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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

25. 11. 2014 - 16:17

Shrimpsfischer, Nanny, Sexarbeiterin

Die UNO hat ihren Bericht zu globalem Menschenhandel veröffentlicht und zeigt: Sexuelle Ausbeutung ist vor allem in Europa das Ziel des Menschenhandels. In Asien und dem Pazifikraum dominiert die Zwangsarbeit.

Diesen Juni war es DIE Aufdeckergeschichte des Guardian: Der Shrimps-Weltmarkt ist auf Sklaverei gebaut. Um kolportierte 310 Euro wird da ein Menschenleben gehandelt. Das Leben der Männer auf solchen Shrimps-Booten besteht demnach aus 20-Stunden-Schichten, erzwungener Drogeneinnahme zur Steigerung der Leistungsfähigkeit, Folter und Mord.

Shrimpshandel Thailand

EPA/BARBARA WALTON

Die Reportage über Sklaverei im Welthandel mit Garnelen hat zur Abstufung Thailands an das unterste Ende des US-Bericht zum Menschenhandel geführt.

Das ist nur ein Gesicht des globalen Menschenhandels. Ein anderes sind die undokumentierten Hausangestellten, die oft zu einem Hungerlohn in (DiplomatInnen-)Haushalten schuften. Oder Sexarbeiterinnen, denen bei der Ankunft - zum Beispiel in Österreich - der Pass abgenommen wird und die dann ein fiktives Schuldgeld bei den Zuhältern abarbeiten müssen.

Neuer UNODC-Bericht

Gestern hat das UNO-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) in seinem Global Report on Trafficking in Persons die Zahlen zum globalen Menschenhandel bekannt gegeben. Ein Drittel der Betroffenen sind demnach Kinder, und diese Zahl ist in den letzten Jahren gestiegen.

Helga Konrad, Leiterin und Koordinatorin der Regionalen Implementierungs-Initiative gegen Menschenhandel, haben die Ergebnisse des Berichts nicht überrascht. "Es geht darum, dass die Opfer immer jünger werden, das ist schon richtig. Unter Kindern stellt man sich aber allgemein vielleicht kleine Kinder vor. Wir meinen damit aber alle Minderjährigen, also Jugendliche unter 18."

Es gibt aber auch einen Gender-Bias bei den von Menschenhandel Betroffenen: Mädchen und Frauen machen gemeinsam 70 Prozent aus (Männer 18 Prozent, Buben 12 Prozent). Das variiert von Region zu Region stark.

Dass ein Großteil Frauen und Mädchen sind, ist oft auf die gesellschaftlichen Rollen von Frauen in den Herkunftsländern zurückzuführen: Wer weniger Rechte oder Bildung hat, wird schneller zum Opfer.

Zwangsarbeit erst seit Kurzem genauer untersucht

Dieser Überhang der Zahlen könnte aber noch an etwas anderem liegen: "Wir haben erst damit begonnen, uns mit Menschenhandel zum Zwecke der Arbeitsausbeutung genauer auseinander zu setzen", sagt Helga Konrad "und am Bau, in Restaurantketten, in diesen Arbeitsbereichen sind Männer mehr betroffen."

Zur Arbeitsausbeutung zählt auch die so genannte domestic servitude, also die Ausbeutung von Hausangestellten. Hier ist es besonders schwer, einen Einblick zu erhalten, sagt Helga Konrad, da man zu Privathaushalten besonders schwer Zugang erhält.

Global gesehen gibt es eindeutige Tendenzen, sagt der UNODC-Bericht: Sexuelle Ausbeutung ist vor allem in Europa das Ziel des Menschenhandels. In Asien und dem Pazifikraum ist das anders: Hier dominiert die Zwangsarbeit.

Österreich ist Ziel- und Transitland

Seit 2004 gibt es in Österreich die Task-Force Menschenhandel.

Auch Österreich ist Ziel- und Transitland für Menschenhandel. Vor allem Frauen aus Ungarn, Bulgarien und Rumänien werden hierher gebracht, sagt Helga Konrad. "In Österreich sind es ungefähr 200 Opfer von Menschenhandel pro Jahr und ebenso viele Menschenhändler, die verfolgt werden. Für Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, ist das aber nur die Spitze des Eisberges." Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein.

beine einer frau

EPA/TAMAS KOVACS

In Österreich ist es hauptsächlich der Bereich Sexarbeit, in dem Opfer von Menschenhandel zu finden sind. Aber auch hier schaut man jetzt genauer auf Zwangsarbeit. Das betrifft dann zwar keine Shrimpsboote, aber beispielsweise das Spargelstechen und das Erdbeerpflücken.

Opferschutz und Entwicklungshilfe

LEFÖ - eine der wichtigsten Opferschutzeinrichtungen für SexarbeiterInnen

Helga Konrad setzt sich in ihrer Arbeit dafür ein, dass die Rechte der Opfer von Menschenhandel geschützt werden. Dass sie Angst vor Verfolgung oder gar Abschiebung haben müssen, wenn sie sich trauen, auszusagen und MenschenhändlerInnen vor Gericht zu bringen, macht die Verfolgung der Täter nicht leichter.

Um Menschenhandel überhaupt einzudämmen, wäre eine echte Entwicklungsarbeit in den Herkunftsländern notwendig, sagt Helga Konrad: "Wenn die Menschen in ihren Heimatländern die Möglichkeit haben, eine Schulbildung zu bekommen, zu arbeiten, ihre Familie zu ernähren, dann sind sie auch weniger verletzlich, um Opfer von Menschenhandel zu werden."