung nur noch geringe Zuwächse brachten, so zeigt das bisherige Ergebnis von etwas mehr als 41 Milliarden Dollar doch, dass es wenigstens um die Finanzkraft der Telekombranche nicht so schlecht bestellt sein kann.

Handymasten in der Dämmerung

CC BY-ND 2.0 Gary Lerude on flickr

CC BY-ND 2.0 Gary Lerude on flickr

Der aktuelle Stand der Auktion

Die teuersten Brocken waren dabei die urbanen Räume, ein 20-MHz-Block für New York und Umland stand am Montagmorgen bereits bei zwei Milliarden Dollar. Die Auktion selbst ist zeitlich nicht befristet. Sie wird solange geführt, bis keine neuen Angebote mehr eintreffen. Um sie dennoch zeitgerecht abzuschließen, wurden zuletzt die Bedenkzeiten für die Gebote auf eine halbe Stunde reduziert und die Zahl der möglichen Runden pro Tag dadurch fast verdoppelt. Beobachter rechnen deshalb mit einem baldigen Abschluss dieser Auktion, die jahrelang vorbereitet worden ist.

Umsiedelung von Wetterdiensten

Die nunmehr dem Mobilfunk zugeschlagenen Frequenzen waren - wie alle bisher so umgewidmeten Bereiche - ja nicht frei, sondern sie werden derzeit noch von anderen Funkdiensten bespielt. Alleine für das schmale Band zwischen 1695 und 1710 MHZ mussten eine ganze Reihe von meteorologischen Diensten, die den Bereich bisher genutzt hatten, auf benachbarte Frequenzen wechseln oder ganz umziehen.

fcc Frequenzplan Detail

Screenshot Erich Möchel

Hier dürfen nur leistungsschwache Smartphones senden, die Basistationen antworten dann auf dem höheren Bandbereich

Während die Frequenzpläne für Meteo-Sat-Verkehr zwischen Satelliten und Bodenstation nur leicht nach unten korrigiert werden mussten, wurde den ballongestützten Wettersonden, von denen in den USA täglich etwa 200 aufsteigen, überhaupt ein völlig neues Band zugewiesen. Sie werden zwischen 401 und 406 MHZ einquartiert, denn zwischen 1695 und 1710 werden in Zukunft nur Smartphones senden. Und nur die, denn die wesentlich leistungstärkeren Basisstationen könnten bei den weiterhin benachbarten Meteodiensten zu Störungen führen.

Diese Liste der US-Mobilfunker und ihrer Dienste, die sie auf den jeweiligen Bändern betreiben, widerspiegelt die Zersplitterung des mobilen Markts in den USA

Wetterdaten für die Militärs

Solche Beschränkungen treffen auch die oberen Bereiche zwischen 1755 und 1780 GHz, denn hier operieren auch weiterhin die Downlinks der militärischen Wettersysteme. Für diesen Teil des Spektrums wurden strikte Kriterien für Interoparabilität und ein Monitoring-System zur Früherkennung von Störungen vereinbart. Dazu kommen geografische Einschränkungen im Umkreis der militärischen Empfangsstationen, die quer über das Staatsgebiet der USA verstreut sind.

fcc Frequenzplan

Screenshot Erich Möchel

AWS bedeutet "Advanced Wireless Services", mit "Federal" sind sowohl zvile wie militärische Wetterdienste gemeint

All das ist absolut notwendig, denn diese meteorologischen Systeme, die aus geostationären Wettersatelliten, Ballonsonden und terrestrischen Stationen bestehen und neben der Luftfeuchtigkeit eine ganze Reihe von Parametern der aktuellen Bedingungen in der Atmosphäre messen, sind gegen Funkstörungen sehr empfindlich. Aus diesem Grund wird ein permanentes Komitee zur Koordination des Spektrums eingerichtet, in dem Army, Navy und Air Force, mehrere Ministerien sowie die Mobilfunker vertreten sind.

Tabelle

Screenshot Erich Möchel

Wie man sieht, sind Kosten für neue Hardware eher zu vernachlässigen, während die Kosten für Umstrukturierung und Frequenzkoordination nicht ausgewiesen werden.

Gründe für den Rekorderlös

Warum die neuen Frequenzblocks trotz dieser Einschränkungen so begehrt sind, dass eine solche Rekordsumme erlöst werden könnte, erklärt die Entwicklung des US-Mobilfunks seit der letzten großen Versteigerung von 2008. Mit 19,6 Milliarden Dollar Erlös für insgesamt 100 MHz Spektrum im 700-MHz-Band wurde damals das höchste Ergebnis in der Geschichte der Frequenzauktionen für Mobilfunker erzielt.

