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Conny Lee

Prokrastinative Hinterstübchen des Alltags

5. 12. 2014 - 15:57

"Ich. Neben der Spur" - Ein Blog als Buch

Allie Brosh hat einige der besten Einträge ihres Blogs Hyperbole and a Half zu einem Buch zusammengefasst, für wenn man gerade kein Internet hat.

Wer viel im Netz unterwegs ist, dem ist das hier ziemlich sicher schon mal untergekommen:

Clean all the things!

Allie Brosh

Es ist zum Meme geworden, wobei man den Text variieren kann wie zum Beispiel "Spend all the money!" oder "Eat all the Sweets!". Das Bild entstammt Allie Broshs extrem populären Blog Hyperbole and a Half, auf den jeden Monat mehrere Millionen Menschen zugreifen.

cover

Mosaik Verlag

"Ich. Neben der Spur" von Allie Brosh in einer Übersetzung von Leena Flegler, erschienen bei Mosaik Verlag

Ihre Blogeinträge bestehen aus Text und Bildern, die sie selbst in Paint malt. Das rosa Strichmaxl stellt Allie Brosh selbst dar und steht im Zentrum ihrer Einträge, wo sie herrlich skurrile Geschichten aus ihrer Kindheit erzählt, zum Beispiel, eine ihrer populärsten Geschichten, wie ein Fisch beinahe ihre Kindheit ruiniert hätte. Sie schreibt auch gerne von ihren beiden scheinbar minderbemittelten Hunden, die sich vor steinernen Pferdestatuen fürchten und nicht kapieren, dass man Bienen nicht fressen sollte.

Allie Brosh schreibt aber nicht nur extrem lustige und wahnwitzige Texte, sie schreibt auch über ihre Depression, mit der sie in den letzten Jahren sehr zu kämpfen hatte.

Deppression teil 1

Allie Brosh

Sie beschreibt extrem offen und ehrlich, wie sie sich während ihrer Depression gefühlt hat, wie sie daran gescheitert ist, sich selbst aus ihrer Traurigkeit und Apathie zu befördern, wie sich die innere Leere für sie angefühlt hat und wie sie es erlebt hat, als die unterschiedlichen Emotionen nach und nach zurückgekehrt sind: "Irgendwann kamen meine Emotionen wieder. Allerdings nicht alle und nicht alle gleich stark. Ich hatte lange Zeit gar nichts mehr empfunden, und als ich mich wieder mit den Dingen um mich herum beschäftigte, HASSTE ich sie zunächst. Wenigstens ist Hass ein Gefühl, und mein Hirn hielt es fest wie ein Kleinkind, das neue Wörter lernt."

Hass

Allie Brosh

"In meinem Hass kam mir die grundgute Einstellung und Hoffnung um mich herum umso ekelhafter vor. Der klebrige, banale Optimismus der anderen war fast schon beleidigend.

Auf ihre Posts über ihre Depression hin erhielt Allie Brosh unzählige Reaktionen von LeserInnen, dass sie genau beschrieben habe, wie auch sie selbst die Depression erlebt hätten. Oder aber, dass sie ihnen geholfen habe, Menschen besser zu verstehen, die an Depression litten.

Ihre Bilder sind dabei gleichzeitig tragisch und komisch. Ihre krakeligen Zeichnungen wirken wie Art Brut, aber sie schafft es trotzdem damit zu berühren und auch komplexe Gefühle zu vermitteln.

Manche ihrer Bilder bringen einen dazu, laut aufzulachen (auch wenn man gerade in der U-Bahn fährt und einen alle Leute anstarren). Man kann immer wieder zurückblättern und sie sind immer wieder lustig. Sie sind dabei aber nicht nur Illustrationen ihrer Texte, sondern übernehmen streckenweise auch die Erzählung im Comicstil. Manchmal unterbrechen sie auch den Text und geben ihm damit einen gewissen Rhythmus, ganz so wie auch ein Stand Up Comedian seinen Erzählfluss timed, damit die Pointe zündet.

Für ihr Buch hat Allie Brosh einige ihrer Blogeinträge zusammengefasst und sie 1:1 zu Papier gebracht. Wer Allie Broshs Blog verfolgt, kennt die meisten Geschichten im Buch wahrscheinlich schon, aber "Ich. Neben der Spur" (hach, immer diese deutschen Titel...) wäre zum Beispiel das beste Geschenk für Menschen, die den Blog nicht kennen, weil sie z.B. nichts von diesem neumodischen Internetzeugs halten. Und für alle, die schon Fans ihres Blogs sind, ist das Buch toll, weil man so ihre Texte und Bilder immer wieder lesen kann, auch wenn man unterwegs ist und der Handyakku leer ist.