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Simon Welebil

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25. 11. 2014 - 17:21

Antwort: Überqualifiziert!

Die Diskrepanz zwischen der eigenen Ausbildung und den Anforderungen eines Jobs verunsichert RecruiterInnen und hält junge Menschen in der Warteschleife.

FM4 Auf Laut

Zum Thema "Überqualifikation". Am Dienstag, den 25. November ab 21 Uhr im Radio und im Anschluss im Stream zum Anhören auf fm4.orf.at/7tage.

Die Nummer ins Studio (ab 21 Uhr): 0800 226 996

"Sie haben einen tollen Lebenslauf, Ihre Bewerbung macht einen guten Eindruck, Sie haben ein überzeugendes Auftreten, aber für die Stelle, für die Sie sich bei uns beworben haben, sind Sie leider überqualifiziert. Mit Ihren Voraussetzung finden Sie allerdings sicher bald etwas Adäquates."

Mit Absagen wie diesen muss sich Anna seit mehreren Jahren herumschlagen. Sie ist keine 30, hat ein Doppelstudium abgeschlossen, in Publizistik und Kommunikationswissenschaften und in Theater-, Film- und Medienwissenschaften, in letzterem hat sie sogar promoviert. Sie sucht eine Arbeit in dem Beich, wo sie sattelfest ist, im Kulturbereich. Job findet sie allerdings keinen. Für den Arbeitsmarkt ist sie überqualifiziert.

FM4 Auf Laut

    Diskrepanz zwischen Qualifikation und Anforderung

    Überqualifikation ist ein Phänomen mit vielfältigen Ausprägungen, die von verschiedenen wissenschaftlichen Konzepten beschrieben werden. Am einfachsten ist Überqualifikation mit formalen Kriterien zu fassen, meint Peter Schlögl, Institutsleiter des Österreichischen Instituts für Berufsbildungsforschung: "Personen haben einen formalen Bildungsabschluss, der ihnen mehr Handlungmöglichkeiten gibt, als das, was sie in ihrer beruflichen Anforderung erleben," das heißt, sie können auf dem Papier mehr, als sie für einen Job brauchen.

    Peter Schlögl

    Simon Welebil

    Peter Schlögl, Leiter des Österreichischen Instituts für Berufsbildungsforschung

    Diese Diskrepanz verunsichert RecruiterInnen oder ArbeitgeberInnen, weil sie oft davon ausgehen, die BewerberInnen würden entweder ein höheres Gehalt fordern, in der Arbeit unzufrieden und daher unproduktiv werden, sich schwer unterordnen können oder sich gar nur als Zwischenlösung für die Stelle bewerben, auf der Suche nach einem adäquateren Job.

    Kompetenzverluste und Fehlinvestitionen

    Überqualifikation wirft eine Reihe von Problemen auf, von Lücken im Erwerbsleben, die durch lange Arbeitssuche entstehen bis zu Kompetenzverlusten, wenn man über mehrere Jahre in einem Arbeitsverhältnis bleibt, das einen ständig unterfordert.

    Bildungsökonomisch gesehen wird die Investition in die Bildung/Ausbildung nicht genutzt. Aus individueller Perspektive könnte man das zwar abtun, meint Peter Schlögl, gesellschaftlich gesehen sei es jedoch eine Fehlinvestition, die sich vielleicht anderswo besser gerechnet hätte.

    Gesellschaft auf Bildungsexpansion

    Überqualifikation ist dabei durchaus kein Elitenphänomen, sagt Peter Schlögl. Sie zieht sich quer durch alle Bildungsschichten und beginnt schon bei FacharbeiterInnen, die nach dem Lehrabschluss keinen Job in ihrem Bereich finden und andere Stellen annehmen müssen. Bei HochschulabsolventInnen wie Anna sei das Thema Überqualifizierung nur präsenter, weil die sich besser artikulieren könnten.

    Unsere Gesellschaft befindet sich derzeit in einer Phase der Bildungsexpansion. Mehr Menschen als jemals zuvor machen Matura, mehr Menschen als je zuvor schließen ein Studium ab. Das verändert das Arbeitskräfteangebot, was sich auch am Arbeitsmarkt niederschlägt. Unternehmen können aus einer Vielzahl von qualifizierten BewerberInnen auswählen.

    Andere Selektionskriterien

    Allerdings haben sich die Kriterien der Auswahl in den letzten Jahren auch verändert. Waren früher hohe Ausbildungsniveaus ein relativ klares Selektionsinstrument, fällt diese Selektivität bei Hochschulabsolventenquoten von 30-35% natürlich weg. Unternehmen greifen oft zu anderen Selektionsverfahren, die früher nur auf Management-Ebene angewandt wurden (beispielsweise Assessment Center) und für Jobbewerber wird es wichtiger, mehr ihre Kompetenzen, als ihre formalen Qualifikationen in den Vordergrund zu rücken.

    Anna hat erzählt, dass sie bei ihren Bewerbungen ihre Promotion nur mehr in der Bildungshistorie anführt und seitdem erstaunlicherweise schneller und häufiger Antworten auf ihre Bewerbungen bekommt.

    FM4 Auf Laut - "Überqualifiziert"

    In FM4 Auf Laut sprechen wir heute ab 21 Uhr mit Anna über das Phänomen der Überqualifikation. Und ihr könnt mitdiskutieren, egal wie überqualifiziert ihr seid.

    Die Nummer ins Studio: 0800 226 996
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