Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "The daily Blumenau. Wednesday Edition, 19-11-14. "

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

19. 11. 2014 - 16:25

The daily Blumenau. Wednesday Edition, 19-11-14.

Plötzlich aus dem Nichts auftauchende Musikstücke; wie das kommt und wohin es führt. Heute: Blümchen Blau "Wie die Tiere". Und was der Komet damit zu tun hat.

The daily blumenau hat Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst.
Und bietet Items aus diesen Themenfeldern.

#musikarchäologie #nöw

Es ist immer noch der 11.11. schuld. Und damit, dass ein Haushaltsmitglied seitdem gerne unvermittelt ein Lied singt, bzw die zentralen Worte (Laterne, mir, oben, Sterne, unten, wir, bimbambum) äh, schreit. Und sich fest darüber abpeckt.

Das hat einen alten Pop-Text aus meinen hinteren Erinnerungsregionen herausbefördert, der auch ein anderes Lieblingswort des Genannten forciert: Tiere.

Der Text geht so: "Ich bin vermutlich wie die Tiere. Darum steh ich so herum. Ich bin vermutlich wie die Sterne. Darum steh ich so herum. Und ich singe nur zu gerne meine Lieder. Meine Lieder."
Das Stück heißt "Wie die Tiere" und die Band dahinter ist Blümchen Blau.


Wie die Tiere - Blümchen Blau

Blümchen Blau war der bunteste Kringel in an Ausgefallenheiten und Umdieeckegedachten nicht gerade armen Postpunk-New Wave-neue österreichische Welle-Zeiten von 77 bis 83.

Blümchen Blau kamen aus der wild wuchernden Band-Szene der neuentstandenen DIY-Bands, die die kulturelle Eiszeit Wiens aufbrachen und die Stadt auftauten. Und sie (besser: Sänger/Texter Mundl) hatten auch noch einen ordentlichen Natur-Schuss; und waren sogar innerhalb der ab 1980 (siehe auch Falco) kokainverwehten Szene die ausfallenden Außenseiter.

Als ihnen recht schnell mit Flieger, einer futuresken Hans-Albers-Adaption ein echter Hit gelang (das Stück kann nichts für die bezugnehmenden Nostalgie-Achziger-Parties gleichen Namens), setzte ordentliches mediales Gezerre ein, an dem die Band dann (nachdem sie ein Album, eine Kollaboration mit dem damaligen Straßen-Kaiser Wiens, dem Waluliso und eine Anzahl weiterer dadaistisch-anarchischer Stücke hinterlassen hatten) zerbröselte. Da nützte auch die hier gezeigte Verweigerungshaltung nichts.

Was von Blümchen Blau blieb war die Zeile zur Zeit (Das schönste jetzt in Wien ist der Schnellzug nach Berlin), eine Weihnachts-Nummer für die Ewigkeit und die ewige Sehnsucht nach einer uneingelösten Hoffnung eines Zusatzmodells zur Falco-Monokultur.


Wir spielen - Blümchen Blau

Noch so ein Sandkisten-Schlager... Der Tiere-Text von Blümchen Blau kam mir übrigens auch deshalb recht schnell in den Sinn, weil die Band schon präsent war, weil ich vorige Woche schon andere Stücke von ihnen vor mich hingesummt habe. Und zwar weil da die Sache mit dem Kometen passiert ist, der von der Raumsonde Rosetta angeflogen wurde. Hier die letzten Infos dazu.

Die deutschen Satiremedien haben die vielen assoziatiefen Jokes rund um den aus Darmstadt gestarteten Himmelskörper in aller gebotenen Dezenz ausgeführt. Für Ostösterreicher ergab sich aber ein weiterer unfreiwilliger Gag; der liegt im Namen des Kometen, Tschuri.

Genauso, Tschuri, lautete nämlich auch der Künstlername von Ernst Hörmann, dem Schlagzeuger von Blümchen Blau. Tschuri hatte vorher bei der stilprägenden Punk-Band "Pöbel" (dort wo das stattbekannte "Viech" ins Mikro plärrte) getrommelt und seinen Namen mit punkattitüdenhafter Verachtung für alles und jeden (auch sich selber) ganz bewusst gewählt.

Tschuri und BB-Bassist Josef Fencs sind als Komponisten und Autoren aller Stücke angegeben, auch um sie zu finanziell halbwegs abzusichern - die anderen (der Freigänger Jakob Mundl, Museumsdirektor-Sohn Götz Schrage und der gutbeschäftigte Graphiker Wolfgang La) brauchten das nicht. Auch das war ein Stück Punk-Bewusstsein und bringt Tschuri bei jeder Abspielung eines Blümchen Blau-Songs wieder ins Gedächtnis.

So, jetzt fehlt nur noch die Auflösung.
Was Tschuri nämlich im Wienerischen bedeutet, wie das zum Punk-Kriegsnamen passt und wieso es im Zusammenhang mit der Rosetta-Aktion aufgepoppt ist.

Diesen Job übernimmt ein Experte, Georg Danzer, in einer Live-Version eines alten Sprechgesang-Klassikers, der Ballade vom Tschuri-Fetzen.


Die Ballade vom Tschurifetzen - Georg Danzer