Erstellt am: 22. 11. 2014 - 14:33 Uhr
Blutiger Rock'n'Roll
Bevor das Jahr zu Ende geht, und ein spannendes neues beginnt, noch ein paar Musikfilme, die unaufhörlich wie narrische Schwammerln aus dem virtuellen Boden der sozialen Plattformen sprießen. Diesmal in der Auswahl: die gitarrige Rockseite Österreichs, vom brachial Gewitzten bis zum poppig Melodischen.
bulbul - "I hea eh scho lång nix mea"
bulbul auf Tour:
- 27.11. Chelsea, Wien
- 28.11. Arge, Salzburg
- 29.11. p.m.k., Innsbruck
- 12.12. Interpenetration Festival Forum Stadtpark, Graz
- 23.12. container 25, Wolfsberg
Konventionen sind wohl geschaffen worden, um von den Herren von bulbul genussvoll zerschlagen zu werden. Schon lange bewegt sich diese in Wien ansässige Band abseits jedes klischeehaften Musikgenres und haut uns ihre erdige Stilsysnthese mit schmetterndem Sound um die Ohren. Passend war der Titel ihres Albums, das Anfang dieses Jahres erschienen ist: "Hirn fein hacken". Das wird von bulbul mit räudigem Klang und verrückt charmantem Arrangement erledigt.
Man könnte meinen, "I hea eh scho lång nix mea" beschäftige sich mit gehörgeschädigten Rockmusikern. Irgendwie stimmt das auch. Allerdings auf visuell perfekt umgesetzte ironischen Weise. Denn bulbul lassen es am Bauernhof mit Tennisschläger, Waschbrett und selbstgebastelter E-Ukulele so lange krachen, bis sie irgendjemand hört. Hier wird ganz ungeniert um Aufmerksamkeit gebuhlt, indem jemand mit dem Traktor niedergefahren wird, während man sich Elektro Guzzi anhört. Aber das ist ja eh alles egal, wenn man schon lang nix mehr hört und in der "Kuchl" schläft, mit den Füßen am Gang.
Kreisky - "Blick auf die Alpen"
Kreisky live:
- 22.11. The Bang Bang Club, Graz
- 25.11. Radiokulturhaus, Wien
Dass die Jungs von Kreisky einen ganz eigenen Blick auf die Dinge haben, dürfte sich schon herumgesprochen haben. Musikalisch haben sie mit ihrem letzten Werk "Blick auf die Alpen" ihr wütendes Rockuniversum um viele schöne Songs erweitert. Zum Beispiel mit "Pipelines" mit diesem markanten, herrlich eiernden Klang einer Orgel, den man nur mehr schwer aus dem Kopf bekommt. Aber auch der Titeltrack "Blick auf die Alpen" schleicht sich ins Ohr und mit jeder Minute hakt auch er sich fest mit seinen verrückt gespielten Harmonieschleifen.
Die Geschichte des Begleitfilms ist schnell erzählt: Ein junger Südtiroler Priester entsendet zwei seiner erfahrensten und besten Exorzisten, um dem weißen Teufel der Alpen den Garaus zu machen. Wir durchleben atemberaubende Kletterpartien, die zu einer nebeligen Teufelsaustreibung führen, bei der sich der siegessichere Priester nur schneutzend abwenden kann. Ob die zwei Entsandten ihre Mission wohl erfolgreich beenden können?
Marta - "It takes two to tango"
Duos sind noch immer in Mode. Es hat auch etwas ganz reizvolles, sich auf Rhythmus und wenige Harmonien zu konzentrieren. Paul Plut, Teil der großartigen Zwei-Mann-Band Viech, hat mit Marta ein weiteres Projekt am laufen, das vom ursprünglichen Schlagzeug-Gitarren-Duo zur Band angewachsen ist. Pauls Gesang rangiert irgendwo zwischen der österreichischen Version von Lemmy Kilmister und Tom Waits-iger samtiger Grölstimme. Eine eindringlich schöne Kombination, die uns auf ihrer aktuellen Single charmant zum Tanz auffordert.
Im Video zu "It takes two to tango" wird bewusst ein Kontapunkt zum Titel gesetzt. Ganz in Schwarz-Weiß gehalten werden wir stille Beobachter einer großartig exzessiven Tanzperformance in der Männerabteilung eines noblen Kleidergeschäfts. Schlaggenau mit dem Song geschnitten, macht "It takes two to tango" Lust, selbst mal wieder einen gepflegten Auszucker auf der Tanzfläche zu haben. Bei Marta braucht es dazu übrigens nur zwei Minuten und ein paar Sekunden, um sich vollständig verausgaben zu können. Und das ist auch eine Kunst.
The Beth Edges - "Lonesome Rider"
Häufig wurde den The Beth Edges zu Beginn ihrer Musikkarriere der Stempel der braven Jungs angeheftet. Klar, sie sehen nett aus und machen schönen Indie-Pop. Aber diese Reduzierung ist reichlich unfair, abgesehen davon, dass sie eigentlich schon länger nicht mehr in den Medien auftaucht. Und trotzdem verblüfft die Band mit einem blutigen Video zu ihrer Single "Lonesome Rider".
Die Story erinnert an die großen Hollywood-Inszenierungen von Roadmovies über Killerpärchen. Bilder von Gewalt und Sex lassen sich halt gut aufeinanderschneiden, um einen Effekt zu erzielen. Das spannende an "Lonesome Rider" ist jedoch die sich einschleichende Verfremdung, das verstörende Verschwimmen der Grenzen zwischen Lust und Auslöschung. Die poppig glamouröse Nummer verschafft diesem Video zusätzliche ein eindrucksvolles Großleinwand-Feeling.