Damals waren die Erwartungen der FCC, die von maximal 15 Milliarden Erlös ausgangen war, bei weitem nicht so deutlich übertroffen worden, wie bei der aktuellen Versteigerung. Die Auktion wurde bereits im März 2008 abgeschlossen, zu diesem Zeitpunkt war die erste Generration von Smartphones - nämlich die iPhones von Apple - gerade ein halbes Jahr auf dem Markt.

Google gegen die Telekoms

Schon damals war Google als einziger großer Internetkonzern gegen die Telekoms angetreten, im Match um das begehrteste Paket im sogenannten C-Block des 700-MHz-Bandes musste man sich Verizon jedoch knapp geschlagen geben. Noch heute sind die Beobachter darüber uneins, wie ernst es Google bei diesem Angebot damals war. Das Android-Betriebssystem war damals noch in der Betaphase, die Version 1.0 kam erst halbes Jahr nach der Auktion, nämlich im Herbst 2008 heraus.

Bei der Auktion 2008 hatten Verizon und AT&T den Newcomer Google noch abwehren können. Der begehrte C-Block der 700-MHz-Frequenzen ging für 4,7 Milliarden US-Dollar an Verizon Wireless.

Google hat sich bei der aktuellen Auktion völlig herausgehalten, zumal diese Frequenzen ja nur bestehende Bänder der Mobilfunker erweitern, an denen Google nicht interessiert ist. Sehr wohl hat man aber Interesse am 600-MHz-Band, das 2016 zur Versteigerung kommen soll, das zeigen diesbezügliche Eingaben von Google aber auch anderer Internetkonzernen bei der FCC während der letzten Monate.

Broadcaster vor Delogierung

Auch dieses breite Band ist nicht frei, sondern ist derzeit von den US-Broadcastern vollständig für terrestristische TV-Ausstrahlungen belegt. Anders als bei der Versteigerung von 2008 ist diesmal eine umfassende Kompensation für jene Dienste eingeplant, die umziehen müssen. Im Fall der Wetersatelliten und Geosonden ist dies weniger eine Frage der Kosten, als der Umstellungsdauer, bis nämlich die nötige neue Hardware für die Sonden verfügbar ist und die Systeme umgestellt werden können.

Die FCC hat dafür eine Umstellungsdauer von drei Jahren und drei Monaten eingeplant, das heißt, die neuen Frequenzen werden erstmals im Lauf des Jahres 2018 bespielt werden können. Solche Vorlaufzeiten sind im Mobilfunk üblich, vor allem dann, wenn davor erst andere Dienste abgesiedelt werden müssen.

2010 wurde die "Digitale Dividende" genannte Versteigerung der TV-Frequenzen zwischen 790 und 860 MHZ auch in Österreich beschlossen. Neben den Broadcastern brachte das auch die Hersteller von Funkmikros für Theater, Konzerte und Studios in Bedrängnis, die den Bereich zwischen den TV-Bändern ebenfalls nutzen konnten.

Der Grund für die Begehrlichkeiten

Vor allem Verizon, aber auch AT&T sowie T-Mobile USA haben den LTE-Betrieb auf 700 MHz erst nach und nach aufgenommen und bespielen dort bis jetzt nur einzelne Kanäle mit dem neuen, aus Europa stammenden LTE, das aus der GSM-Familie hervorgegangen ist. Der untere Bereich des möglichen Sendespektrums ist deshalb so begehrt, weil die Funkwellen auf diesen vergleichsweise niedrigen Frequenzen weit tiefer in Gebäude eindringen, als in höheren Bereichen, wie dem aktuell versteigerten 1,7 und 2,1 GHz.

Der Grund dafür ist rein physikalischer Natur, zumal elektromagnetische Schwingungen - also Funkwellen - mit Beginn des GHz-Bereichs allmählich immer mehr die Charakteristiken von Licht annehmen. Das wird an glatten Flächen wie etwa den metallbedampften Glasfassaden der Hochhäuser großteils reflektiert.

Zudem werden Funkwellen um 700 MHz durch die Atmosphäre viel weniger stark gedämpft als höhere Bereiche, weshalb für ein Roll-Out "auf dem flachen Lande" deutlich größere Abstände zwischen den einzelnen Funkmasten erlauben. Hier ist es also ein Kostenfaktor, während im urbanen Bereich noch Breitbandservices mit gutem Datendurchsatz auch tiefer in Stahlbetongebäuden möglich sind, wenn auf höheren Frequenzen keine Verbindung zum Funkmasten mehr zustande kommt.

Blaulichtnetz in Planung

Sieben Milliarden Dollar aus dem Gesamterlös der Auktion sind für die Errichtung eines "First Responder Networks" vorgesehen, ein USA-weites Netz für Blaulichtorganisationen, das ebenfalls den europäischen Standard LTE verwendet. Die restlichen, mehr als 30 Milliarden Dollar werden an den Fiskus fließen, erst nach Ende der Auktion wird man erfahren, welche der US-Telekoms den Löwenanteil des akltuellen Pakets ergattert hat.